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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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im Distrikt A 3 erwartet«, sagte Mrs. Hanshaw heftig, »und nicht wie ein Afrikaner oder… oder einer unserer Vorfahren.«
    »Eben das macht wohl einen Teil seines Unbehagens aus, Mrs. Hanshaw. Er empfindet den Drang, sich nach draußen zu begeben, und zugleich empfindet er ihn als falsch. Er schämt sich davor, mit Ihnen oder mit seiner Lehrerin darüber zu reden. Die Lage drängt ihn in eine trotzige Zurückgezogenheit, die letztendlich gefährlich sein könnte.«
    »Wie kann man ihn dann dazu bringen, damit aufzuhören?«
    »Indem Sie es gar nicht versuchen«, antwortete Dr. Sloane. »Vielmehr muß man sein Treiben kanalisieren. An jenem Tag, als Ihre T‐Tür defekt wurde, mußte er zwangsweise hinaus, und bei dieser Gelegenheit stellte er fest, daß es ihm draußen gefällt, und daraufhin entwickelte sich das Ausgehen zur Gewohnheit. Er hat den Weg zur Schule und zurück als Anlaß benutzt, um jene erste erregende Erfahrung zu wiederholen. Nur) nehmen wir einmal an, Sie erlauben ihm, das Haus am Samstag und am Sonntag für jeweils zwei Stunden zu verlassen. Nehmen wir an, es geht ihm in den Kopf, daß er schließlich nach draußen kann, ohne zugleich irgendwohin den Weg antreten zu müssen. Glauben Sie nicht auch, daß er dann bereitwillig die Tür benutzen wird, um zur Schule und wieder nach Hause zu gelangen? Und glauben Sie nicht, daß damit die Schwierigkeiten mit seinen Lehrern und Mitschülern, die gegenwärtig bestehen, aufhören werden?«
    »Aber dann wird alles unverändert bleiben? Muß das sein? Wird er denn nie wieder normal sein?«
    Dr. Sloane erhob sich. »Mrs. Hanshaw, er ist so normal wie es zur Zeit von ihm zu erwarten ist. Gegenwärtig kostet er die Freude des Verbotenen aus. Stehen Sie ihm dabei zur Seite. Zeigen Sie ihm, daß Sie es nicht verurteilen, wird sein Tun bereits vieles von seinem Reiz verlieren. Später, wenn er aufwächst, wird er sich immer mehr dessen bewußt werden, welche Erwartungen und Erfordernisse die Gesellschaft an ihn stellt. Er wird es lernen, sich anzupassen. Schließlich steckt in uns allen ein bißchen vom Rebellen, aber gewöhnlich, sobald wir alt und müde werden, geht das vorüber. Es sei denn, diese Regung erfährt eine unvernünftige Repression, so daß sie Widerstände aufbauen kann. Tun Sie das nicht. Dann wird Richards künftige Entwicklung normal verlaufen.« Er strebte zur T‐Tür.
    »Und Sie glauben, Doktor«, erkundigte sich Mrs. Hanshaw, »daß eine Psychosondierung sich erübrigt?«
    Er drehte sich um. »Ja, auf jeden Fall«, erwiderte er nachdrücklich. »Nichts am Zustand des Jungen läßt sie ratsam erscheinen. Verstehen Sie mich? Überhaupt nichts.«
    Seine Finger verharrten einen Zentimeter über der Tastenleiste der T‐Tür, und seine Miene verdunkelte sich. »Was ist los, Dr. Sloane?« fragte Mrs. Hanshaw.
    Aber er hörte sie nicht, denn seine Gedanken beschäftigten sich mit den T‐Türen und den Psychosonden sowie dem erstickenden Überhandnehmen der Maschinerie. In jedem steckt ein bißchen vom Rebellen, dachte er.
    »Wissen Sie«, sagte er, während seine Hand von der Tastenleiste herabsank und seine Füße sich von der T‐Tür abkehrten, »heute ist ein so herrlicher Tag, ich glaube, ich gehe lieber zu Fuß.«
     
    Aus dem Amerikanischen übertragen von Horst Pukallus

Tyrell der Erlöser
    (A CROSS OF CENTURIES)
     
HENRY KUTTNER
     
     
    Sie nannten ihn den Gesalbten. Aber er war nicht jener Mann, der vor fünftausend Jahren den langen Leidensweg nach Golgatha beschriften hatte. Sie nannten ihn Buddha und Mohammed; sie nannten ihn das Lamm und den Gesegneten Gottes. Sie nannten ihn den Prinzen des Friedens und den Unsterblichen.
    Sein Name lautete Tyrell.
    Nun hatte er einen anderen Weg zurückgelegt, den steilen Pfad, der zum Bergkloster führte, und für einen Moment verharrte er und blinzelte in den hellen Sonnenschein. Seine weiße Robe war rituell schwarz befleckt. Das Mädchen an seiner Seite berührte seinen Arm und drängte ihn behutsam vorwärts. Er trat in den Schatten des Torwegs.
    Dann zögerte er und blickte zurück. Der Pfad führte weiter hinauf zu einer ebenen Bergweide, worauf das Kloster stand, und die Weide war blendend grün vom jungen Frühling. Schwach, weit entfernt, empfand er eine schmerzliche Trauer angesichts der Vorstellung, all diesen Glanz aufzugeben, doch er spürte, daß die Dinge alsbald besser stehen würden. Und die Pracht war weit fort. Sie war nicht länger ganz wirklich. Wieder berührte das
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