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Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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Nachbar zu Nachbar, alle folgten aufmerksam den Worten der Genossen.
    Da der gesamte Versammlungsablauf vom Bordfunk für die Kontrollposten übertragen und außerdem auf Tonband aufgenommen wurde, rief Nasarow die Diskussionsredner mit Namen und Beruf auf.
    »Genosse Doktor Pierre Dartois, Chemiker!«
    »Eine Frage an Genossen Jansen: Haben Sie den Genossen Lazzarri in irgendeiner Weise veranlaßt, Ihnen zu folgen?«
    »Ich sah ihn erst, als er sich von der Luke abstieß. Ich glaube aber, Lazzarri bemerkte, daß ich kein Seil mitgenommen hatte, denn er trug zwei Seile bei sich.«
    »Sie glauben demnach, daß Ihr sicherheitswidriges Verhalten Lazzarri veranlaßte, Ihnen zu folgen?«
    »Ja.«
    »Genosse Dinko Karalambow, Ingenieur.«
    »Genosse Jansen, waren Sie der Meinung, daß Ihre Sicherheitsvorschriften überspannt sind, daß man getrost ohne Seil das Schiff verlassen kann?«
    »Nein!«
    »Sie werten Ihren Verstoß demnach selbst als äußerst gefährlich?«
    »Die Sicherheitsvorschriften entsprechen den unbedingten Erfordernissen!«
    Stafford wußte nicht, was er davon halten sollte. Wie bei einer Gerichtsverhandlung stellte man Fragen. Provokatorische Fragen! Sogar Jansens Untergebene waren dabei. Und Jansen benahm sich unmöglich. Er war geradezu sträflich ehrlich!
    »Genosse Naim Alibali, Friseur.«
    »Wenn ich die Schilderung des Genossen Jansen und seine Antworten auf die Fragen meiner Vorredner bedenke, dann komme ich zu der Meinung, daß Genosse Jansen unglaublich leichtfertig gehandelt hat. Er gefährdete nicht nur sich selbst, sondern auch den Genossen Lazzarri und darüber hinaus die Expedition, die den Verlust ihres Chefingenieurs nicht ohne einschneidende personelle Veränderungen hätte überwinden können.«
    »Genosse Erhard von Itzenplitz, Bäcker.«
    »Ich halte diesen disziplinwidrigen Vorgang ebenfalls für eine ernste Sache. Ich glaube nicht, daß es vorsätzlich geschah, aber ich denke, hier liegt ein menschliches Versagen vor. Genosse Jansen handelte ohne Überlegung! Man müßte auch fragen, ob hier nicht ein übersteigertes Selbstbewußtsein vorliegt. ›Ich, der Genosse Jansen, bin Chefingenieur und darf mir das erlauben. Für mich gelten die Bestimmungen nicht!‹ – Hat Genosse Jansen so gedacht?«
    »Genosse Jack Johnson, Elektriker!«
    »Ich glaube nicht, daß Genosse Jansen überheblich war. Unüberlegtes Handeln halte ich für wahrscheinlicher. Ich schätze den Genossen Jansen – aber ich glaube, wir müssen uns überlegen, ob er weiterhin als Chefingenieur tragbar ist.«
    Stafford sah verstört zu den Mitgliedern des Leitungskollektivs. Er bemerkte nur undurchdringliche Gesichter. Nicht einer setzte sich für Jansen, für den Chefingenieur und das Leitungsmitglied ein. Das war ungeheuerlich – eigentlich aber nicht verwunderlich! Wenn jemand selbst sich derart bloßstellte, durfte er keinen Respekt mehr erwarten. Nie irgendeine leitende Stelle auf einem sozialistischen Raumschiff übernehmen, schwor er sich. Aber dann lächelte er. Das kam für ihn ja ohnehin nicht in Frage.
    Man müßte für Jansen ein gutes Wort einlegen – immerhin war er Diplomingenieur! Man konnte doch nicht zulassen, daß er von Bäckern und Schustern angegriffen wurde!
    Stafford meldete sich zu Wort. Doch er mußte sich gedulden. Vor ihm sprachen noch mehrere Expeditionsmitglieder, Maschinisten, Ingenieure, Doktoren, Schweißer, Monteure…
    Stafford konnte es kaum noch ertragen. Endlich wurde er aufgerufen und erhob sich.
    »Kollegen, ich bin entsetzt!« sagte er und wandte sich dem Leitungskollektiv zu. »Jeder Mensch macht einmal Fehler, muß man deshalb über ihn herfallen? Hat Kollege Jansen nicht Verdienste, die dieses Versehen bei weitem überwiegen? Er ist doch nicht zufällig unser Chefingenieur! Daß Lazzarri nachkam, ist nicht Jansens Schuld – außerdem hat Jansen sein Versehen weitgehend gutgemacht. Er brachte Lazzarri ins Schiff, er schloß das Leck!«
    Überraschend meldete sich Jansen zu Wort. Als Betroffener hatte er das Recht, sich jederzeit in die Diskussion einzuschalten.
    »Gestatten Sie, Kollege Stafford, daß ich sofort meine Meinung zu Ihrem Diskussionsbeitrag sage! Ich danke Ihnen für Ihre gute Meinung und für die Absicht, mir zu helfen. Aber ich bin zur Überzeugung gekommen, daß die Vorwürfe meiner Genossen zu Recht bestehen. Ich weise den Vorwurf zurück, daß ich vorsätzlich gehandelt und mich überheblich benommen hätte, aber ich muß bekennen, daß ich mich

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