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Wissenschaft. Mein Ruf ist in London schon sehr groß und meine unbestreitbaren Erfolge haben mir den Weg zum Reichtumgeöffnet.«
– »Ach, Doktor,« sagte ich lächelnd, »ich freue mich sehr, die Bekanntschaft eines so ausgezeichneten Mannes wie Sie zu machen. Einer meiner Freunde, dessen Namen ich Ihnen nicht nennen kann, der aber auch ein Freund von Ihnen war, hatte mir immer versprochen, mich in eine der Sitzungen zu führen, welche Sie in Old Bailey gaben. Nicht wahr, dort hielten Sie Ihren Kursus?«
– »Sehr richtig, Miß. Ich sehe, daß ich mich nicht irrte, als ich Sie gleich auf den ersten Blick für eine Person hielt, die durch ihren Geist einen eben so hohen Standpunkt einnimmt, als durch ihre Schönheit. Brauche ich Ihnen jetzt noch zu erklären, von welcher Art die wissenschaftliche Arbeit ist, mit welcher ich mich befasse?«
– »Sie werden mir dadurch ein großes Vergnügen machen, Doktor, obschon ich weiß, daß diese wissenschaftliche Arbeit darin besteht, daß Sie an einer Wachsfigur in Lebensgröße die verborgensten Geheimnisse der Natur, von dem des Blutumlaufes bis zu dem noch verborgeneren der menschlichen Fortpflanzung, demonstrieren. Diese Wachsfigur, welche Sie die Göttin Hygiea getauft haben, liegt auf einem Bette, welches Sie das Bett Apollos nennen. Ist es so, Doktor?«
– »Sie haben ganz recht, Miß. Wohlan, wenn meine Demonstrationen die Menge schon anlocken, wenn ich dieselben an einer einfachen Wachsfigur vornehme, bedenken Sie, wie noch viel ungeheurer der Andrang sein würde, wenn diese Demonstrationen mit einer lebenden Person vorgenommen würden, die mit einer so vollkommenen Schönheit wie die Ihre begabt wäre.«
– »Aber, Doktor,« antwortete ich, »Sie, für den die Natur keine Geheimnisse hat, Sie müssen wissen, daß die Schönheit des Gesichtes nicht unbedingt von der Schönheit des Körpers begleitet ist und daß nur wenig Modelle, wie man sagt, als Muster für das Ensemble gelten können. Kleomenes mußte, wie ich von unterrichteteren Personen, als ich bin, sagen gehört, von fünfzig jungen Griechinnen die Schönheiten entlehnen, aus welchen er seine medizäische Venus zusammensetzte.«
– »Gerade das ist es, was mich bis jetzt aufgehalten hat. Ich suchte dieses Modell; vor zwei Stunden glaubte ich noch, daß es nicht zu finden sei; gleichwohl aber bin ich ihm endlich in Ihnen begegnet.« – »In mir, Doktor? Erlauben Sie mir aber, Ihnen zu sagen, daß Sie von mir noch nichts weiter kennen, als mein Gesicht und daß ich von der Vollkommenheit, welche Sie suchen, hundert Meilen weit entfernt sein kann.«
– »Da irren Sie sich, Miß,« hob der Doktor mit der größten Ruhe wieder an. »Eben weil ich weiß, daß Siedie Verschmelzung aller Schönheiten sind, komme ich, um Ihnen eine Assoziation anzutragen, die uns beide zum Reichtum führen wird.« – »Wie, Sie wissen es?« fragte ich mit immer größerem Erstaunen. »Wer hat es Ihnen denn gesagt?« – »Man hat es mir nicht gesagt, Miß, ich habe es gesehen.« – »Sie haben es gesehen? Wo denn und wie denn?« – »Mistreß Love, welche schon längst von mir beauftragt ist, die vollkommene Schönheit zu suchen, ließ mich von Ihrer Ankunft benachrichtigen und ich eilte herbei. Als Sie aus dem Bade stiegen, befand ich mich in dem Nebenzimmer. Ich sah Sie durch eine im Wandgetäfel angebrachte Öffnung, und Sie blieben lange genug in jenem Zustande, daß keine Ihrer Vollkommenheiten mir entgehen konnte. Was Mängel betrifft, so habe ich deren vergebens gesucht. Es war mir nicht möglich, auch nur einen einzigen zu finden.«
Ich stieß einen Ruf des Entsetzens aus. »Aber wissen Sie, daß Sie da etwas sehr Unrechtes getan haben, Doktor?« rief ich. – »Miß,« antwortete er ganz ruhig, »wenn ich die Ehre gehabt hätte, Sie vor zwei Stunden so zu kennen, wie ich Sie jetzt kenne, so würde ich mir nicht erlaubt haben, Sie auf diese Weise zu belauschen. Da ich Sie aber in dem Hause der Mistreß Love fand, da ich wußte, auf welche Weise Sie von dieser in Leicester-Square aufgenommen worden, so konnte ich nicht vermuten, daß ich da, wo ich einen einfachen böhmischen Kiesel zu finden erwartet, einem Diamanten begegnen würde.« – »O Doktor, Doktor!« rief ich. – Und ich barg das Gesicht in beiden Händen. Der Doktor wartete geduldig, bis ich die Hände wieder vom Gesichte nahm, und faßte sie dann in die seinigen.
»Hören Sie mich an,« sagte er, »der Zufall bietet Ihnen heute eine
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