Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
ich dir gewisse Stellen daraus vorlesen.« Und der alte Irre kramte aus den Stapeln auf seinem Schreibtisch ein Blatt hervor:
4. August, B 118. - Die Belagerung ist aufgehoben, die Stimmung aber bleibt gedrückt. Bob hat einen Wettstreit der Krieger ausgehandelt. Bislang hat er noch niemanden aufgestellt, der Helicon vertreten soll. Wir sind ja auch auf diese Ring Wettkämpfe nicht eingestellt. Einfach albern. In Sol dem Nomaden besitzen wir einen der hervorragendsten primitiven Kämpfer unseres Zeitalters. Ich weiß aber, daß er niemals gegen jemanden seiner Art die Waffe erheben wird. Er hasst das Leben hier. Er ist gekommen, um zu sterben, und er lehnt ab, was wir mit ihm gemacht haben. daß wir ihn am Leben behielten, weil wir auch seine Tochter am Leben behielten. Sosa konnte ihn bis jetzt irgendwie zügeln. Ich weiß nicht, wie diese prachtvolle Frau das schafft. Sols Lebensinhalt ist seine Tochter.
Aber ich vertiefe mich wie ein richtiger alter Bücherwurm in anderer Leute Angelegenheiten. Dabei habe ich wahrlich genug eigene Sorgen. Dieser Vorahnung, daß das Ende nahe
ist, daß das Leben wie wir es kennen, ausgelöscht wird, daß vielleicht die ganze Zivilisation ausgelöscht wird. . .
»Der Berg!« rief Neq aus. »Die Belagerung von Helicon?«
»Diese Aufzeichnungen stammen von Jim dem Bibliothekar -einem gebildeten und feinsinnigen Mann.«
»Er steht auf meiner Liste! Ein Mann der Unterwelt!«
»Ja, natürlich. Aber es wird nicht nötig sein, daß du sie Suche nach ihm fortsetzt.«
»Um beim Aufbau mitzumachen«, rief Neq nun. Jetzt begriff er, was er längst schon hätte begreifen sollen. »Alle Menschen, die über Wissen verfügen!«
»Gewiss doch. Ist doch klar, daß die Nomaden ohne Hilfe die fremde Technologie von Helicon nicht wieder aufbauen können, mögen ihre Motive auch noch so edel sein. Haben wir aber einen kleinen Kern solcher Überlebender im Verein mit den fähigsten Nomaden und, hm, Irren, unter einem starken und aufrechten Führer- dann könnten wir es schaffen.«
»Und deswegen wollen Sie den Waffenlosen. Sie wollen ihn als Führer!«
Dr. Jones sah ihn mitleidig an. »Hoffentlich bist du nicht enttäuscht, daß wir dir nicht die Führerschaft beim Wiederaufbau übertragen. Was du anstrebst, ist ein wahrhaft edles Ziel, und du wirst für deinen Eifer und dein Streben gewürdigt werden. Doch die komplizierten Zusammenhänge von Technik und Disziplin -«
»Nein, Sie haben ganz recht«, äußerte Neq mit gemischten Gefühlen. Ja, er war tatsächlich enttäuscht, daneben aber auch erleichtert. »Ich habe nie daran gedacht, selbst in Helicon zu bleiben. Ich habe alles gesehen, die vielen Toten - nur Irre können sich da wohl fühlen, ohne Sonne, ohne Bäume -« Und während er dies sagte, wurde ihm plötzlich klar, warum Tyl auf der Liste gestanden hatte. Man brauchte einen starken und fähigen Führer, und das war Tyl. Er war der Stellvertreter des Waffenlosen gewesen und zuvor der von Sol aller Waffen. Er war in der Menschenführung so erfahren wie kein anderer und dazu ein Krieger der Spitzenklasse, der kein Nachlassen der Disziplin duldete. Die Unterwelt würde als eine Art Imperium wieder auferstehen.
»Freut mich, daß du Verständnis hast. Ausbildung und Charakter sind das Wichtigste. In einer Notlage, in der Schwerter und Keulen nicht die Angwort geben können.«
»Aber der Waffenlose - er zerstörte Helicon! Warum sollte er uns jetzt helfen?« Aber Dr. Jones setzte seine Hoffnung offenbar nicht allein auf den Waffenlosen. Er wollte sich Tyl als Alternative heranziehen.
»Sos der Waffenlose stammte von Helicon. Dr. Abraham machte ihn zu dem, was er war, und zwar auf den unglückseligen Wunsch des Führers hin.« Dr. Jones dachte nach. »Dr. Abraham war sich nicht im klaren, welche Politik zur Katastrophe geführt hatte. Er schlief, als das Feuer ausbrach, und war halb benommen, als er floh. Er glaubte, die Nomaden hätten es gelegt.«
»Ja, waren es nicht die Nomaden?« Das war der springende Punkt!
»Nicht direkt. Da, ich lese Jims letzte Eintragung vor.«
8. August, B 118. Wie könnte ich das Entsetzen ausdrücken, das ich fühle? Soli war gewissermaßen auch mein Kind in dem Sinne, als ich sie lesen lehrte, und sie lebte bei mir wie mein leibliches Kind. Fast täglich kam sie zu mir in die Bibliothek, ein reizendes kleines Mädchen - ich glaube, sie verbrachte wirklich mit mir und den Büchern gleich viel Zeit wie mit den Waffen ihres Vaters. Doch
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