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Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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nicht vom Bier unterscheidet.«
    »Und ohne ihre Erkenntnisse glaubten wir heute noch an Wunder, fürchteten noch heute Unwetter als Gottesgerichte und Kriege als Naturgesetz«, stimmte Jansen zu.
    »Man muß also den Dingen auf den Grund gehen, sie im Zusammenhang sehen. Deshalb darf man nicht nur sagen, Jansen ist ein Außenseiter, der gegen die Regeln der Gemeinschaft verstößt, man muß diese Erscheinung zurückverfolgen bis zur Ursache. Jede Erscheinung hat schließlich eine Ursache!«
    Jansen schwieg, betroffen über die unerwartete Wendung; er hatte doch wahrhaftig für Minuten den Anlaß des Gespräches vergessen.
    Ehe er sich aufzuraffen vermochte, fuhr Romain fort: »Und wenn man nach der Ursache sucht, dann entdeckt man, daß es mit einer gewissen Gleichgültigkeit begann, die sich zur Lebensverachtung steigerte. Jansen vergrub sich in die Arbeit, um zu verhindern, daß ihn unerwünschte Gedanken bedrängten. Flucht vor schmerzhaften Gedanken und Lebensverachtung aber sind typische Zeichen einer Enttäuschung.«
    Der Chefingenieur lauschte verblüfft. Romains sachliche Art, über seinen Besucher zu sprechen, als handelte es sich um einen abwesenden Dritten, schuf eine gewisse Distanz. Es schien Jansen, als sei er fünfzehn Monate, seit seinem Abschied von Jadwiga, auf der Stelle getreten und nun von Romain mit einem Ruck über die Zwischenzeit hinweggezogen worden.
    »Sie haben eine verdammt nüchterne Art, Doktor«, sagte er unbehaglich. »Unerbittlich wie eine Schneidsonde!«
    Romain hielt das Glas gegen die Tischlampe, prüfte die Klarheit des Bieres und sah Jansen unvermittelt an.
    »Sie sollten sich einmal aussprechen!«
    Der Chefingenieur schwieg und starrte auf den Teppich.
    Romain wartete geduldig. Endlich begann Jansen zögernd zu erzählen.

8. Kapitel
     
    Im Vorgarten blühte ein Mandelbaum. Stafford stand am Fenster und blickte hinaus.
    Blühende Bäume im Raumschiff! Sonderbare Menschen. Planten unvorstellbar großzügig, bauten so, daß es schon ans Wunderbare grenzte – und waren doch so kleinlich. Gemeinschaftsgeist mochte eine annehmbare Sache sein, in gewissen Situationen auch notwendig, aber derart engherzig ausgelegt… Lag es daran, daß ihnen so viel geboten wurde, daß man daraus eine Abhängigkeit, eine Dankespflicht herleitete und glaubte, nun auch viel verlangen zu können? Aber die Gemeinschaft verlangte ja nicht nur etwas, sie fühlte sich auch verpflichtet zu helfen.
    Oder konnten sie nur deshalb über den Rahmen der Zweckmäßigkeit hinausgehen und auch an Freude und Bequemlichkeit denken, weil sie soviel von jedem einzelnen verlangten? Oder forderten diese Menschen deshalb derart viel von sich selbst, weil sie das auch bei allen anderen voraussetzten?
    Nun, ihn betraf es ja nicht, es gehörte nicht dazu.
    Er wandte sich vom Fenster ab und setzte sich an den Schreibtisch. Eigentlich seltsam, daß sie ihn nicht in ihr Kollektiv zwangen. Ob sie ihn nicht für voll nahmen? Die Bordvorschriften mußte er einhalten – aber sonst… Wie hatte Romain gesagt? Unter uns ist keiner, den wir entbehren könnten! War er ebenfalls unentbehrlich, oder galt er als Sonderfall, war er am Ende für sie in diesen Dingen gar nicht vorhanden?
    Ihm wurde unbehaglich zumute. Er zog seine Zeichnungen heran und versuchte sich zu konzentrieren. Unwillig schob er sie wieder zurück, erhob sich und lief im Zimmer auf und ab.
    Lazzarri lag im Bett, was wurde nun aus dem Modell? Sollte er selbst… Aber das fiel noch eher auf, als wenn Lazzarri die Teile anfertigte. Oder sollte er mit Jansen darüber sprechen? Vielleicht half es Jansen über seine Niederlage hinweg, wenn er spürte, daß wenigstens einer… Die andern würden ihm sein Verhalten gewiß nachtragen, und das Zusammenrücken würde mindestens in der ersten Zeit der Bewährung eine kritische Aufsicht sein. Mochte Jansen innerlich lächeln, daß sich ein Kernphysiker mit Wirbelversuchen befaßte, mochte er kritisieren – er war ja selber kritisiert worden und würde unter dem Eindruck dieser Kritik zurückhaltend sein. Und Jansen würde sehen, daß er, Stafford, seine Zeit nicht untätig verbrachte, daß auch er nicht entbehrlich war!
     
    Das Stockwerk der Institute war zweckentsprechend aufgebaut. Hier gab es keine Wege und keine Gebäude. Lange Korridore verbanden die einzelnen Räume, Säle und Laboratorien miteinander. Man war sich bewußt, durch einen zwar riesigen, aber dennoch geschlossenen Gebäudekomplex zu gehen. Kilometerlange

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