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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Überraschung war genau das, was sie brauchte. Sie erwartete Jimmy erst in zwei Tagen zurück, aber der Junge war bereits wieder auf dem Damm. Und Freude hatte noch nie jemandem geschadet. Er traf noch ein paar Anordnungen, stieg in seinen Heli und flog los, um Jimmy abzuholen. Er grinste, als er sich das Gesicht vorstellte, das Maryl machen würde, wenn er abends mit dem Jungen heimkam.
    Es ging alles nach Plan – zumindest bis zur Tür. Er hatte den Jungen auf den Roboterersatz vorbereitet und daß es eine Überraschung für seine Mutter werden sollte. Auch dabei hatte es keine Probleme gegeben. Jimmy fand großen Spaß an seinem Roboterzwilling und grinste ihm entgegen, als er mit Maryl die Treppe herunterkam.
    Sie blieb unvermittelt stehen. Ihr Blick zuckte von dem einen Jungen zum anderen. Sie zögerte noch einen Moment. Dann fuhr sie herum, nahm den Roboter hastig in die Arme und rannte mit ihm die Stiege hinauf, flüsterte ihm schnell etwas zu.
    »Das ist schon in Ordnung, Maryl«, begann Henry. »Jimmy weiß…«
    »Jimmy weiß gar nichts. Er ist viel zu jung für so etwas – zu unschuldig!« Hoch aufgerichtet und mit zusammengepreßten Lippen kam sie wieder herunter, fegte an Henry vorbei und zu ihrem Sohn.
    Ihre Hand fuhr hoch und zuckte vor. Der Schlag traf den Jungen hinter dem Ohr, so daß er zurücktaumelte. »Du!« Ihre Stimme erhob sich zu einem Wutschrei. »Du… du hast hier nichts zu suchen! Scher dich fort. Scher dich fort, hörst du! Du gemeines kleines Ungeheuer! Glaubst du, ich weiß nicht, was du vorhast? Glaubst du, du kannst hier hereinkommen und meinen kleinen Jimmy von seinem Platz verdrängen?«
    Sie hob wieder den Arm, aber irgendwie gelang es Henry, zwischen sie und den verdatterten Jungen zu treten. »Maryl – das ist Jimmy. Schau, wie er gewachsen ist! Gut um eine Daumenbreite. Und Mutter hat ihm ein bißchen Lesen beigebracht! Warte, er wird es dir zeigen!«
    Sie rannte auf die andere Seite der Diele und schrie nach Zenia. »Wirf sie hinaus! Zenia, wirf sie hinaus! Das dürfen sie mir nicht antun!«
    Henry stand wie angewurzelt auf der Schwelle, als die Robotdienerin auf ihn zukam – sie war programmiert, in erster Linie Maryl zu gehorchen. Er warf einen fassungslosen Blick auf seine Frau und dann einen auf das entsetzte Gesicht des richtigen Jimmy. Sein Elend verblaßte neben dem Unglück, das aus der Miene des Jungen sprach.
    »Ist schon gut, Jim«, sagte er leise. »Ist schon gut. Deine Mutter ist krank – ich wollte es dir nicht sagen, weil ich dachte, es ginge ihr schon besser. Wir werden jetzt Dr. Broderick holen, dann wird alles wieder gut werden.«
    Er zog sich zurück, führte den Jungen an der Hand mit sich. »Sie fantasiert, Jim – du weißt, was das heißt –, so wie damals, bei deinem Freund Phil, als er Fieber hatte. Aber sie wird wieder gesund werden. Komm, du darfst das Heli fliegen, und wir werden Dr. Broderick anrufen.«
    Diesmal enthielt sich Broderick jeder Bemerkung. Der Visifonschirm zeigte seine zusammengekniffenen Augen, als er rasch nickte. »Lassen Sie den Jungen im Heli, Henry«, befahl er. »Und lassen Sie um Himmels willen nicht den Schlüssel stecken. Ich treff’ Sie vor Ihrem Haus.«
    Bis Broderick auftauchte, hatte die Reaktion voll eingesetzt. Henry war sich kaum mehr bewußt, was um ihn herum vorging, als Zenia sie ins Haus ließ. Broderick eilte die Stiegen hinauf zum Kinderzimmer, nachdem er Henry mit einem Wink angewiesen hatte, unten zu warten. Henry setzte sich benommen auf die Kante eines Stuhls und nahm den Drink an, den Zenia ihm brachte. Als die Tür zum Kinderzimmer aufging, hörte er kurz ein Schluchzen; dann wurde sie geschlossen, und Stille füllte das Haus.
    Henry hatte bereits den dritten Drink geschafft, als Broderick zurückkam, mit bleichem, bedrücktem Gesicht. Henry sprang auf. »Was ist…?«
    »Das schlimmste, was passieren konnte – oder das beste. Ich weiß nicht. Ich hätte Sie in einen Zookäfig zu den anderen Affen stecken lassen sollen, Henry. Verdammt, ich hab’ Ihnen gesagt, Sie sollten mich sofort verständigen, wenn etwas Ungewöhnliches passiert. Oh, zum Teufel, ich weiß, daß es im Grunde meine Schuld ist. Ich hätte es besser wissen müssen und nicht einem Mann trauen dürfen, der eine neurotische Frau heiratet und sich weder raten noch helfen läßt. Gehen Sie rauf, aber sagen Sie nichts. Schauen Sie nur zur Tür herein, und kommen Sie wieder zurück.«
    Henry schlich sich leise die Treppe hinauf. Von

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