TITLE
wer ich bin.
Mein eig'ner Name, teure Heil'ge, wird,
Weil er dein Feind ist, von mir selbst gehaßt.
Hätt' ich ihn schriftlich, so zerriß' ich ihn.
Ich. Mein Ohr trank keine hundert Worte noch
Von diesen Lippen, doch es kennt den Ton.
Bist du nicht Romeo, ein Montague?
Romeo. Nein, Holde; keines, wenn dir ein's mißfällt.
Ich. Wie kamst du her? O sag' mir und warum?
Die Gartenmau'r ist hoch, schwer zu erklimmen;
Die Stätt' ist Tod; bedenk' nur, wer du bist!
Wenn einer meiner Vettern dich hier findet!
Romeo. Der Liebe leichte Schwingen trugen mich;
Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;
Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann;
D'rum hielten deine Vettern mich nicht auf.
Ich. Wenn sie dich seh'n, sie werden dich ermorden.
Romeo. Ach, deine Augen droh'n mir mehr Gefahr
Als zwanzig ihrer Schwerter; blick' du freundlich,
So bin ich gegen ihren Haß gestählt,
Ich. Ich wollt' um alles nicht, daß sie dich säh'n.
Romeo. Vor ihnen hüllt mich Nacht in ihren Mantel.
Liebst du mich nicht, so laß sie nur mich finden,
Durch ihren Haß zu sterben, war' mir besser
Als ohne deine Liebe Lebensfrist.
Ich. Wer zeigte dir den Weg zu diesem Ort?
Romeo. Die Liebe, die zuerst mich forschen hieß.
Sie lieh mir Rat, ich lieh ihr meine Augen.
Ich bin Steuermann, doch wärst du fern
Wie Ufer, von dem fernsten Meer bespült,
Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.
Diese letzten Worte wurden mit einer solchen Leidenschaft gesprochen, daß ich keine Gemütsbewegung zu heucheln brauchte, als ich antwortete:
Ich. Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht,
Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen,
Um das, was du vorhin mich sagen hörtest.
Gern hielt' ich streng auf Sitte, möchte gern
Verleugnen, was ich sprach. Doch weg mit Förmlichkeit!
Sag', liebst du mich? Ich weiß, du wirst's bejahen,
Und will dem Worte trau'n, doch wenn du schwörst,
So kannst du treulos werden; wie sie sagen,
Lacht Jupiter des Meineid's der Verliebten.
O holder Romeo! Wenn du mich liebst,
Sag's ohne Falsch; doch dächtest du, ich sei
zu schnell besiegt, so will ich finster blicken,
Will widerspenstig sein und nein dir sagen,
So du dann werben willst, sonst nicht um alles.
Gewiß, mein Montague, ich bin zu herzlich;
Du könntest denken, ich sei leichten Sinn's.
Doch glaube, Mann, ich werde treuer sein
Als sie, die fremd zu tun geschickter sind.
Auch ich, bekenn' ich, hätte fremd getan,
War' ich von dir, eh' ich's gewahrte, nicht
Belauscht in Liebesklagen. Darum vergib!
Schilt diese Hingebung nicht Flatterliebe,
Die so die stille Nacht verraten hat.
Romeo. Ich schwöre, Fräulein, bei dem heil'gen Mond,
Der silbern dieser Bäume Wipfel säumt.
Ich. O schwöre nicht beim Mond, dem wandelbaren,
Der immerfort in seiner Scheibe wechselt,
Damit nicht wandelbar dein Lieben sei!
Romeo. Wobei denn soll ich schwören?
Ich. Laß es ganz.
Doch willst du, schwör' bei deinem edlen Selbst,
Dem Götterbilde meiner Anbetung,
So will ich glauben.
Romeo. Wenn die Herzensliebe –,
Ich. Gut, schwöre nicht. Obwohl ich dein mich freue.
Freu' ich mich nicht des Bundes dieser Nacht.
Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu plötzlich;
Gleicht allzusehr dem Blitz, der nicht mehr ist,
Noch eh' man sagen kann: es blitzt. – Schlaf süß!
Des Sommers warmer Hauch kann diese Knospe
Der Liebe wohl zur schönen Blum' entfalten,
Bis wir das nächste Mal uns wiederseh'n.
Nun gute Nacht! So süße Ruh' und Frieden,
Als mir im Busen wohnt, sei dir beschieden.
Romeo. Ach, du verlässest mich so unbefriedigt?
Ich. Was für Befriedigung begehrst du noch?
Romeo. Gib deinen treuen Liebesschwur für meinen.
Ich. Ich gab ihn dir, eh' du darum gefleht;
Und doch, ich wollt', er stünde noch zu geben.
Romeo. Wollt'st du ihn mir entzieh'n? Wozu das, Liebe?
Ich. Um unverstellt ihn dir zurückzugeben.
Allein ich wünsche, was ich habe, nur:
So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe
So tief ja wie das Meer. Je mehr ich gebe,
Je mehr auch hab' ich; beides ist unendlich.
Ich hör' im Haus Geräusch. Leb' wohl, Geliebter.
Hier fehlte uns eine dritte Person, denn in diesem Augenblicke verlangt das Stück, daß die Wärterin Julia ruft. Gerade aber, als ob der Zufall geschworen hätte, aus dieser Dichtung bis ans Ende eine Wirklichkeit zu machen, ließ sich in dem Augenblicke, wo Julias Name gerufen werden sollte, der Name Emma in meinem Zimmer hören. Er ward durch eine Frauenstimme ausgesprochen und ich sah, daß sich jemand dem Fenster näherte. Ich hatte nur eben Zeit, meinem Romeo
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