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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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blickte über meine Schulter zu dem Mädchen.
    »Tavia«, befahl er, »kommen Sie.«
    Sie sprach hastig weiter ins Telefon. Der Mann trat einen Schritt vor.
    »Augenblick!« sagte ich. »Erst möchte ich erfahren, was hier vorgeht.«
    Er schaute mich steinern an.
    »Das würden Sie nicht verstehen«, sagte er und hob den Arm, um mich aus dem Weg zu schieben.
    Ich habe noch nie viel für Leute übrig gehabt, die mir sagen, ich würde etwas nicht verstehen, und noch viel weniger für Leute, die mich an meiner eigenen Tür beiseiteschieben wollen. Ich versetzte ihm einen harten Stoß in den Magen, und als er sich zusammenkrümmte, schubste ich ihn hinaus und schloß die Tür.
    »Sie kommen«, erklärte die Stimme des Mädchens hinter mir. »Die Polizisten sind unterwegs.«
    »Möchten Sie mir vielleicht erklären…«, begann ich. Da zeigte sie aufgeregt hinter mich.
    »Achtung! – Da, am Fenster«, rief sie.
    Ich wandte mich um. Draußen stand ein zweiter Mann, ähnlich gekleidet wie der erste, der noch vor der Tür hörbar nach Luft schnappte. Er schien unschlüssig zu sein.
    Ich nahm meine Schrotflinte von der Wand, holte mir Patronen aus der Lade und lud sie. Dann stellte ich mich gegenüber der Tür auf.
    »Öffnen Sie, aber bleiben Sie hinter der Tür«, wies ich sie an.
    Sie gehorchte mit besorgter Miene.
    Draußen beugte sich der zweite Mann eben stirnrunzelnd über den ersten, der keuchend auf der Schwelle hockte. Ein dritter kam den Weg herauf. Dann entdeckten sie meine Waffe, und es gab ein kurzes Tableau.
    »Sie da«, sagte ich. »Sie können entweder augenblicklich verschwinden oder bleiben und es mit der Polizei ausmachen. Nun?«
    »Aber Sie verstehen nicht, das ist schrecklich wichtig…«, beschwor mich einer.
    »Schön. Dann bleiben Sie ruhig da und erklären der Polizei, wie wichtig es ist«, sagte ich und bedeutete dem Mädchen mit einer Kopfbewegung, die Tür wieder zuzumachen.
    Durchs Fenster sahen wir zu, wie sie zu zweit dem Lädierten auf die Beine halfen und sich verzogen.
    Die Gendarmen waren, als sie endlich kamen, nicht gerade sehr freundlich. Sie notierten die Beschreibung der drei Männer etwas widerwillig und verabschiedeten sich kühl. Jetzt blieb es mir überlassen, mit dem Mädchen fertig zu werden und Licht in die Sache zu bringen.
    Sie hatte der Polizei so wenig wie möglich erzählt – lediglich, daß sie von drei seltsam gekleideten Männern verfolgt worden sei und sich an mich um Hilfe gewandt hätte. Die Gendarmen hatten angeboten, sie mit dem Polizeiwagen nach Plyton mitzunehmen, aber sie hatte abgelehnt.
    »Nun also, möchten Sie mir vielleicht jetzt erklären, was hier gespielt wird?« schlug ich vor.
    Sie saß reglos vor mir und musterte mich ruhig, aber in ihrem Blick lag eine Spur von – Traurigkeit? – Enttäuschung? – nun, jedenfalls von einer Art Unzufriedenheit. Einen Augenblick lang fürchtete ich, sie würde anfangen zu weinen, aber sie sagte nur leise:
    »Ich bekam deinen – Ihren Brief, und jetzt hab’ ich alle Brücken hinter mir abgebrochen.«
    Ich setzte mich ihr gegenüber hin, tastete verdattert nach meinen Zigaretten und zündete mir eine an.
    »Sie… äh… hatten meinen Brief, und jetzt haben Sie… äh… alle Brücken hinter sich abgebrochen?« wiederholte ich blöde.
    »Ja«, sagte sie. Ihr Blick löste sich von meinem Gesicht und streifte irgendwie benommen durch den Raum.
    »Und jetzt kennen Sie mich nicht einmal«, sagte sie.
    Darauf kamen nun doch die Tränen, eine ganze Sturzflut.
    Ich saß gut eine halbe Minute hilflos da. Dann beschloß ich, in die Küche zu gehen und Teewasser aufzustellen, während sie sich ausweinte. Alle meine weiblichen Verwandten scheinen Tee als eine Art Allheilmittel zu betrachten. Als ich wieder hineinging, brachte ich Teekanne und Tassen mit.
    Sie hatte sich inzwischen etwas gefaßt und starrte versonnen auf den offenen Kamin. Ich zündete das Reisig unter den Scheitern an. Sie sah zu, wie das Holz zu brennen anfing, und ihr Gesichtsausduck war wie der eines Kindes, das eben ein Geschenk erhalten hat.
    »Wie hübsch«, sagte sie, so als wäre ein Kaminfeuer etwas völlig Neues für sie. Sie sah sich wieder in dem Zimmer um. »Sehr hübsch«, wiederholte sie.
    »Möchten Sie einschenken?« fragte ich, aber sie schüttelte den Kopf und sah mir dabei zu.
    »Tee«, sagte sie. »An einem offenen Kamin!«
    Die Tatsache war zutreffend, aber wohl kaum bemerkenswert. »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir uns

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