Titan 17
transparente Schwingen nervös die Luft peitschten. Manchmal jagte auch eine Wespe an ihm vorbei oder eine Biene, die ängstlich und besorgt die fast blütenlose Welt durchstreifte, um Blütenstaub zu sammeln.
Dann und wann sah Burl auch verschiedene Arten von Fliegen, von denen einige nicht länger als sein Daumen, andere jedoch größer als seine Hand waren. Sie ernährten sich von den Säften, die aus den madendurchsetzten Pilzen tropften, wenn sie keine Abfälle fanden, die ihnen besser mundeten.
In der Ferne erklang ein schriller Schrei, der gleich wieder verstummte. Er hatte sich angehört, als hätten sich Millionen von Klicklauten zu einem einzigen zusammengetan, aber zum Glück war er so weit entfernt, daß er Burls Aufmerksamkeit weder ablenkte, noch ihn sonst irgendwie beeindruckte. Im Moment dachte er eingleisig wie ein Kind. Das, was sich in seiner Nähe befand, war wichtig. Was sich in der Ferne abspielte, konnte man vergessen. Nur das Allerdringlichste bedurfte seines Hinsehens – und damit hatte Burl schon genug zu tun.
Hätte er dem Geräusch zugehört, wäre ihm klar geworden, daß sich in der Umgebung zahllose Millionen der soldatisch organisierten Raubameisen aufhielten, die sich ihren Weg durch eine selbstgeschlagene Schneise bahnten und alles fraßen, was ihnen im Wege war. Sie waren noch weit gefräßiger als jene Heuschrecken in vergangenen Zeitaltern, die alles verschlungen hatten, was grün gewesen war. Jetzt gab es auf der ganzen Welt nur noch die Riesenkohlköpfe und ein paar andere Gewächse, die diese Farbe aufwiesen. Die Wanderheuschrecken waren mitsamt der Zivilisation, dem größten Teil der Menschheit und ihrem Wissen verschwunden, aber die großen Raubameisen waren geblieben und stellten sowohl für die Menschen als auch für die übrigen Insekten und die meisten Pilzgewächse, die die Erde bedeckten, eine tödliche Gefahr dar.
Burl kannte das Geräusch aber nicht. Er ging weiter flußaufwärts, schritt fest, aber vorsichtig aus und suchte gleichzeitig mit den Augen nach einem Fetzen, mit dem er sich bedecken konnte sowie nach Essen und einer Waffe. Natürlich war er davon überzeugt, daß er all das in kürzester Zeit entdecken würde.
Nach knapp einem Kilometer stieß er auf eine Ansammlung von eßbaren Pilzen. Er zerrte so lange an einem davon, bis er ein großes Stück in den Händen hielt. Damit würde er die nächsten Tage über die Runden kommen. Er aß während des Gehens, brachte zwei weitere Kilometer hinter sich und gelangte schließlich in ein Gebiet, das von zahlreichen ihm unbekannten Pilzen bewachsen war, die sich in den unterschiedlichsten Reifestadien befanden.
Runde Pilzköpfe, von denen man lediglich die Oberfläche sah, zwängten sich hier aus dem Boden und drückten die Erde beiseite. Blutrote Halbkugeln drängten sich aus der Tiefe hervor und reckten sich in die Luft.
Burl musterte die Gewächse mit Neugier und bewegte sich zwischen ihnen dahin, ohne sie anzurühren. Sie wirkten fremdartig – und fremdartige Dinge bedeuteten in den meisten Fällen Gefahr.
Über der Ebene schwebte eine Wespe dahin. Es war ein schweres Biest mit einer schwarzen Unterseite, und sie schleppte etwas mit sich, das mit einem roten Streifen verziert war. Die Wespe hatte eine Raupe erbeutet und brachte das gelähmte Tier zu ihrem Nest.
Burl sah zu, wie sie mit der Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit eines Pfeils aufsetzte, einen Stein beiseitewälzte und in einem Loch verschwand. Sie hatte sich einen Gang gegraben, der sicher mehr als zehn Meter tief in den Boden führte.
Die Wespe tauchte unter, inspizierte das Innere ihrer Höhle, kehrte ins Freie zurück, packte den grauen Leib der Raupe und zog ihn hinter sich her in die Tiefe. Burl, der seinen Weg über die weite, von roten Flecken übersäte und irgendwie kränklich wirkende Ebene fortsetzte, hatte keine Ahnung, was nun unter ihm geschah, aber er beobachtete, daß die Wespe ein drittesmal aus ihrem Loch kam und geschäftig Erde und Gestein über den Schachteingang wälzte, bis er nicht mehr zu erkennen war.
Die Wespe hatte die Raupe paralysiert, sie in den vorbereiteten Schacht geschleppt, Eier in sie gelegt und den Eingang verschlossen. Bald würden fingerlange Larven ausschlüpfen und sich von der reglosen, aber immer noch lebenden Raupe ernähren, bis sie groß und fett geworden waren. Dann würden sie sich verpuppen und zu einem langen Schlaf niederlegen, um als Wespe wieder aufzuwachen und sich einen Weg an die
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