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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Einbildungskraft mit Träumen beschäftigt, welche, wenn sie für junge Mädchen auch nicht das Glück selbst, doch wenigstens das Spiegelbild desselben sind. Es versteht sich von selbst, daß, solange wir wach blieben, mein unbekannter Romeo Stoff zur Unterhaltung lieferte. Mit dem Namen Romeo im Herzen und den Lippen auf meiner Hand an der Stelle, auf welche er die seinigen gedrückt, schlief ich ein. Ich brauche nicht erst zu sagen, daß meine ganze Nacht ein einziger flammender Traum war.
    Als ich am nächstfolgenden Morgen die Tür meines Zimmersöffnete, sah ich einen Brief auf dem Fußboden liegen. Man hatte denselben wahrscheinlich durch die Öffnung, welche sich zwischen dem Fußboden und dem auf den Balkon hinausführenden Fenster befand, in das Innere des Zimmers hineingeschoben. Die Aufschrift lautete: »An Julia.« Ich öffnete den Brief und sah sofort begierig nach der Unterschrift. Der Name dessen, der den Brief geschrieben, konnte ebensogut ein Taufname als ein Familienname sein. Er hieß nämlich Harry. Nun las ich den Brief selbst, oder verschlang ihn vielmehr. Ich hatte die Wahrheit so ziemlich erraten. Romeo-Harry war mein Nachbar. Er hatte mich auf meinem Balkon an dem Abend gesehen, wo ich, als ich mich mit der Nacht und der Nachtigall allein glaubte, die Szene Julias deklamiert hatte. Er war es gewesen, der mir am Schlusse der Szene seinen Beifall zu erkennen gegeben und mich dadurch bewogen hatte, die Flucht zu ergreifen. Den nächstfolgenden Tag war er auf den Einfall gekommen, in den Garten hinabzusteigen und ebenso wie Romeo, unbekümmert um die Gefahr, in welche er sich durch diese Unklugheit begab, mich dadurch an das Fenster zu locken, daß er die ersten Verse der schönen Gartenszene deklamierte. Man weiß, daß ihm dies vollständig gelungen war. Die Erklärung, die er mir in bezug auf sich selbst gab, war kurz. Er war Student auf der Universität Cambridge. Durch einen unwiderstehlichen Trieb zum Theater hingezogen, glaubte er, daß dies sein eigentlicher Beruf sei, und forderte mich auf, mit ihm gemeinschaftlich diese Laufbahn zu betreten, für welche ich unverkennbar ebenfalls geschaffen sei. Er bat mich, in der nächstfolgenden Nacht wieder auf dem Balkon zu erscheinen und ihm die Antwort zu geben, von welcher, wie er mir versicherte, sein künftiges Lebensglück abhinge.
    Ich habe bereits gesagt, daß dieser Brief, welcher durchaus nicht geeignet war, die Unruhe meines Herzens zu beschwichtigen, mit dem Namen Harry unterzeichnet war. Augenscheinlich war er nach unserer unterbrochenen Szene geschrieben. Der, welcher ihn geschrieben, hatte meinen Balkon erklettert und nachdem er sich überzeugt, daß ich nicht allein war und wahrscheinlich auch die ganze Nacht nicht allein sein würde, den Brief auf die schon beschriebene Weise in mein Zimmer geschmuggelt. Ich ersah hieraus, daß, sofern mein Nachbar einige Kühnheit besaß, ich mich in meinem Zimmer nicht eben sehr sicher befand und daß ich ebenso wiedie eigentliche Julia von der Gartenszene bald zur Balkonszene übergehen würde.
    Ach, leider war es ebenfalls eine der Gefahren meiner Situation, daß ich meine Gedanken ohne Furcht bei einem Verhältnis der Art verweilen ließ, wie man mir jetzt angetragen. Wenn Julia, die Erbin des Hauses Capulet, das heißt eines der vornehmsten von Verona, wenn die Tochter, welche die Ehre einer Familie, aufrecht zu erhalten hatte, von der sie angebetet ward, von der sie in allen Grundsätzen der Tugend erzogen worden, infolge einer jener jugendlichen Verirrungen, wo das Herz über alle sozialen Rücksichten den Sieg davonträgt, ihrem Geliebten ihre Tugend, ihren Ruf, ihr Glück zum Opfer bringt, wie konnte dann ich, ein armes, alleinstehendes Mädchen ohne Namen, welches gewissermaßen mit Hilfe der öffentlichen Wohltätigkeit erzogen worden, welches seinen Vater niemals gekannt und von einer Mutter, die durch ihrer Hände Arbeit ihr Brot verdienen mußte, nur ungenügend überwacht werden konnte, wie konnte ich, welcher die beste Lehre von allen, die Lehre des guten Beispiels, fehlte, ich, die ich von meiner Handlungsweise niemandem Rechenschaft zu geben schuldig war, ich, die ich, wenn ich mich hingab, weder einen Namen noch eine Familie befleckte, ich, die ich dann mich allein dem Untergange weihte, wie könnte ich da, wo eine Julia erlegen war, wohl an Widerstand denken? Ich dachte auch nicht daran. Ich dachte bloß an das Glück, meinen unbekannten Romeo wiederzusehen oder vielmehr zu

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