Titan 21
instinktiv. Außerdem wollte ich auch in meiner eigenen Persönlichkeit frei sein, entkommen, und mir mein eigenes Urteil bilden. Und das tat ich. Ich bedauere den Tod ihrer Männer, aber ich glaube, ich kann das reichlich ausgleichen.«
»Hm – Sie haben sich ergeben, als wir Sie ohnehin schon beinahe hatten.«
»Ja, natürlich, aber ich hatte mich schon so gut wie entschlossen, das in jedem Fall zu tun.« Ihre Augen ließen die Nadeln des Geräts nicht los, deren Zucken Leben oder Tod bedeutete. »Schließlich befand ich mich in Ihrem Territorium mit wenig oder gar keiner Hoffnung auf Entkommen, und Sie standen auf der Siegerseite dieses Krieges, der mir emotionell absolut nichts bedeutet. Soweit ich in dieser Angelegenheit überhaupt eine Meinung habe, so ist es die, daß ein Sieg der Janyards der menschlichen Rasse am besten dienlich sein wird. Die Geschichte hat gezeigt, daß die Kulturen der Grenze – die das alte Reich barbarisch nennt, aber die in Wirklichkeit neue und besser angepaßte Zivilisationen sind – daß ihr Sieg über die älteren und konservativen Nationen stets zu einer Synthese und einer Zeit ungewöhnlicher Leistungen führt.«
Er sah, wie sie sich sichtbar lockerte, und lächelte innerlich. So leicht war das, so leicht! Sie waren solche Kinder, die Menschen dieser Zeit. Er brauchte ihr bloß eine glattzüngige Lüge aufzutischen, die zu der Propaganda paßte, der sie seit ihrer Geburt ausgesetzt war, und schon war sie nicht mehr imstande, in ihm ernsthaft den Feind zu sehen.
Ihre blauen Augen hoben sich den seinen entgegen, und ihre Lippen öffneten sich. »Sie werden uns helfen?« flüsterte sie.
Daryesh nickte. »Ich kenne das Prinzip, die Konstruktion und den Einsatz jener Maschinen, und in Wahrheit schlummert in ihnen die Kraft, die Planeten formt. Ihre Wissenschaftler würden niemals auch nur die Hälfte von dem herausfinden, was es zu finden gibt. Ich werde Ihnen zeigen, wie man sie richtig bedient.« Er zuckte die Achseln. »Natürlich erwarte ich angemessene Belohnung. Aber selbst wenn ich altruistisch spreche, ist dies das beste, was ich tun kann. Jene Energien sollten von jemandem gelenkt werden, der sie versteht, und nicht in Unwissenheit mißbraucht. Das könnte zu unvorstellbaren Katastrophen führen.«
Plötzlich nahm sie ihre Pistole und schob sie ins Halfter zurück. Sie stand auf, lächelte und hielt ihm die Hand hin. Er schüttelte sie kräftig und beugte sich dann darüber und küßte sie. Als er aufblickte, stand sie unsicher da, teils von Angst und teils von Freude bewegt.
»Das ist nicht fair!« protestierte Laird. »Das arme Mädchen hat nie dergleichen gekannt. Sie hat nie von Koketterie gehört. Für sie ist Liebe kein Spiel, das ist etwas Geheimnisvolles, Ernstes, Anständiges…«
»Ich hab' dir gesagt, du sollst den Mund halten!« antwortete Daryesh kalt. »Schau doch, Mann! Selbst wenn man uns offiziell freies Geleit einräumt, ist dies immer noch ein Schiff voll wachsamer Feinde. Wir müssen unsere Position mit allen Mitteln stärken, die uns zur Verfügung stehen. Und jetzt beruhige dich und genieße das alles!«
Er ging um den Schreibtisch herum und griff wieder nach ihren Händen. »Wissen Sie«, sagte er, und das Lächeln, das um seinen Mund spielte, erinnerte ihn daran, daß dies mehr als nur die halbe Wahrheit war, »Sie erinnern mich an die Frau, die ich geliebt habe, vor einer Million Jahren, auf Vwyrdda.«
Sie zuckte zurück. »Ich komme einfach nicht darüber hinweg«, flüsterte sie. »Sie… Sie sind alt, gehören nicht in diese Zeit, und bei all dem, was Sie denken und wissen müssen, komme ich mir vor wie ein Kind – Daryesh, das macht mir Angst.«
»Das dürfen Sie nicht zulassen, Joana«, sagte er mit sanfter Stimme. »Mein Geist ist jung und sehr einsam.« Er ließ seine Stimme wehmütig klingen. »Joana, ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann. Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man eine Million Jahre nach dem Tod seiner ganzen Welt erwacht; einsam, einsamer als… oh, erlauben Sie mir, daß ich hin und wieder zu Ihnen komme und mit Ihnen spreche, so wie ein Freund zum anderen. Lassen Sie uns die Zeit und den Tod und die Einsamkeit vergessen! Ich brauche jemanden wie Sie.«
Sie senkte den Blick und sagte mit hartnäckiger Ehrlichkeit: »Ich glaube auch, daß das gut wäre, Daryesh. Als Schiffskapitän hat man keine Freunde, wissen Sie. Man hat mir diese Stellung anvertraut, weil ich die Fähigkeit dazu
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