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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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meine Einstellung zu Ihrer Zeit war eigentlich der Grund dafür, warum ich Geschichte studierte. Ich meine, ich konnte mich richtig in die Geschichte hineindenken, zumindest in manche Abschnitte. Und als ich dann an meinem Geburtstag Ihren Brief bekam, entschloß ich mich endgültig, das mittlere zwanzigste Jahrhundert als Spezialperiode für meine Dissertation zu wählen und natürlich auch nach der Graduierung meine Arbeit darüber fortzusetzen.«
    »Äh… und mein Brief war der Anstoß dazu?«
    »Nun ja, ich hatte ja keine andere Möglichkeit, nicht? Ich meine, es gab keinen anderen Weg, an die Geschichtsmaschine heranzukommen, wenn ich nicht in einem Geschichtelabor arbeiten konnte, verstehen Sie? Und ich bezweifle, daß ich selbst dann die Maschine hätte benützen können, wenn es sich nicht um Onkel Donalds Labor gehandelt hätte.«
    »Geschichtsmaschine«, sagte ich, nach einem Strohhalm in dem Wirrwarr greifend. »Was ist eine Geschichtsmaschine?«
    Sie blickte verdutzt drein.
    »Nun – eben eine Geschichtsmaschine. Man lernt Geschichte damit.« »Nicht sehr einleuchtend«, sagte ich. »Sie könnten mir ebensogut erklären, daß man damit Geschichte macht.«
    »Oh nein. Das darf man nicht. Das ist ein schweres Vergehen.«
    »Oh«, sagte ich. Dann versuchte ich es nochmals: »Was diesen Brief betrifft…«
    »Nun, ich mußte davon sprechen, um Ihnen das mit der Geschichte begreiflich zu machen, aber Sie haben ihn natürlich noch nicht geschrieben, deshalb wird Ihnen das alles recht verwirrend vorkommen, fürchte ich.«
    »Verwirrend«, gestand ich ihr, »ist noch untertrieben. Können wir uns nicht mit etwas Konkretem befassen? Zum Beispiel mit diesem Brief, den ich da geschrieben haben soll oder schreiben werde. Was steht darin?«
    Sie schaute mich prüfend an, blickte dann weg. Ich war völlig verblüfft, als sie bis in die Haarwurzeln errötete. Sie zwang sich, mich wieder anzusehen. Ich sah, wie ihre Augen feucht zu schimmern begannen, wie sich ihr Gesicht verzog. Plötzlich vergrub sie es in den Händen.
    »Oh, du liebst mich nicht«, jammerte sie. »Ich wollte, ich wäre nie gekommen. Ich wollte, ich wäre tot!«
    »Sie hat… irgendwie die Nase gerümpft, als sie mich sah«, stellte Tavia fest.
    »Na, jetzt ist sie weg und mit ihr mein guter Ruf«, sagte ich. »Ein exzellenter Putzdrachen, diese Mrs. Toombs, aber sie hat eben altmodische Ansichten. Vermutlich wird sie mir kündigen.«
    »Weil ich hier bin? Das ist doch Unsinn!«
    »Vielleicht herrschen bei euch andere Sitten.«
    »Aber wohin sollte ich denn gehen? Ich habe nur ein paar Shilling von eurem Geld, und ich kenne niemanden.«
    »Das kann Mrs. Toombs ja nicht wissen.«
    »Aber wir haben nicht, ich meine, wir waren nicht…«
    »Die Tatsache, daß es abends war«, informierte ich sie, »und daß wir zu zweit waren, hat völlig ausgereicht. Wenn zwei Personen verschiedenen Geschlechts allein sind, treibt die Fantasie der Leute Blüten.«
    »Ach natürlich, jetzt erinnere ich mich – damals, ich meine, jetzt, gibt es ja keine Probepartnerschaften. Ihr habt so ein… ein starres Alles‐oder‐nichts‐System, bei dem man – wie sagt ihr? – die Katze im Sack kauft.«
    »Man könnte es wohl etwas weniger kraß beschreiben, aber… nun, zumindest nach außen hin ist es so, denke ich.«
    »Ziemlich primitiv, diese alten Sitten, wenn man sie so aus eigener Anschauung kennenlernt – aber faszinierend«, bemerkte sie. Einen Moment lang ruhte ihr Blick nachdenklich auf mir. »Du…«, begann sie.
    »Du, meine sehr weitläufige Verwandte«, erinnerte ich sie, »hast versprochen, mir eine etwas verständlichere Erklärung für das alles zu liefern, als du gestern zustande gebracht hast.«
    »Du hast mir nicht geglaubt.«
    »Im ersten Augenblick blieb mir schon die Luft weg«, gab ich zu, »aber seitdem hast du mich überzeugt. Kein Mensch könnte so lange Theater spielen, ohne aus der Rolle zu fallen.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Es ist nicht sehr nett, so was zu sagen. Ich habe das Mittlere Zwanzigste sehr genau studiert. Es war meine Spezialperiode.«
    »Das hast du mir schon erklärt, aber was habe ich davon? Alle Historiker spezialisieren sich auf eine bestimmte Periode, aber das heißt noch lange nicht, daß sie plötzlich darin auftauchen.«
    Sie starrte mich an. »Aber natürlich tun sie das – die konzessionierten Historiker jedenfalls. Wie sonst sollten sie ihre Forschungen durchführen?«
    »Ich bekomme langsam genug von all diesen

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