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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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91 Minuten verlassen hatte, und dann zum sechzehnten April, dem Tag, an dem er seine Zeitreise begonnen hatte. Auf dem Schirm erschien dieselbe Seite, die er erst diesen Morgen gesehen hatte: WIEN: TOPNOTIERUNG VON SYNTHETICS.
    Zitternd drehte er in seine Zukunft weiter: das Stock Exchange Journal vom 17. April 1975.
    Drei Zoll hohe Lettern verkündeten: WERTPAPIERSTURZ DURCH WELTWEITE KRISE: BANKEN SCHLIESSEN; KUNDEN STÜRMEN MAKLERBÜROS!
    Plötzlich war er ruhig – er kannte jetzt die Zukunft und war sicher vor ihren Schlägen. Er stand vom Lesegerät auf und marschierte zielbewußt durch die Marmorhalle hinaus. Jetzt war alles in Ordnung. Sechsundzwanzig Minuten reichten, um zur Zeitmaschine zurückzukommen. Er würde mehrere Stunden Vorsprung vor der Katastrophe haben; seine eigenen Gelder konnte er bequem in Sicherheit bringen, und wahrscheinlich würde es auch möglich sein, seine persönlichen Kunden zu retten.
    Er bekam wunderbarerweise sofort ein Taxi und gelangte ohne weitere Verzögerung zu der alten Lagerhalle. Seine Uhr zeigte 11 Uhr 50, als er das verstaubte, muffige Labor betrat und die Tür der Telefonzelle hinter sich schloß.
    Um 11 Uhr 54 bemerkte er eine abrupte Veränderung des Sonnenlichts, das durch die schmutzigen Fenster fiel, worauf er ruhig die Zeitmaschine verließ. Es war wieder der 16. April 1975. Loring war neben einer Gaskochplatte eingenickt, auf der Kaffee siedete. W.
    J. Born drehte das Gas ab und verschwand leise über die Stiegen. Loring war ein verrückter, unverschämter und labiler junger Mann, aber durch sein Genie hatte er es W. J. Born ermöglicht, der Zukunft eine goldene Ernte abzuringen.
    In sein Büro zurückgekehrt, rief er seinen Makler und sagte unmißverständlich: »Cronin, hören Sie genau zu. Ich möchte, daß Sie jede Aktie und jeden Pfandbrief aus meinem persönlichen Depot augenblicklich an der Börse verkaufen und nur bestätigte Schecks in Zahlung nehmen.«
    Cronin fragte offen heraus: »Chef, sind Sie wahnsinnig?« »Nein. Zögern Sie nicht einen Augenblick, und halten Sie mich auf dem laufenden. Bringen Sie Ihre Boten auf Trab. Und lassen Sie alles andere liegen und stehen.« Born ließ sich einen leichten Imbiß heraufschicken und lehnte es ab, irgend jemanden zu empfangen und Anrufe außer von seinem Makler entgegenzunehmen. Cronin berichtete fortlaufend, daß das Abstoßen der Papiere in vollem Gange sei, daß Mr. Born wahnsinnig sein müsse, daß die ungewöhnliche Forderung bestätigter Schecks Unruhe hervorrufe, und schließlich, gegen Börsenschluß, daß alles nach Mr. Borns Wünschen verlaufen sei. Born befahl ihm, die Schecks sofort überbringen zu lassen.
    Sie langten binnen einer Stunde ein, ausgestellt auf ein Dutzend New Yorker Banken. W. J. Born ließ ein Dutzend erfahrener Boten kommen und teilte die Schecks aus, eine Bank pro Bote. Er ordnete an, die Summen bar abzuheben, Schließfächer der nötigen Größe in jenen Banken zu mieten, wo er noch keine hatte, und dort das Bargeld zu deponieren.
    Dann rief er die Banken an, um diese seltsame Order mündlich zu bestätigen. Er kannte zumindest einen Vizepräsidenten je Bank persönlich, was die Angelegenheit erheblich vereinfachte.
    W. J. Born lehnte sich aufatmend zurück – ein glücklicher Mann. Jetzt mochte der Zusammenbruch ruhig kommen. Zum erstenmal an diesem Tag blickte er auf seine Anzeigentafel. Die Schlußnotierungen von New York waren bedenklich gerutscht. In Chicago sah es schlimmer aus. In San Francisco setzte der Sturz eben ein – die aufleuchtenden Zahlen an der Tafel zeigten den beginnenden Abfall des Index. Fünf Minuten später sausten die Kurse in den Abgrund. Das Börsenschlußsignal stoppte den Sturz kurz vor der Katastrophe.
    W. J. Born ging essen, nachdem er seine Frau angerufen und ihr gesagt hatte, er würde heute nicht nach Hause kommen. Danach kehrte er in sein Büro zurück und beobachtete in einem der Vorräume die Anzeigetafel, auf der während der Nachtstunden die Werte von Tokio hereinkamen. Er gratulierte sich zu seiner Voraussicht, als auch hier die Zahlen von Panik und Ruin kündeten. Die Dominosteine kippten, einer nach dem andren.
    Er übernachtete in seinem Club, wachte früh auf und aß allein in dem nahezu menschenleeren Frühstücksraum. Der Kursfernschreiber im Foyer klapperte guten Morgen, während Born gegen die Kühle des Aprilmorgens seine Handschuhe überstreifte. Er blieb kurz stehen. Der Fernschreiber begann von der Katastrophe an den
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