Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 21

Titan 21

Titel: Titan 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
ganze Menge«, sagte Laird. »Außerdem kann ich dich denken hören, weißt du, und kann mich an das erinnern, was du gedacht hast. Sol oder Janya, dir ist das gleich. Woher weiß ich denn, daß du ein ehrliches Spiel mit mir spielst?«
    Die Antwort kam sofort, aber ein unangenehmes Lachen verdunkelte sie. »Nun – dann lies doch meine Gedanken, Laird! Es sind ja schließlich auch die deinen, nicht wahr?« Und dann, ernster: »Anscheinend wiederholt sich die Geschichte im Aufstand der Janyarden gegen den Mutterplaneten, wenn auch in kleinerem Maßstab und mit einer weniger hoch entwickelten Wissenschaft. Ich erwarte nicht, daß das Ergebnis der Zivilisation mehr Glück bringt als beim letztenmal. Also kann es sein, daß ich diesmal wirksamer eingreife als beim letztenmal.«
    Es war gespenstisch, hier in den von Wind zerfressenen Überresten einer Welt zu liegen und zuzusehen, wie die Jäger durch einen bitteren Schleier aus Mondlicht näherrückten, und dabei Gedanken zu denken, die nicht die eigenen waren, Gedanken, über die es keine Kontrolle gab. Laird ballte die Fäuste und kämpfte darum, sein Gleichgewicht zu bewahren.
    »So ist es besser«, sagte Daryeshs zynisches Bewußtsein. »Aber entspann dich! Du mußt langsam und tief atmen und dich eine Weile nur auf das Atmen konzentrieren – und dann mein Bewußtsein durchsuchen, das auch das deine ist.«
    »Sei still! Sei still!«
    »Ich fürchte, das ist unmöglich. Weißt du, wir sind im selben Gehirn und werden uns gegenseitig an die Bewußtseinsströme des anderen gewöhnen müssen. Entspann dich, Mensch, und lieg still! Denk über das nach, was dir widerfahren ist, und erkenne, was für ein Wunder es ist!«
    Der Mensch, so heißt es, ist ein die Zeit bindendes Lebewesen. Aber nur der mächtige Wille und der Drang von Vwyrrda war je über die Grenzen des Todes selbst hinausgesprungen, hatte eine Million Jahre darauf gewartet, daß das, was eine Welt war, nicht vom Tod aus der Geschichte herausgerissen werden möge.
    Was ist die Persönlichkeit? Nicht ein materielles, abgegrenztes Ding, sondern ein Muster, ein Vorgang. Der Körper nimmt seinen Anfang mit einem gewissen genetischen Erbe, und begegnet all den vielfältigen Kompliziertheiten der Umgebung. Der ganze Organismus ist ein Satz von Reaktionen zwischen den beiden. Die vorwiegend mentale Komponente, die man manchmal das Ego nennt, läßt sich nicht vom Körper trennen, aber man kann sie davon losgelöst studieren.
    Die Wissenschaftler hatten einen Weg gefunden, etwas von dem zu retten, was Daryesh war. Während der Feind die Tore von Vwyrdda berannte, während der ganze Planet auf die letzte Schlacht und seine letzte Nacht wartete, hatten schweigende Männer in Laboratorien den Molekularanalysator so weit zur Vollkommenheit entwickelt, daß das Muster der Synapsen, aus denen die Erinnerungen, die Gewohnheiten, die Reflexe, Instinkte, die Kontinuität des Egos bestanden, in der elektronischen Struktur gewisser Kristalle aufgezeichnet werden konnten. Sie nahmen das Muster von Daryesh und von keinem anderen, denn nur er von all den verbliebenen Unsterblichen war bereit. Wer sonst würde schon wollen, daß ein Muster wiederholt wurde,Äonen nach seinem Tode, Äonen nachdem die ganze Welt, die ganze Geschichte und alle Bedeutung verloren waren? Aber Daryesh war stets tollkühn gewesen. Und Ilorna war tot. Und das, was geschah, bedeutete ihm nicht viel.
    Ilorna, Ilorna! Laird sah, wie ihr unvergessenes Bild in seiner Erinnerung aufstieg, mit goldenen Augen, lachend und mit dunklem Haar, das ihre Lieblichkeit umfloß. Er erinnerte sich an den Klang ihrer Stimme, die Süße ihrer Lippen, und er liebte sie. Eine Million Jahre vergangen, und sie war Staub im Nachtwind, und er liebte sie mit jenem Teil seiner selbst, der Daryesh war, und mit ein wenig von John Laird… o Ilorna…
    Und Daryesh, der Mann, war hinausgezogen, um mit seinem Planenten zu sterben, aber das Kristallmuster, das das Ego von Daryesh wiederherstellen konnte, lag in der Kammer, die sie gemacht hatten, umgeben von all den mächtigsten Werken von Vwyrdda. Über kurz oder lang, irgendwann in der unendlichen Zukunft des Universums würde jemand kommen. Jemand oder etwas, würde sich den Helm auf den Kopf setzen und ihn aktivieren. Und das Muster würde den Neuronen aufgeprägt werden, das Bewußtsein Daryeshs würde wieder leben, und er würde für das tote Vwyrdda sprechen und versuchen, die Tradition von fünfzig Millionen Jahren zu erneuern. Es

Weitere Kostenlose Bücher