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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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schwer war, in ihren Bau zurückkehrte und weitere Angehörige ihres Volkes zu Hilfe holte. Diese Erkenntnis hatte dazu geführt, daß man es nicht ausschloß, daß sie mit ihren Fühlern irgendwelche Gesten machen konnten, die die Bedeutung einer Sprache hatten.
    Obwohl Burl in dieser Hinsicht keine theoretischen Überlegungen angestellt hatte, wußte er, daß Ameisen fähig waren, sich miteinander zu verständigen. Momentan allerdings bewegte er sich vorsichtig auf das Revier seines Stammes zu, ohne sich über den aus lebenden Wesen bestehenden schwarzen Teppich, der sich ihm unaufhaltsam näherte, irgendwelche Gedanken zu machen.
    Eine Million Tragödien markierten den Weg der Insektenarmee. Da gab es beispielsweise eine kleine Kolonie von Zebrabienen, die unter der Erde lebten. Ein einzelnes Muttertier, das etwas mehr als einen Meter groß war, hatte sich ein Loch gegraben und dies in zehn Waben unterteilt, in die sie ihre Eier gelegt hatte. Die Larven hatte sie mit mühsam gesammeltem Blütenstaub gefüttert. Die Larven waren groß und dick geworden, hatten sich selbst zu Bienen entwickelt und nun ihrerseits Eier in der von ihrer Mutter gebauten Unterkunft abgelegt.
    Zehn dieser klobigen Insekten waren nun eifrig damit beschäftigt, für die in ihrem elterlichen Heim lebenden Jungen Nahrung heranzuschaffen. Die Gründerin der Kolonie war im Laufe der Zeit alt und flugunfähig geworden. Da sie nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu ernähren, hatte sie den Posten einer Wächterin übernommen, wie es unter Bienen dieser Art üblich ist. Sie verschloß den Eingang zu ihrem Heim mit dem Kopf, bildete eine lebendige Barriere und gab den Weg nur frei, wenn sich diejenigen näherten, die in ihrem Loch Heimatrecht genossen.
    Die alte Wächterin dieser unterirdischen Behausung befand sich auf ihrem Posten, als die Woge der Ameisenarmee über das Land schwappte und sie unter sich begrub. Winzige, übelriechende Füße trampelten auf ihr herum. Schließlich ging sie dazu über, das Loch zu verlassen und mit Hilfe ihrer Kiefer und ihres Stachels für die Sicherheit der Höhle zu kämpfen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann befand sie sich im Mittelpunkt einer wild um sich beißenden Ameisenhorde, die sich alle Mühe gab, sie in Stücke zu reißen. Die alte Biene kämpfte verzweifelt um ihr Leben, und es gelang ihr, die Bewohner des Stockes mit einem summenden Laut zu warnen. Sie kamen heraus und stürzten sich auf den Feind, aber der nach unten führende Gang wimmelte bereits kurze Zeit später von zahllosen, kleinen Insekten.
    Einige Augenblicke lang tobte ein Kampf, aus dem man ein Epos hätte machen können. Zehn große Bienen – jede davon war nahezu eineinhalb Meter lang – stürzte sich mit Kiefern und Klauen, Stacheln und Schwingen und der Kraft eines Rudels von Tigern in die Schlacht. Die kleinen, gierigen Ameisen fielen über sie her, schnappten nach ihren Facettenaugen, bissen sich in den Weichteilen ihrer Leiber fest – und ließen oft unerwartet die größere Beute fahren, um sich über einen verwundeten Artgenossen herzumachen, den die Biene gerade erledigt hatte.
    Der Kampf konnte allerdings nur einen Ausgang haben. So wütend die Bienen auch kämpften und so effektvoll sie ihre Kräfte einsetzten – gegen die zahlenmäßige Überlegenheit der Angreifer waren sie machtlos. Man riß sie in kleine Fetzen und verspeiste sie. Noch bevor der letzte Verteidiger des Stockes den Weg alles Verdaulichen gegangen war, wimmelte es in den Waben von Ameisen, die nicht nur die Larven verschlangen, sondern auch die Nahrung, die die Bienen dort gelagert hatten, und schließlich sogar die Waben selbst.
    Die Raubameisen eilten weiter. Hinter ihnen blieb eine leere Erdhöhle zurück – und ein paar Chitinfetzen, die sogar den gefräßigsten Vertretern ihrer Art als zu unverdaulich erschienen waren.
    Burl betrachtete inzwischen das Schlachtfeld einer anderen Tragödie: Vor ihm lagen die zerfetzten und zerschrammten Überreste eines großen, chitinbewehrten Käfers, der von einem anderen angefallen und umgebracht worden war. Er untersuchte die Überbleibsel der Käfermahlzeit genau.
    Drei oder vier kleine Ameisen – sie waren kaum länger als zehn Zentimeter – wühlten geschäftig in den Eingeweiden des Kadavers. Irgendwo sollte ein neuer Ameisenstaat entstehen, und die Königin lag in einem Versteck, das knapp siebenhundert Meter entfernt war. Diese Tiere konnten erst vor kurzer Zeit ausgeschlüpft sein. Ihre

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