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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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genug in Ihrem Haus arbeitet, so daß er eine Menge über Jimmy weiß. Das vereinfacht die Substitution und macht es unwahrscheinlicher, daß er aus der Rolle fällt. Jetzt liegt es nur mehr an Ihnen. Glauben Sie immer noch, Sie können ihn wie den richtigen Jimmy behandeln?«
    »Ich denke schon«, sagte Henry.
    »Sehen Sie dazu. Es war schließlich Ihre Idee. Wir haben bereits früher einen therapeutischen Ersatz in Betracht gezogen, aber die Folgen sind zu unberechenbar. Wenn Maryl draufkommt… nun, es ist zu befürchten, daß sie dann wirklich den Verstand verliert. Aber wenn es funktioniert, dann haben Sie damit etwas ins Rollen gebracht, das der Menschheit viel Elend ersparen kann.« Der Therapeut griff nach seinem Druckschreiber und verabschiedete Henry mit einem Nicken. »Verständigen Sie mich bitte sofort, wenn etwas schiefgeht. Alles Gute!«
    Jimmy wartete draußen, und sie wanderten gemeinsam die Heli‐Rampe hinauf. Der Junge war zuerst etwas schweigsam, wie es nach irgendeinem ungewohnten Erlebnis nur natürlich war. Dann begann er, zusehends munterer, von seiner Großmutter zu erzählen, und Henry stellte fest, daß er automatisch die richtigen Antworten gab. Es würde vielleicht doch nicht so schwierig werden – wenn Maryl die Substitution nicht bemerkte. Er musterte den Jungen. Äußerlich war er ein perfektes Ebenbild. Nein, nicht ganz. Er wirkte etwas jünger als Jimmy und trug sein Haar länger. Aber vielleicht hatte das Broderick veranlaßt, in der Überlegung, daß dies eher Maryls Vorstellung von ihrem Sohn entsprach.
    Unterwegs machten sie Halt, um den blauen Samtanzug zu besorgen. Sie mußten in sechs Kaufhäusern nachfragen, bevor sie eins fanden, das die richtige Stoffart produzieren konnte, aber sie hatten mehr als genug Zeit, da er mit dem Jungen ja angeblich eine längere Fahrtstrecke zurückzulegen hatte. Als er das Faksimile seines Sohnes die Eingangsstufen hinaufführte, blieb ihm sogar noch genug Zeit, um pünktlich ins Büro zu kommen.
    Maryl kam ihnen entgegengerannt, und der Junge flog in ihre Arme. Auf dem Eßzimmertisch waren allerhand Willkommensgeschenke aufgebaut, stellte Henry fest – und Maryl rief Zenia zu, den Rest hereinzubringen. Ihr Gesicht glühte, und sie hatte für ihren Mann kaum einen Blick übrig.
    Er begann sich ungemütlich zu fühlen, als der Junge wieder von seinem Großvater zu plaudern begann. Endlich blickte Maryl auf und bemerkte erst jetzt ihren Mann. »Jimmy ist wieder daheim!« sagte sie. »Ist das nicht herrlich? Aber du wirst zu spät zur Arbeit kommen, Henry.« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange und eilte ins Zimmer zurück, wo Jimmy die Geschenke auszupacken begann.
    Henry stieg wieder in sein Heli, besorgt die Stirn runzelnd. Dem Roboter würde es natürlich nicht schaden, aber… Vielleicht hatte Broderick recht. Vielleicht sollte er den Jungen doch in einer Schule einschreiben lassen; das würde vernünftigere Verhältnisse schaffen, wenn der richtige Jimmy wieder nach Hause kam. Natürlich müßte er dann für Jimmy einen Hauslehrer einstellen, bis er wieder gesund war. Henry beschloß, zunächst einmal abzuwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
    Als er vom Büro heimkam, hatte sich die Lage bereits annähernd normalisiert. Er brachte aus Zenia einen Teil der Tagesereignisse heraus, bevor Maryl in die Küche kam. Sie neckte ihn fast wie früher, daß er ein Verhältnis mit dem Dienstmädchen habe, blieb aber nur eine Minute lang und eilte dann wieder hinauf ins Kinderzimmer. In dieser Phase war das jedoch verständlich, und es würde auch nichts schaden, da der Roboter wahrscheinlich Schlaf vortäuschte.
    Seltsamerweise schien Maryl in den folgenden Tagen immer glücklicher zu werden. Sie begann auch wieder, in den Garten zu gehen, laut Zenia, um mit Jimmy zu spielen. Sie erlaubte dem Jungen sogar, die Schaukel allein zu benutzen und sich im Sandkasten nach Herzenslust schmutzig zu machen. Henry versuchte sich einzureden, daß der Schock darüber, daß sie keine Kinder mehr bekommen konnte, nun endlich abklang.
    Einmal nahm er sich einen Tag frei, um den richtigen Jimmy zu besuchen, doch um den brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Die Beine heilten gut, und der Junge freute sich, ihn zu sehen. Er rief Maryl an und blieb unter dem alten Vorwand einer Geschäftsreise über Nacht. Verdammt, Jimmy war ein Prachtjunge, wie sogar Broderick zugeben mußte, und ein Mann durfte sich ja wohl um seinen eigenen Sohn kümmern.
    Maryl

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