Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
sie alle finden kann.«
»Ich werde mit dir kommen«, sagte Dick der Arzt. »Ich kenne viele der Helicon Flüchtlinge persönlich und habe so eine Ahnung, wo sie sich verstecken könnten. Aber an dir liegt es, sie zu überreden, daß sie mitkommen - ohne sie zu töten.«
Neq überlegte. Es gefiel ihm zwar gar nicht, daß der Arzt mitkommen wollte, doch stiegen damit die Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss seiner Mission. »Ich darf ihnen den Grund nicht sagen, und ich darf sie nicht töten. Und doch muss ich sie bewegen, hierherzukommen. Die führenden Krieger des alten Imperiums und dazu den Mann der -« Er schüttelte den Kopf. »Und das alles nur weil ich Helicon wieder aufbauen und eure Nachschubquelle wieder in Gang bringen möchte, damit ihr dem Ring-Codex wieder Geltung verschafft.«
Dr. Jones begriff Neqs Ironie nicht. »Du hast es erfasst, Krieger«, sagte er.
Zornig und enttäuscht ging Neq hinaus. Dick der Chirurg folgte ihm.
XI
Tyls Stamm war bei weitem nicht mehr so groß wie in der Blüte des Imperiums. Er hatte bei der Eroberung von Helicon und während der darauffolgenden Zeit der Anarchie schwere Verluste erlitten. Der Einflussbereich aber war größer, weil die Zahl der Nomaden in den letzten Jahren allgemein abgenommen hatte. Der Stamm stellte nun eine Art eigene Zivilisation dar, denn es waren Unterkünfte gebaut worden. Felder bestellt, Waffen geschmiedet, und der Ring-Codex wurde streng beachtet. Es herrschten nun Stab, Keule und Stöcke vor, meist hölzerne Waffen, denn das selbst hergestellte Metall war spröder, als das von Helicon gelieferte. Die schönen alten Waffen waren kostbar geworden. Neq wusste, daß einer, der eine Waffe alten Typs trug, ein Veteran sein musste, denn heutzutage wurde ein Mann häufig um den Besitz einer überlegenen Waffe zum Kampf herausgefordert, so wie es früher um eine Frau oder um die Gefolgschaft gegangen war.
Du willst mich herausfordern?« fragte Tyl fassungslos. »Kennst du denn nicht mehr den Codex des Imperiums: die Unterführer des Waffenlosen dürfen gegeneinander nicht antreten?«
»Nicht um die Herrschaft«, gab Neq zurück. »Nein, ich habe es nicht vergessen. Doch das Imperium ist tot und mit ihm seine Regeln.«
»Es ist nicht tot, solange wir nicht wissen, ob der Waffenlose tot ist - und der ist nicht so leicht umzubringen. Wärest du ihm im Ring entgegengetreten, wüsstest du das. Und der Ring-Codex lebt, dort wo mein Stamm lebt.«
»Aber er stirbt ab, wenn dein Stamm weiterzieht.« Doch Neq musste die Zucht und Ordnung anerkennen, die Tyl hielt. »Ich sagte ja nicht, daß ich dich mit der Waffe herausfordere, denn ich darf während meiner Mission mein Schwert nicht benutzen. Sollte jemand meine Kampfkraft in Frage stellen, dann zeige ich ihm gern meine Klinge - aber nicht um die Herrschaft, nicht um den Tod, nur so, als Beweis ohne Blutvergiessen. Ich fordere dich bloß heraus. Du sollst mir und vielleicht der ganzen Nomadengesellschaft einen Dienst erweisen.«
Tyl lächelte. »Ich würde dir jeden Dienst erweisen, gleichgültig wie unklar du dich darüber auslässt, denn wir waren einst Waffengefährten. Und ich würde der Nomadengesellschaft jeden Dienst erweisen, wenn ich nur wüsste, wie. Was willst du von mir?«
»Geh zu den Irren.«
Tyl lachte auf.
»Komm mit«, sagte Neq. Er musste daran denken, wie Sol vor so vielen Jahren auf Ungläubigkeit reagiert hatte. Seitdem ihn Sol aller Waffen bezwungen hatte, war fast das halbe Lebensalter eines Nomaden vergangen.
Tyl sah ihn eindringlich an und ging auf seinen Ton ein. »Ich hörte gerüchteweise, daß du in einem Kampf mit Gesetzlosen schwer verwundet worden bist.«
»Sehr häufig sogar.«
»Ich meine jenes erste Mal. Eine Überzahl von fünfzig hat dich mit einer Feuerwaffe bezwungen und dir die Hände abgeschnitten.«
Neq warf einen Blick auf seine mit Stoff umwickelten Extremitäten. Er nickte.
»Und daß du dessenungeachtet Rache üben konntest... bis zu einem gewissen Grad.«
»Sie haben meine Frau geschändet.«
»Eine Irre?«
»Ja.«
»Und jetzt nimmst du dich wieder einer Sache der Irren an?«
Neqs Schwertarm zuckte unter der Stoffhülle. »Willst du das Andenken meiner Frau beleidigen?«
»Keineswegs«, versicherte Tyl ihm hastig. »Ich stelle bloß fest, daß du Abenteuer erlebt hast, wie ich sie nie erlebte, und daß du schwerwiegende Gründe für deine Mission haben musst.«
Neq hob die Schultern.
»Ich werde zu den Irren
Weitere Kostenlose Bücher