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Titan 05

Titan 05

Titel: Titan 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Abend.«
    »Guten Abend.«
    Nach zwei Jahren in der Bude kannte er die verschiedenen Typen. Einige waren Neugierige, die zufällig vorbeikamen. Sie konnten das Huxley aufsetzen, einmal ihren Spaß daran haben und dann nie wiederkommen. Andere, wie Laura, ließen ihre tiefen Ängste nur zu leicht durchblicken, und dann wußte er schon nach der ersten Unterhaltung, daß sie immer wiederkommen würden, bis das Huxley ihr einziges Glück geworden war. Hochnäsige Collegeboys waren schwer einzuschätzen. Manchmal überdeckte ihre betont lässige, großspurige Art das, worauf er aus war; gewöhnlich ärgerten sie ihn bloß und gingen dann wieder.
    »Möchten Sie mal was vom echten Leben mitkriegen?« fragte Morgan.
    Der Bursche gähnte gelangweilt.
    »Das sagt jeder, der was verkaufen will. Hören Sie, ich besitze nicht mal ein Tonband.«
    »Was machen Sie denn dann mit Ihrer Freizeit?«
    »Nichts. Nichts ist es wert, was dafür zu tun.«
    Morgan kam zu dem Ergebnis, daß der Bursche sich ihn als passendes Objekt aussuchen wollte, um seine Show abzuziehen.
    »Das Huxley bringt sogar noch mehr als eine Frau«, sagte Morgan. »Probieren Sie es aus, und Sie werden jede Frau dafür stehenlassen.«
    »Ich habe genug Frauen gehabt. Ich habe letztes Jahr damit aufgehört.«
    »Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Nichts ist es wert, auch nur einen Finger dafür krumm zu machen. Sie haben recht. Aber warum sollte man nicht ein bißchen Vergnügen mitnehmen, wenn man ohnehin nur herumhängt und abwartet, bis man mal stirbt?«
    »Mein lieber Freund, das, was Sie ›Glück‹ oder ›Vergnügen‹ nennen, ist das, wonach der Pöbel sich sehnt.«
    Der Bursche lachte ihm ins Gesicht und stolzierte davon.
    Morgan grinste. Er hatte ein paar dieser Burschen auf der Liste seiner Stammkunden. Egal, was man ihnen anbot, sie hielten es für unter ihrer Würde und erklärten es für niedrig. Aber sie waren eitel. Sie brauchten immer einen staunenden Zuhörer und mußten sich daher ständig der Versuchung aussetzen. Der Bursche von vorhin würde möglicherweise wiederkommen. Und es war gar nicht so ausgeschlossen, daß er eines Tages auf den Knien zur Pforte des Huxley‐Himmels gekrochen käme.
    Morgans Schicht lief an diesem Abend nicht besonders. Nur zwei oder drei Stammkunden waren gekommen, dazu zwei Zufallstreffer, ein Pärchen, das sich dort verabredet hatte. Er brauchte mal wieder einen Abschuß. Jedesmal, wenn er einen Stammkunden für das Huxley verbuchen konnte, gingen zwanzig Prozent der zukünftigen Einnahmen an ihn. Seit drei Tagen schon waren keine potentiellen Süchtigen mehr aufgetaucht.
    Er hatte das Mädchen schon erspäht, als sie noch ziemlich weit entfernt war. Sie war groß, schlank und brünett. Ihre Kleidung machte einen positiven Eindruck, verstärkte jedoch noch den abgespannten Gesichtsausdruck und das nervöse Flackern in ihren Augen. Sie ging ein wenig gebeugt und manövrierte sich langsam und ein bißchen unbeholfen durch die Menge.
    Seine Hände spannten sich straff über den Schaltertisch. Er lächelte. »Einen angenehmen Abend.«
    »Angenehmen Abend«, sagte sie ebenfalls.
    »Ich heiße Morgan Valentine. Möchten Sie ein wenig Glück kaufen?«
    »Ich bin eigentlich bloß aus Neugierde hier vorbeigekommen. Ich bin hier zum erstenmal.«
    »Ich weiß.« Er erklärte ihr, wozu das Huxley diente, und wie es funktionierte. In farbenprächtigen, berauschenden Bildern malte er ihr aus, wie ihr ›Ich‹ erwachen und alles Bisherige übersteigen würde.
    »Das hört sich sehr aufregend, aber auch gefährlich an. Hat schon einmal jemand einen elektrischen Schlag bekommen?«
    Er lachte. »Nein, es ist ungefährlicher als eine Fahrradfahrt. Sind Sie schon einmal in einer Sommernacht durch den Park spaziert?«
    »Schon oft.«
    »Nun, es ist genauso sicher und genauso wunderbar.«
    »Sie reden wie ein Poet, so, als ob Ihnen Ihr Job gefiele.«
    »Er gefällt mir auch. Jeden Abend stehe ich hier und verkaufe den Menschen Glück. Ich liebe meine Arbeit.«
    »Ich wünschte, ich hätte so einen Job wie Sie.«
    Sie suchte jemanden, mit dem sie reden konnte! Sein Körper spannte sich. Er brauchte nur abzuwarten, und sie würde reden wie ein Wasserfall. Ein Abschuß! Er jubelte innerlich. Ein Ab schuß! Laß dir Zeit, dachte er, laß dir bloß Zeit! Sie würde verängstigt davonlaufen, wenn er sie zu sehr bedrängte.
    »Was arbeiten Sie denn?« fragte er.
    »Ich bediene eine Kopiermaschine. Wenn ich fünf Stunden am Tag daran arbeiten

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