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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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weiter, stürmte vorwärts.
    Das leise Klicken ihrer Gliedmaßen, das fortwährende Einanderberühren ihrer Fühler und ihr Gezirpe vereinigten sich zu einem klirrenden und betäubenden Geräuschteppich. Hin und wieder wurde der Lärm von einem Laut übertönt, der nicht von den Ameisen stammte: Eine Grille, in die sich Dutzende von gierigen Zangen verbissen hatten, brach in einen qualvollen Schrei aus.
    Vor den heranrückenden Ameisentruppen lag eine von reichhaltigem Leben erfüllte Welt, in der es von träge dahingleitenden Schmetterlingen, sich Fett anfressenden, über Riesenkohlköpfe dahingleitenden Raupen, weidenden Grillen und großen Spinnen, die still in ihren Höhlen hockten und geduldig darauf warteten, daß jemand in ihre Fallen lief, und riesigen, durch Pilzwälder strolchenden, Nahrung suchenden und sich paarenden Käfern nur so wimmelte.
    Und dort, wo die Ameisenhorden gewesen waren, gab es nur noch Chaos. Eßbare Pilze existierten nicht mehr. Die großen Kohlköpfe bestanden nur noch aus ungenießbaren, faserigen Strünken, und von dem geschäftigen Insektenleben fand man keine Spur mehr. Es gab nur noch ein paar flugfähige Lebewesen in diesem Gebiet, die verwirrt über einer völlig veränderten Landschaft dahinflatterten. Da und dort bewegten sich kleine Gruppen von Versprengten über die kahlgefressene Erde. Sie suchten nach irgendwelchen Brosamen, die der Hauptstoßtrupp möglicherweise übersehen hatte.
    Burl war nahezu am Ende seiner Kräfte. Er zitterte an allen Gliedern, jeder Atemzug bereitete ihm Schmerzen. Sein Gesicht war schweißgebadet. Er lief und lief – ein nackter, kleiner Mensch, der ein Insektenbein in der Hand hielt. Er lief um sein bißchen Leben, als sei seine Existenz unter all den Millionen Tragödien dieses Tages der einzige Grund, aus dem das Universum erschaffen worden war.
    Er rannte über eine hundert Meter breite Lichtung. Eine Ansammlung hübscher, goldener Pilze verstellte ihm den Weg. Dahinter erstreckten sich seltsam gefärbte Hügel. Sie waren purpurn, grün, schwarz und golden. Sie schienen miteinander zu verschmelzen und Ausläufer eines Ganzen zu sein, dessen Bewuchs sie miteinander verband.
    Die Hügel waren etwa zwanzig oder fünfundzwanzig Meter hoch. Darüber hatte sich eine kleine, graue Dunstwolke gebildet. Die Oberfläche der Hügel schien von einer Schicht bedeckt zu sein, die sich sanft hob und senkte und feinen Dampf absonderte.
    Unmengen von Schwämmen und Pilzen aller Art standen so dicht beieinander, daß sie einen verwobenen Pflanzenteppich bildeten, der alle möglichen Farben aufwies und sich in Wellen über ein Kilometer weites Gebiet erstreckte.
    Burl bahnte sich einen Weg durch das goldfarbene Pilzgeflecht und nahm den Hügel in Angriff. Seine Füße versanken in dem federnden Untergrund. Keuchend, schnaufend, und vor Erschöpfung taumelnd arbeitete er sich dem Hügelrücken entgegen. Zehn Minuten lang zwang er sich erbarmungslos zum Weitergehen, dann brach er zusammen. Unfähig, einen weiteren Schritt zu tun, blieb er in einer Mulde liegen und umklammerte mit beiden Händen seine scharfzackige Keule. Über ihm schwebte – scheinbar schwerelos – ein großer, hellgrauer Schmetterling durch die Luft, dessen Schwingenspannweite fast zehn Meter betrug.
    Burl blieb bewegungslos liegen. Er rang schwer nach Atem, und seine Füße weigerten sich, ihn wieder aufstehen zu lassen.
    Währenddessen kam der Lärm, den die Raubameisen erzeugten, unaufhaltsam näher. Schließlich tauchten auf dem Rücken des letzten Hügels, den Burl erklommen hatte, zwei kleine Fühler auf, die zum schwarzglänzenden Kopf eines seiner Verfolger gehörten. Die Ameise war allein; offensichtlich war sie ein Kundschafter der anrückenden Armee. Sie kam vorsichtig näher und bewegte aufgeregt ihre Fühler. Mit den bekannten, klickenden Geräuschen, die ihre Gehwerkzeuge erzeugten, näherte sie sich Burl.
    Ein Fetzen des feinen Dunstes, der über der gesamten Hügelgruppe schwebte und den Eindruck einer Wolke erweckte, trieb auf die Ameise zu. Sie hüllte das Insekt ein, woraufhin etwas Unerwartetes geschah. Die Ameise fing an zu zucken. Ihre Beine bewegten sich ziellos, dann fiel sie hin. Hätte es sich bei ihr um ein Säugetier gehandelt, hätte Burl trotz seines Zustandes sicher verwundert diese seltsamen Bewegungen verfolgt, aber das, was er hier vor sich hatte, war ein Insekt, das durch Tracheen atmete, die sich in seinem Leib befanden. Die Ameise krümmte sich auf dem

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