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Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Traum verwendet werden muß. Ehrgeiz ist nur eine Leiter zum Erreichen dieses Traums. Tüchtigkeit ist nur ein Werkzeug, das diesem Traum Gestalt verleiht.«
    Die Herren der Wall Street applaudierten. General Carpenter verlangte hundertfünfzig Milliarden Dollar, fünfzehnhundert ehrenamtliche Mitstreiter, dreitausend tüchtige Fachleute für Mineralogie, Geologie, Petrochemie, Massenproduktion, chemische Kriegführung und Nahrungsmittelproduktion. Sie wurden zur Verfügung gestellt. Das Land lief auf Hochtouren. General Carpenter brauchte bloß einen Knopf zu drücken, und ein Experte wurde geliefert.
    Im März des Jahres 2112 erreichte der Krieg seinen Höhepunkt, und der Amerikanische Traum wurde entschieden, nicht an einer der sieben Fronten, wo Millionen Männer in erbittertem Kampf standen, nicht in einem der Hauptquartiere des Generalstabs oder einer der Hauptstädte der beteiligten Nationen, nicht in den unterirdischen Produktionszentren, die Waffen und Versorgungsgüter ausspuckten, sondern in der Abteilung T des einhundert Meter unter dem Schutt der Stadt St. Albans im Staate New York vergrabenen US‐Militärkrankenhauses.
    Die Abteilung T galt in St. Albans als eine Art Geheimnis. Wie jedes Lazarett oder Militärkrankenhaus, war auch St. Albans so organisiert, daß bestimmte Abteilungen bestimmten Arten von Verletzungen vorbehalten waren. Alle Armamputierten lagen in einer Abteilung, alle Beinamputierten in einer anderen. Strahlungsverbrennungen, Kopfverletzungen, Bauchverletzungen, sekundäre Gammavergiftungen und so weiter hatten ihren bestimmten Platz in der Krankenhausorganisation. Es gab neunzehn klassifizierte Gruppen von Kriegsverletzungen, die alle denkbaren Gehirn‐und Gewebeschäden mit einschlossen. Für diese Gruppen gab es die Abteilungen A‐S.
    Aber was war in Abteilung T?
    Niemand wußte es. Die Türen waren verschlossen und doppelt gesichert. Besucher hatten keinen Zutritt. Patienten durften die Abteilung nicht verlassen. Man sah Ärzte kommen und gehen, und ihre hilflosen und verblüfften Mienen waren Anlaß zu wilden Spekulationen, verrieten jedoch nichts. Die Krankenschwestern, die der Abteilung T zugeordnet waren, wurden eifrig befragt, doch auch sie waren verschlossen.
    Dann und wann sickerten Bruchstücke von Informationen durch, die unbefriedigend und oft widersprüchlich waren. Eine Putzfrau behauptete, daß sie in der Abteilung saubergemacht und niemanden angetroffen habe. Keine Seele. Sie habe nur zwei Dutzend leere Betten gesehen, und sonst nichts. Hatten die Betten ausgesehen, als hätte jemand darin geschlafen? Ja, in einigen war das Bettzeug zerwühlt. Gab es Anzeichen dafür, daß die Abteilung in Betrieb war? O ja, auf den Tischen lagen persönliche Habseligkeiten und so weiter. Aber alles sah irgendwie staubig aus, als ob es seit langem nicht mehr gebraucht worden sei.
    Die öffentliche Meinung kam zu dem Schluß, daß es eine Geisterstation sei. Nur für Gespenster.
    Aber eine Nachtschwester, die an der verschlossenen Abteilung vorbeiging, hörte Singen aus dem Innern. Was für ein Gesang? Es klang nach einer fremden Sprache. Welcher Fremdsprache? Die Nachtschwester konnte es nicht sagen.
    Gerüchte kamen auf, die wissen wollten, daß es eine Krankenstation für ausländische Spione sei.
    Findige Leute versicherten sich der Hilfe des Küchenpersonals und überprüften die Essensportionen. Dreimal täglich wurden vierundzwanzig Portionen in die Abteilung T gebracht. Vierundzwanzig kamen wieder heraus. Gelegentlich waren die unterteilten Teller geleert, doch meistens blieben die Mahlzeiten unberührt.
    Nun erzählte man sich, daß Abteilung T ein Schwindel sei. Es handle sich in Wirklichkeit um eine Tarnadresse für Stabsoffiziere und andere Drückeberger, die pro forma Krankenhausbetten belegten, um dem Fronteinsatz zu entgehen.
    Was Gerüchte und Klatschgeschichten angeht, so kann ein Krankenhaus es leicht mit den diversen Kaffeekränzchen einer Kleinstadt aufnehmen, und kranke Menschen lassen sich von Trivialitäten leicht zu leidenschaftlichen Reaktionen verleiten. Innerhalb von drei Monaten verwandelte sich die müßige Spekulation in unverhohlenen Zorn.
    Im Januar des Jahres 2112 war das Militärkrankenhaus St. Albans eine gesunde, gut geführte Institution. Im März desselben Jahres befand es sich in gärender Unruhe, und die Nachricht davon fand ihren Weg in offizielle Berichte. Der Prozentsatz der Genesungen sank, und die Zahl der Simulanten mehrte sich.

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