Tochter der Nacht
stieß ein ersticktes Krächzen hervor und floh in eine Ecke.
»Oh, ja!« rief Pamina Monostatos nach, »jagt den Halblingen mit Eurem Geschrei nur Angst ein! Erschreckt sie zu Tode… etwas anderes könnt Ihr nicht! Ihr seid groß und mutig bei allen, die sich nicht wehren können! Lauft zu Eurem Herrn und Meister, Ihr widerwärtiger Schmeichler, Ihr Verräter! Kriecht vor Sarastro und bittet um Erlaubnis, eine hilflose Gefangene in Ketten zu legen!«
∗ ∗ ∗
Nachdem Monostatos gegangen war, verließ sie all ihr Mut.
Schluchzend fiel Pamina auf das Bett. Vielleicht hatte Monostatos wirklich die Wahrheit gesagt, und Sarastro hatte nichts dagegen einzuwenden, daß man sie fesselte und ge-fangenhielt. Selbst die Gesellschaft eines Halblings hätte sie jetzt getröstet. Doch auch die Hunde-Frau war vor Monostatos geflohen. Pamina fühlte sich sehr allein und verlassen.
»Herrin… Prinzessin Pamina…?« hörte sie eine zaghafte, melodische Stimme und hob den Kopf.
»Ja?« fragte Pamina gleichgültig und blinzelte. Es war der Halbling, der Monostatos im Weg gestanden hatte und dann geflohen war. »Hast du keine Angst?« fragte sie,
»wahrscheinlich ist er gleich wieder da. Er hat gesagt, er würde mich in Ketten legen.«
»Das ist ein Grund mehr, um so schnell wie möglich hier zu verschwinden, Prinzession Pamina, ehe er zurückkommt«, sagte der Vogel-Halbling, »ich komme von der Sternenkönigin, um Euch zu befreien.«
»Mutter! Du hast mich nicht vergessen!« rief Pamina und hätte am liebsten wieder geweint, aber diesmal aus Freude. Sie hatte nicht wirklich geglaubt, ihre Mutter würde sie Sarastro und seinen Machenschaften überlassen – oder etwa doch?
Aber jetzt hatte sie den Beweis. Obwohl dieser komische kleine Bursche ein sonderbarer Bote der Sternenkönigin war.
»Wie heißt du?« fragte sie.
»Papageno.«
∗ ∗ ∗
Sie überlegte, ob er möglicherweise Papagena kannte, die ihr seit so vielen Jahren treu diente. Natürlich war es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, ihn danach zu fragen. Dann zögerte sie. Hier in diesem Palast gab es so viele merkwürdige Wesen, anmaßende Halblinge, Betrüger und Lügner wie Monostatos. Pamina griff nach ihrem Mantel und sah den Vogel-Mann furchtsam an.
»Wie soll ich wissen, daß du nicht einer von Sarastros bösen Geistern bist, der gekommen ist, um mich zu täuschen?«
fragte sie.
»Mit meinem Geist ist alles in bester Ordnung«, erwiderte Papageno entschlossen, sah Pamina mit seinen großen, dunklen Augen an, zwinkerte, und sie konnte nicht glauben, daß er zu etwas Bösem fähig war. »Gehen wir«, sagte er und führte sie hinaus, aber nicht durch die Tür, sondern durch das Fenster. Eilig durchschritten sie den Garten. Plötzlich griff Papageno nach Pamina und zog sie neben sich in eine flache Mulde im trockenen Gras. Sie wollte schon lautstark protestieren – hatte sie sich in ihm geirrt? Wollte er sie überwältigen? – aber Papageno wies in eine Richtung und zirpte. »Seht doch!«
Angeführt von Monostatos eilte ein Trupp Sklaven in ihre Gemächer. Einige trugen Ketten und Seile. Pamina stockte der Atem. Papageno legte ihr sanft eine Hand auf den Mund, um zu verhindern, daß sie aufschrie. Doch die Be-rührung war zart und ehrerbietig.
Monostatos konnte sie nirgends finden. Pamina hörte das angstvolle Winseln der Hunde-Frau. Monostatos schrie und tobte vor Zorn. Pamina und der Vogel-Mann drängten sich eng aneinander. Nach einiger Zeit strömten die Sklaven aus dem Palast und verteilten sich suchend in alle Richtungen.
»Wahrscheinlich werden sie hier im Garten nicht so genau nachsehen«, meinte Papageno, »die Vögel sind ausgeflo-gen, und sie suchen sie woanders. Wir warten hier am besten, bis es dunkler wird, dann machen wir uns auf den Weg und suchen den Prinzen.«
»Den Prinzen? Was für einen Prinzen?« Pamina wurde wieder mißtrauisch. »Doch nicht Prinz Monostatos… wie er sich seit neuestem nennt.«
Papagenos Augen wurden noch runder. »Ihn? Oh, nein, Prinzessin. Ach ja, ich habe noch nicht von dem Prinzen gesprochen. Eigentlich hätte ich Euch von ihm als erstes er-zählen müssen. Schließlich ist es seine Aufgabe, Euch zu retten. Aber wir wurden getrennt. Er ging durch das große Tor, und ich kam hier herum. Und wie Ihr seht, war ich der Glückliche. Nein, nein, dieser Prinz ist jung und schön. Ich muß sagen, die Sternenkönigin war sehr von ihm angetan. Sie hat ihm einen Zauberspiegel mit Eurem Bild gegeben.
Der
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