Titan 05
Hut lüftet und eine Karte hervorzieht. »Agent der Liberty‐Versicherungsgesellschaft. Ich bin gekommen, um mit Ihrem Mann zu sprechen.«
»Oh!« erklingt es aus dem hübschen Gesicht, das ein wenig errötet. Die Dame öffnet die Tür und tritt einen Schritt zurück. »Treten Sie doch bitte ein!«
Mr. Willer betritt das Haus. Mrs. Conalt, die die Karte noch immer in der Hand hält, wendet den Kopf und ruft durch das kleine Wohnzimmer in Richtung des Schlafzimmers an der Rückseite des Hauses: »Hank!«
»Komme sofort!« antwortet eine junge Baritonstimme. Ein paar Sekunden später erscheint ein hochaufgeschossener, sehr schlanker Mann, der ungefähr so alt ist wie seine Frau und ein erfrischend häßliches Gesicht hat, im Wohnzimmer.
»Der Versicherungsmann, Liebling«, sagt die junge Dame, die ihre Schürze abgenommen hat, während Mr. Willer auf die Tür schaute, durch die der junge Mann das Zimmer betreten hat. Sie reicht ihrem Mann die Karte.
»Versicherung?« Der junge Mr. Conalt runzelt die Stirn, während er die Karte liest. »Was für eine Versicherung? Liberty? Aber ich… wir haben nichts zu tun mit der Liberty‐Versicherung. Wenn Sie etwas verkaufen wollen…«
»Im Augenblick nicht«, sagt Mr. Willer, wobei er die beiden, soweit seine falschen Zähne das zulassen, anstrahlt. »Ich bin tatsächlich Versicherungsagent, aber das hat nichts mit meinem Besuch zu tun. Ich wollte Sie nur erst einmal sehen.«
»Was soll das heißen: ›erst einmal‹?« möchte Mr. Conalt wissen. Er schaut Mr. Willer scharf an.
»Bevor ich mich zu erkennen gebe«, sagt Mr. Willer. »Sie sind doch die beiden jungen Leute, die einen Ruf an alle psiempfänglichen Personen innerhalb einer gewissen Reichweite ausgesendet haben, nicht wahr?«
»Oh, Hank!« sagt Mrs. Conalt schwer atmend; aber Conalt bleibt stur.
»Wovon sprechen Sie?« fragt er.
»Kommen Sie, kommen Sie«, antwortet Mr. Willer mißbilligend.
»Aber Hank!« fängt Mrs. Conalt wieder an.
»Pscht, Edie. Ich glaube, dieser Kerl…«
»O stärke die Kraft, die die Seele uns gibt, zu seh’n uns so wie der and’re uns sieht – oder so ähnlich.«
»Was ist das? Das ist doch Robert Burns, nicht wahr?« sagt Hank. »Es geht so: Dies wird uns allen Irrtum rauben…« Er zögert.
»Befreien uns von falschem Glauben. – Jawohl!« sagt Mr. Willer. »Und da wir jetzt Code und Gegencode ausgetauscht haben, wollen wir am besten gleich zur Sache kommen. Sie haben beide gesendet, nicht wahr?«
»Haben Sie empfangen?« fragt Hank.
»Natürlich!« sagt Mr. Willer selbstbewußt. »Wie sollte ich sonst wissen, welches Zitat als Codewort zu benutzen ist?« Er strahlt sie wieder an. »Darf ich mich setzen?«
»Oh, natürlich!« sagt Edie hastig. Sie setzen sich alle. Edie springt wieder auf. »Möchten Sie Kaffee, Mr…, äh…« – Sie wirft einen Blick auf die Karte, die Hank noch in der Hand hat – »Willer?«
»Nein, danke«, antwortet Mr. Willer und läßt seine Zähne klappern. »Ich trinke nur eine Tasse Kaffee pro Tag, und zwar nach dem Mittagessen. Ich halte strenge Diät. Aber um wieder zur Sache zu kommen – Sie sind die Leute, die ich empfangen habe.«
»Nehmen wir an, wir wären es«, sagt Hank. »Sie behaupten, selbst psi‐empfänglich zu sein, nicht wahr?«
»Behaupte? Darüber besteht kein Zweifel, mein Junge. Aschenbecher?« Er hebt eine Hand. Ein Aschenbecher vom anderen Ende des Tisches kommt wie ein Miniatur‐Ufo aus Keramik quer durch den Raum herangesegelt und landet weich auf der ausgestreckten Handfläche. Mr. Willer stellt den Aschenbecher auf den Tisch und schließt die Augen.
»Hank, Sie haben sieben Dollar in Ihrer Brieftasche. Eine Fünfdollarnote und zwei Münzen. In diesem Augenblick unterbrechen Sie Ihren Gedankenfluß, um sich besorgt zu fragen, was mit dem dritten einzelnen Dollar passiert ist; denn Sie hatten heute morgen acht Dollar in Ihrer Brieftasche. Regen Sie sich nicht auf! Sie wurden heute morgen gegen kurz nach zehn vom Zeitungsjungen beim Rasenmähen unterbrochen. Sie gaben ihm achtzig Cents. Die zwei Dimes Wechselgeld sind in Ihrer rechten Hosentasche.«
Er öffnet seine Augen wieder. »Stimmt’s?«
»Stimmt!« sagt Hank mit einem tiefen Seufzen. »Sie haben mich überzeugt. Edie und ich, wir können nichts von dem, was Sie können. Wir können lediglich gegenseitig unsere Gedanken lesen – und die anderer Leute, wenn sie sich auf uns konzentrieren.« Er starrt Mr. Willer einen Augenblick lang an. »Sie sind
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