Titan - 01
Und ‘n paar Rüben. Und vielleicht auch zwei, drei Tomaten. Für ‘ne gesunde Ernährung braucht man hin und wieder frisches Gemüse.«
Thads Augen wurden schmal. »Richtig«, sagte er. »Ich denk’, wir könnten uns schon einig werden. Was kannst du mir anbieten? Wir könnten vielleicht ab und zu ein Kaninchen brauchen.«
Lacy spuckte aus und traf einen Käfer. »Ich hab’ eigentlich nicht an die Art Handel gedacht, daß ich dir was geben müßt’.«
»Das ist dann kein Handel, wenn du uns nichts gibst.«
»Nein?« fragte Lacy. »Ist es das nicht?«
»So red schon, Mann. Sag, was du willst.«
Lacy streifte die Hüllenblätter wieder über den Maiskolben und steckte ihn in seinen Beutel. Er riß noch einen Kolben an.
»Laß das«, sagte Thad drohend.
»Ich hab’ da in der Stadt was gehört«, sagte Lacy und nahm sich insgesamt sechs Kolben. »Daß sie für Babys eine Prämie zahlen. Für illegale Babys.«
Er verstummte und blickte auf, um festzustellen, wie Thad reagierte. Thad brachte es fertig, unbeteiligt dreinzusehen.
»Ich hab mal eine Prämie für einen Wolf kassiert«, sagte Lacy. »War ein brauchbares Stück Geld. Ich hätt’ mir damals nie träumen lassen, natürlich, daß es mal eine Prämie für Kinder geben würde.«
Thad preßte seine Fäuste gegen die Schenkel, um nicht in Versuchung zu geraten, damit auf Lacys gemeines Gesicht einzudreschen.
»Tja, dann möcht’ ich mir jetzt die Rüben und Tomaten holen«, sagte Lacy.
Der Direktor des Amts für Bevölkerungsplanung erstattete einem Unterausschuß des Kongresses Bericht.
»In den städtischen Bezirken ist die Mitarbeit ausgezeichnet«, sagte er. »Auch auf dem Land sind gute Fortschritte zu verzeichnen, und der Prozentsatz an Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz entspricht in etwa dem erwarteten Wert. Es werden Schritte unternommen, um diesen Wert nach und nach zu verbessern.«
»Welche Art von Schritten?« erkundigte sich der Vorsitzende des Ausschusses. »Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, daß ein Kopfgeld für Kinder gezahlt wird, die nach der Übergangsfrist geboren wurden.«
»Das ist falsch«, sagte der Direktor. »Absolut unzutreffend. Es stimmt, daß eine Belohnung für Informationen ausgeschrieben wurde, die zur Auffindung von illegalen Kindern führen, aber das kann man keineswegs als Kopfgeld bezeichnen.«
»Für viele Leute«, sagte der Vorsitzende, »dürfte da nur ein sehr geringer Unterschied bestehen.«
»Wenn die Kinder… äh… aufgefunden sind«, fragte ein Kongreßmitglied, »was geschieht dann mit ihnen?«
Der Direktor nickte vielsagend in Richtung des Pressetisches. »Das ist eine Frage, die ich lieber unter Ausschluß der Öffentlichkeit beantworten würde.«
Thad begegnete dem Fremden das erste Mal, als er eines Morgens die Kuh auf die Weide führte.
Mathilda, die Kuh, war friedlich dahingeschlendert, mit dem Schwanz nach den Fliegen auf ihrem Rücken schlagend und im Takt mit ihrem Schritten wiederkäuend. Der Pfad führte durch einen Bestand junger Bäume, und an einem davon lehnte der Fremde, so daß sich das Stämmchen unter seinem Gewicht verbog. Er hatte einen Zweig im Mund und einen recht komischen, runden Hut auf dem Kopf.
Mathilde scheute, als sie ihn entdeckte, und muhte erschreckt.
»‘Morgen«, sagte der Fremde zu Thad.
»‘Morgen«, erwiderte Thad erstaunt, aber höflich.
Der Fremde war um einen Kopf kleiner als Thad, also nicht einmal einssechzig groß. Er trug steife, neue Denimhosen und ein brandneues Arbeitshemd, das noch die Zusammenlegfalten vom Geschäft aufwies.
Die hohen, derben Schuhe des Fremden waren zwar staubbedeckt, aber auch sichtlich neu.
Der runde Hut war das einzige Stück, das so aussah, als könnte er es schon mehr als ein paar Stunden getragen haben. Er war leuchtend grün, und Thad konnte nicht feststellen, ob er aus Stoff oder Leder oder sonst etwas gemacht war. Er konnte sogar aus Metall sein. Er paßte genau wie ein Helm auf den Kopf des Fremden und reichte ihm seitlich bis zu den Ohren und vorne fast bis zu den Augenbrauen herunter.
Nur hatte der Fremde gar keine Augenbrauen. Soweit Thad feststellen konnte, hatte er überhaupt kein Haar am Kopf.
Er war ziemlich blaß, so als ob er selten an die frische Luft käme, und mit seiner Nase stimmte irgendetwas nicht.
Aber Thad fand es ungehobelt, den Fremden anzustarren. So tätschelte er nur Mathilda die Flanke, um sie zu beruhigen, und sagte:
»Ich heiß’ Thad Coniker. Ich glaub’ nicht,
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