Titan 14
im Annahmefall sämtliche Anklagen niederschlagen:
Bruth, der Bäcker, möge Maleen von Karres – mit deren Diensten er unzufrieden scheint – für eine angemessene Summe an Kapitän Pausert aus der Republik Nikkeldepain verkaufen.«
Bruth, der Bäcker, seufzte tief und erleichtert. Aber der Kapitän zögerte. Privaten Bürgern von Nikkeldepain war der Kauf menschlicher Sklaven unter strenger Strafandrohung verboten! Aber er brauchte das ja nicht ins Logbuch einzutragen. Wenn man ihm nicht zuviel abknöpfte…
Maleen von Karres trug in genau dem richtigen Augenblick ein klägliches Schniefen bei.
»Wieviel verlangen Sie für das Kind?« erkundigte sich der Kapitän und musterte seinen ehemaligen Widersacher unfreundlich. Der Tag sollte noch kommen, an dem er Bruth weniger streng beurteilte; aber noch war er nicht da.
Bruth blickte finster zurück, erwiderte aber mit gewissem Eifer: »Hundertundfünfzig M…« Ein Polizist, der hinter ihm stand, stieß ihn unsanft in die Seite. Bruth verstummte.
»Siebenhundert Maels«, verkündete der Richter jovial. »Dazu kommen die Gerichtsgebühren und eine Gebühr für die Eintragung der Transaktion…« – er schien nachzurechnen – »fünfzehnhundertzweiundvierzig Maels…« Er wandte sich dem Gerichtsschreiber zu. »Haben Sie ihn überprüft!«
Der Schreiber nickte. »Geht in Ordnung!«
»Wir nehmen einen Scheck«, schloß der Richter. Er lächelte dem Kapitän freundlich zu. »Nächster Fall.«
Der Kapitän war etwas verblüfft.
Irgend etwas an dieser Geschichte war faul! Er kam viel zu billig davon. Seitdem das Imperium seine Expansionskriege eingestellt hatte, standen junge, gesunde Sklaven hoch im Kurs. Außerdem war er überzeugt, daß Bruth, der Bäcker, bereit gewesen war, die Sklavin für ein Zehntel dessen zu verkaufen, was der Kapitän hatte bezahlen müssen!
Nun, er würde sich nicht beklagen. Er unterzeichnete, stempelte und versah einige Papiere, die ihm ein hilfsbereiter Schreiber hinschob, mit seinem Daumenabdruck und stellte einen Scheck aus.
»Ich denke«, meinte er zu Maleen von Karres, »wir sollten zum Schiff gehen.«
Und was sollte er jetzt mit der Kleinen machen, überlegte er, während er durch die unbeleuchteten Straßen stolperte und seine Sklavin still hinter ihm hertrottete. Wenn er mit einer hübschen Sklavin in Nikkeldepain auftauchte, selbst einer so jungen, würden verschiedene gute Freunde, die er dort hatte, dafür sorgen, daß er auf zehn Jahre hinter Gitter wanderte – aber nicht, bevor Illyla persönlich ihm den Skalp genommen hatte. Auf Nikkeldepain hielt man sehr viel von Moral.
Karres…?
»Wie weit ist es nach Karres, Maleen?« fragte er in die Finsternis.
»Es dauert etwa zwei Wochen«, sagte Maleen unter Tränen.
Zwei Wochen! Das Herz des Kapitäns sank tiefer.
»Was jammerst du denn?« erkundigte er sich dann etwas unsicher.
Maleen schluckte, fing wieder zu schniefen an, und begann dann herzerweichend zu schluchzen.
»Ich habe zwei kleine Schwestern!« klagte sie.
»Nun, nun«, redete der Kapitän ihr zu. »Das ist fein – du wirst sie bald wiedersehen. Ich bring’ dich nämlich nach Hause, weißt du!«
Großer Patham – jetzt hatte er es ausgesprochen! Aber schließlich und endlich…
Aber diese gute Nachricht schien die falsche Wirkung auf seine Sklavin zu haben! Ihr Schluchzen wurde noch viel heftiger.
»Nein, das werde ich nicht«, jammerte sie. »Sie sind hier!«
»Was?« sagte der Kapitän. Er blieb stehen. »Wo?«
»Und die Leute, bei denen sie sind, sind auch böse zu ihnen!« weinte Maleen.
Das Herz rutschte dem Kapitän in die Stiefel. So wie er jetzt da in der Finsternis stand, sah er es hilflos auf sich zukommen:
»Sie könnten sie schrecklich billig kaufen!« sagte sie.
2
In Zeiten besonderer Belastung schien die Jugend von Karres den Höhen zuzustreben. Vielleicht handelte es sich um eine bergige Gegend.
Die Leewit saß auf dem obersten Regal der Hinterwand des Antiquitätengeschäftes, strategisch von zwei teuer aussehenden Vasen flankiert. Sie wirkte wie eine Miniaturausgabe von Maleen, aber ihre Augen waren kalt und grau, statt blau und tränenerfüllt. Etwa fünf oder sechs Jahre alt, schätzte der Kapitän. Er hatte kein besonderes Talent, sie in dem Alter richtig einzuschätzen.
»Guten Abend«, sagte er, als er durch die Tür trat. Es war nicht schwer gewesen, den Antiquitätenladen zu finden. Ebenso wie die Behausung von Bruth, dem Bäcker, war auch dies der
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