Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
Vom Netzwerk:
auszubrechen, fügte er rasch hinzu: „Aber ich will damit nicht sagen, dass ich dir nicht glaube. Joe hat Recht, wenn er sagt, dass es hier nachts unheimlich ist. Ich hab‘ bei meinen Rundgängen auch schon gedacht, mir folgt jemand und einmal, da hätt‘ ich glatt schwören können, Stimmen gehört zu haben.“ Er lachte kurz auf. „Ich bin nur froh, dass es keine Wachsfiguren in der TITANIC-WORLD gibt; die hätten uns bei jeder Runde einen Heidenschreck eingejagt.“
    Sie schwiegen einen Moment. Dann wandte sich Pat an ihren Teamleiter. „Musst du dass, was ich erzählt habe, melden?“ Sie sah ihn fragend an. Joe überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Nein. In unseren Vorschriften steht nur, dass wir ungewöhnliche Geschehnisse, die die Überwachung betreffen – einen plötzlichen Ausfall im Sicherheitssystem oder ein ungeklärtes Abschalten des Alarms, zum Beispiel – melden müssen. Ich denke, die Sinnestäuschung eines Mitarbeiters fällt nicht darunter.“ Er unterbrach sich kurz, sprach dann aber gleich weiter: „Weißt du, es kann jedem Sicherheitsmitarbeiter einmal passieren, dass ihm die Atmosphäre seines jeweiligen Arbeitsplatzes zusetzt. Ich mach‘ den Job seit zwanzig Jahren und ich hab‘ immer gefunden, dass Gebäude, die tagsüber von Leben erfüllt sind, in der Nacht ein eigenes Dasein führen – Dachbalken, die knarren, Gardinen, die ein Lufthauch bewegt, Schatten, die einem vorgaukeln, man ist nicht allein.“ Joe holte tief Luft, bevor er abschließend sagte: „Wenn du also bei einer deiner nächsten nächtlichen Runden spürst, dass dir die Atmosphäre der TITANIC-WORLD zu schaffen macht, Pat, dann sprich mit mir. Wir werden gemeinsam überlegen und eine Lösung finden, ohne alles an die große Glocke zu hängen. Das versprech‘ ich dir. – Ferner würde ich vorschlagen, dass wir den anderen gleich einfach sagen, du hättest etwas zu Abend gegessen, was dir nicht bekommen ist und du ruhst dich noch ein bisschen aus, okay?“
    „Danke, Joe.“ Mehr sagte sie nicht.
    Artie ging in die kleine Personalküche. Eine Tasse Tee war genau das, was er jetzt brauchte. Mit dem Kessel in der Hand verharrte er einen Moment reglos, als er über Pats Geschichte nachdachte. Er war kein Psychologe, aber konnte ein geistig gesunder Mensch plötzlich und ohne Vorwarnung einer solch‘ realen Sinnestäuschung erliegen? Dann fielen ihm Joes abschließende Worte ein. Er hatte es zwar nicht so direkt gesagt, aber die Botschaft war dennoch deutlich gewesen; Joe könnte und würde niemanden im Team dulden, dessen Geisteszustand nicht hundertprozentig in Ordnung war.
    Sonntag, 15. April 2012

Sir Connor Kilpatrick saß in seinem Büro im dritten Stock des Polizeipräsidiums auf der Havelock Road und sah auf die Notizen, die vor ihm lagen. Mit seiner Körpergröße von einem Meter neunzig und der wallenden weißen Haarpracht war der Commissioner der Grafschaft Hamshire eine imposante Erscheinung. Er hatte ein freundliches Gesicht mit sehr wachen, intelligenten grünen Augen und eine angenehme Stimme. Dass sich hinter diesem gefälligen Wesen ein stahlharter Kern verbarg, wussten nur wenige. Allgemein galt Sir Connor als friedfertiger Mensch, der seine Untergebenen mit Akzeptanz und Respekt behandelte und im Gegenzug die gleiche Wertschätzung von ihnen erwartete – und bekam. Er war achtundfünfzig Jahre alt, verwitwet und hatte
    einen vierundzwanzig jährigen Sohn, der in Oxford studierte.
    Jetzt sah er von seinen Notizen auf und warf einen Blick durch das geöffnete Fenster. Die Sonne erstrahlte von einem makellos blauen Himmel und eine fast hochsommerlich warme Brise trug die Geräusche der Stadt an sein Ohr. Sir Connor sah auf die Uhr und hoffte, dass die beiden Beamten, die er aus ihrem freien Wochenende hatte rufen müssen, nicht mehr allzulange auf sich warten ließen. Der Tag war zu schön, um im Büro zu sitzen. Er beschloss, die Angelegenheit schnell hinter sich zu bringen und es sich dann in seinem Garten mit einem guten Buch gemütlich zu machen, als es klopfte und Inspektor Jonathan Parker mit seinem Kollegen Mike Hays eintrat. Nach einer kurzen Begrüßung, kam der Commissioner ohne große Vorrede zur Sache.
    „Ich komme nicht umhin, Ihnen vorab mitzuteilen, dass die folgende Angelegenheit äußerst delikat und mit einem Höchstmaß an Diskretion zu behandeln ist.“ Er unterbrach sich kurz, sah flüchtig auf die vor ihm liegenden Notizen und sprach dann langsam weiter. „Gestern

Weitere Kostenlose Bücher