Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
Vom Netzwerk:
1. Kapitel
     
    Der Planet ist die Wiege der Menschheit;
    aber man kann nicht immer in der Wiege leben:
    K. E. Ziolkowski
     
    Das unübersehbare Sandmeer der Wüste Gobi sah im fahlen Mondlicht noch trostloser aus als am Tage. Über diesen einförmigen Weiten schien selbst das Flimmern der unzähligen Sterne fahler und kälter, schienen sie unnahbarer…
    Professor Nasarow hob fröstelnd die breiten Schultern und richtete sich auf. Er schloß das Fenster und flüchtete in den Lichtkreis seiner Schreibtischlampe. Die Ellbogen aufgestützt und die hohe Stirn in die offenen Hände gelegt, starrte er mit abwesenden Blicken vor sich hin. Die widerspenstigen Augenbrauen kräuselten sich unter seinen Händen in stachligen Büscheln.
    Der massige, vom Haar nur spärlich bedeckte Kopf und die schmalen Hände befanden sich in seltsamem Gegensatz. Sie schienen zudem zu groß für seinen kleinen, dicken Körper, und die Last des Kopfes bedurfte wohl der Stütze der Arme.
    Wer Nasarow so grübeln sah, der ahnte nichts von der federnden Behendigkeit, die ihn auszeichnete, nichts von der Energie, die ihn erfüllen und auf seine Mitarbeiter ausstrahlen konnte.
    Er seufzte. Diese verdammte Wüste!
    Der beste Einfall der Raketenforscher war es jedenfalls nicht, als sie ihr Forschungszentrum statt in die Steppe in das Sandgebiet der Wüste Gobi verlegten! Und auch von ihm war es nicht besonders geistreich gewesen, sich dieses Zimmer auszusuchen. Das Observatorium lag ohnehin abseits der kleinen Forscherstadt, was mußte er sich noch einen Raum wählen, der von ihr abgewandt lag! Als wollte er Schakale belauschen…
    Du mußt noch viel lernen, Nasarow!
    Glücklicherweise war er nur so lange in dieser Einöde zu Gast, bis der Flug ins All begann.
    Einöde? War das Weltall etwa keine Einöde? War es nicht eintönig, durch den leeren Raum zu fliegen, Wochen, Monate, Jahre – ja nach irdischem Zeitmaß Jahrhunderte!
    Er wies diese Gedanken von sich und konzentrierte sich auf seine Berechnungen. Hin und wieder fiel sein Blick gedankenverloren auf die mattleuchtenden Sternkarten, die schemenhaft die Wände bedeckten. Zwischen ihnen verbargen sich im Halbdunkel die Türen, eine davon führte zum Observatorium. Nur das Fenster zeichnete sich als helles Rechteck ab.
    Nasarow lehnte sich zurück und zog ein Fernbedienungspult aus dem Schreibtisch. Automatisch schoben sich ein Bildschirm und ein Mikrofon aus der Tischplatte. Mit sonorer Stimme reihte er lange Formelungeheuer aneinander, die sofort als Schriftzeichen auf dem Bildschirm erschienen. Aufmerksam verglich er die Formeln, ehe er die Zahlenwerte gab und auf den Lösungsknopf drückte.
    Blitzschnell schrieb das Elektronenhirn das Ergebnis auf den Schirm.
    Der Triebwerksschub stimmte also. Eine saubere Konstruktion! Mit solchen Ergebnissen der Probeflüge hatte er nicht gerechnet. Wenn alles klappte, auch unterwegs…! Es mußte einfach gelingen!
    »Ich wünsche sehnlichst, daß eure Expedition erfolgreich und unser Verzicht wenigstens nicht nutzlos ist!« hatte Tamara bei ihrem letzten Zusammensein gesagt. Ihre Stimme klang dunkel, als sie das sagte, nicht so hell schwingend wie sonst. Tapfer war sie…
    Er sah ihr Gesicht deutlich vor sich. Jede Einzelheit hätte er nachzeichnen können.
    Eine schmale Narbe lief über ihr Kinn. Man sah sie nicht, nur wenn Tamara sich ärgerte, zeichnete sie sich dunkelrot im erbleichenden Gesicht ab. Und das steigerte ihren Ärger beträchtlich. Er lächelte. Und wenn sie lief, wiegte sie sich in den Hüften, das gab ihrem Gang etwas katzenhaft Geschmeidiges. Aber das hätte er ihr besser nicht sagen sollen.
    »Soll das heißen, daß ich wie ein Raubtier schleiche?« hatte sie böse gefragt. Offenbar erwartete sie, daß er ihr versicherte, ihr Gang sei ein beschwingtes Schreiten. Ein wenig eitel war sie doch. Liebgewordene Eigenheiten! Geträumt hatten sie von einem Leben zu zweit, vielleicht auch zu dritt oder viert, von gemeinsamen Freuden und Sorgen.
    Dann kam der Brief, der ihn zum Forschungsausschuß »Ferne Planeten« rief. Er kehrte mit einem Angebot zurück, wie es noch keinem Menschen gemacht worden war. Er sollte als Leiter einer Expedition mit der ersten Photonenrakete das Sonnensystem verlassen. Aber er würde – wenn überhaupt – erst in dreihundert Jahren zurückkehren, zwar selbst nur zehn Jahre älter, aber alles, was bei seinem Abflug gelebt hatte, würde vergangen sein.
    Acht Wochen Bedenkzeit!
    Die ersten Wochen waren grausam. Bis

Weitere Kostenlose Bücher