TITANIC-WORLD
Mist aufzuregen; und ich habe erst recht keine Lust mehr, zahlende Besucher zu enttäuschen, da Vorstellungen ständig abgebrochen werden müssen, weil wieder so ein empfindliches Seelchen in Ohnmacht fällt. Doch am meisten stört es mich, dass so ein beknacktes empfindliches Seelchen plötzlich öffentlich irgendeinen Scheiß über die Cyber-Welten verbreiten könnte und damit der TITANIC-WORLD schadet.“ Er drückte die halb gerauchte Zigarette aus, nahm einen großen Schluck und sagte in einem endgültigen Tonfall: „Ich habe die Polizei eingeschaltet.“
Im Bug des Schiffes auf dem E-Deck saß Joe Killingham in der Überwachungszentrale von 2ProtectU-Security und beobachtete die Monitore. Der digitale Anzeiger sprang von 0.47 Uhr auf 0.48 Uhr. In den Räumen des zweite und dritte Klasse Restaurants waren die Kellner mit den letzten Aufräumarbeiten beschäftigt, während im White Star Restaurant die Feier noch in vollem Gange war. Es hat sich seit 1912 in der Beziehung nicht viel geändert, dachte er lakonisch. Auf der TITANIC hat man in der dritten Klasse um 22.00 Uhr einfach die Lampen abgedreht, um die Leute zum Zubettgehen zu bewegen. Hier mussten die Gäste das Maiden Voyage und das North Atlantic Inn um Mitternacht verlassen, während man die High Society weitersaufen lässt. Aus dem kleinen Aufenthaltsraum, gleich neben der Überwachungszentrale, klang das Lachen und Geplapper seiner Kollegen.
„Wenn ich‘s dir doch sage, Artie. Für ein Ticket im Maiden Voyage musste man 350 Pfund berappen.“
„Scheiße. Das ist viel Geld fürn bisschen Essen“, antwortete Artie.“
„Bisschen Essen ist gut“, mischte sich Cal jetzt ein. „Für die 350 Piepen gab’s satte sieben Gänge. Selbst in der dritten Klasse, wenn du so willst, konnte man sich heute Abend den Magen verderben. Fünf Gänge und eine Flasche Wein pro Paar gratis für gerade Mal 80 Piepen.“
„Woher weißt du denn das so genau?“
„Paula ist mit ihrer Freundin hingegangen. Am liebsten wäre sie natürlich ins Maiden Voyage ; aber ich habe ihr gesagt, dass ich mich scheiden lasse, wenn sie so viel Geld für so‘n dämliches Dinner ausgibt.“
Gelächter folgte seinen Worten. Dann scharrten Stühle und kurz darauf steckte Peter Brockhurst seinen Kopf durch die Tür. „Cal und ich drehen jetzt mal unsere Runde, Chief.“
Joe nickte, stand auf und reckte sich. Artie kam herein und nahm seinen Platz vor den Monitoren ein. Er betrachtete kurz die noch munter feiernde Gesellschaft, bevor er einige Knöpfe bediente, um die Bewegungsmelder auf den Decks auszuschalten. Er hörte, wie seine Kollegen ihm flüchtig Tschüss sagten und die Zentrale verließen. Über die Bildschirme beobachtete er, wie sie sich trennten, um ihre Runden in den verschiedenen Bereichen der TITANIC-WORLD zu drehen.
Artie Meyers war einundvierzig Jahre alt und arbeitete seit zwanzig Jahren bei 2ProtectU-Security . Genauso lang wie Joe Killingham. Dass Joe mittlerweile Schichtleiter war, während er selbst immer noch als einfacher Wachmann arbeitete,störte ihn nicht. Er verehrte seinen Teamleiter und wäre gerne so wie er. Joe war einsachtundachtzig groß und durchtrainiert, er selbst maß gerade Mal einszweiundsiebzig und war schmächtig. Joe hatte ein gutes Selbstbewusstsein, sein Handeln war durchdacht und selbst in Krisen- oder Konfliktsituationen behielt er einen klaren Kopf. Artie fehlte dieses sichere Auftreten; er wirkte immer ein bisschen scheu und zurückhaltend. In seiner romantischen Seele sah er sich zwar als Held mit schimmernder Rüstung, aber er war realistisch genug, um zu erkennen, dass zwischen Wunschvorstellung und Wirklichkeit ein großer Unterschied bestand. Zu seinen Kollegen hatte er ein gutes Verhältnis, auch wenn gerade Peter und Cal ihn öfter aufzogen. Es waren gutmütige Späßchen und Artie nahm nie Anstoß daran.
Jetzt beobachtete er seine Kollegen und sein Blick blieb an Patricia Cummings hängen, die von allen nur Pat genannt wurde. Sie war eine hübsche, vollschlanke Frau, Ende dreißig und ihre Haut hatte die Farbe hellen Milchkaffees. Sie war die einzige Frau im Team und seit fünf Jahren dabei. Artie hatte sie sehr gerne. Pat hatte ihm einmal erzählt, dass ihr Ex sie einfach sitzengelassen hatte, um mit einer zehn Jahre Jüngeren abzuhauen. Sie hatte eine fünfzehnjährige Tochter, Samantha, an der sie sehr hing.
Auf einem Monitor, oberhalb dem, der das White Star Restaurant zeigte, sah er, dass das Küken des Teams,
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