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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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verschmähte es, sie auch nur zu berühren. Sie zog die Kapuze über den Kopf, stieg durch das Fenster in den Garten und eilte den Pfad entlang, der zum Tor am anderen Ende führte.
    Während sie mit klopfendem Herzen zwischen den Zypres-sen dahinlief, glaubte Pamina wirklich daran, es könne ihr gelingen, unbemerkt zu entkommen. Es war noch früh am Morgen, und sie wußte, die Priester verrichteten bei Sonnenaufgang ihren Dienst im Tempel.
    Plötzlich tauchte an der Spitze eines Trupps Halblinge Monostatos aus dem dunklen Schatten der Bäume auf.
    »Das dachte ich mir«, sagte er und lächelte zufrieden. »Bringt die Prinzessin zurück in ihre Gemächer.«
    Pamina wehrte sich heftig, als die Diener nach ihr griffen und hatte dabei das lähmende Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. Es war nur eine Wiederholung ihrer Entführung. War es ihr Schicksal, immer und immer wieder in eine Falle zu geraten, überwältigt und schließlich gefangen zu werden?
    »Ihr solltet Eure Würde wahren und freiwillig mitkommen«, erklärte Monostatos ruhig, »sonst werde ich ihnen erlauben, Gewalt anzuwenden. Wenn Ihr Euch nicht fügt, bringe ich Euch mit eigener Hand zurück.«
    Pamina sank weinend zu Boden. Sie nahm kaum wahr, daß man sie aufhob und in die Gemächer zurücktrug, aus denen sie geflohen war.
     
    Siebentes Kapitel
    ∗ ∗ ∗
    Als Pamina wieder zu sich kam, lag sie auf dem seidenen Ruhebett in ihren Gemächern. Vor ihr stand Monostatos.
    »Pamina, Ihr habt meinen Unwillen erregt«, sagte er, »und Ihr habt Sarastros Unwillen auf Euch gezogen, denn Ihr befindet Euch auf seinen Wunsch hier. Versprecht Ihr, keinen weiteren Fluchtversuch zu unternehmen? Oder wollt Ihr uns zwingen, Euch gewaltsam, gefesselt, hier zu behalten? Eine Prinzessin in Ketten… welch ein trauriger Anblick.«
    Sein Gesicht wirkte bleich, streng und unnachgiebig. Es ängstigte sie mehr als jede Drohung, jeder Versuch, sie einzuschüchtern. Würde Monostatos es wirklich wagen? Ein Blick auf das blasse Gesicht sagte Pamina, er würde es tun.
    Trotzdem weigerte sie sich zu bitten oder zu flehen. Auch Sarastro würde sie ihr Wort nicht geben, selbst wenn er tatsächlich ihr Vater war und Monostatos nicht wieder gelogen hatte.
    »Ich werde Euch bestimmt nichts dergleichen versprechen«, sagte Pamina und blickte ihn zornig an. »Ich bin die Tochter der Sternenkönigin und habe weder mit Sarastro noch mit Euch etwas zu tun. Ich spreche Euch und dem Priesterkönig von Atlas-Alamesios das Recht ab, mich gefangenzuhalten.
    Und wenn ich von hier entfliehen kann, werde ich das auch tun.«
    »Pamina, Ihr zwingt mich… Ihr zwingt uns, Euch in Ketten zulegen.«
    »Wagt nicht zu behaupten, ich würde Euch oder Euren Herrn dazu zwingen«, schleuderte sie ihm wutentbrannt entgegen,
    ∗ ∗ ∗
    »wenn Ihr das tut, ist es Eurer eigenen Bosheit zuzuschrei-ben und nicht, weil ich mir habe etwas zuschulden kommen lassen.«
    »Ihr zwingt mich dazu«, erwiderte Monostatos und starrte mit seinen farblosen Augen, die so merkwürdig ausdrucks-los waren, unverwandt auf sie hinunter.
    Während er Pamina mit seinen Blicken fesselte, durchschaute sie plötzlich, was er tat: Monostatos versuchte, ihr Angst einzujagen, wie er es mit den Halblingen tat. Er wollte sie so einschüchtern, daß sie ohne seine Einwilligung weder den Blick abwenden noch sich bewegen konnte. Wütend sprang sie auf und stellte sich vor ihn hin.
    »Geht mir aus den Augen! Wagt Euch nicht wieder in meine Nähe! Richtet Sarastro aus, wenn er etwas von mir will, soll er selbst kommen, anstatt Euch zu schicken! Meine Mutter konnte sich auf Eure Treue nicht verlassen! Wie kann Sarastro glauben, Ihr würdet ihm treu sein?«
    Einen Augenblick lang glaubte Pamina, ihn zu sehr gereizt zu haben und fürchtete, Monostatos würde sie schlagen. Die Zeit schien zu gerinnen, reglos zu verharren. Pamina bemerkte, wie sich die Vorhänge am offenen Fenster leise im Wind bewegten; sie sah einen Halbling – einen unbekannten Vogel-Halbling –, der in diesem Augenblick durch die Tür ins Gemach trat; sie sah ihren Mantel, den jemand an einen Haken gehängt hatte, und die kaum wahrnehmbare Bewegung der Wimpern im unbewegten Gesicht von Monostatos. Dann zischte er leise: »Ihr treibt es auf die Spitze, Pamina, glaubt mir«, und drehte sich auf dem Absatz um, als wollte er den Raum verlassen. Das Vogelwesen stand vor ihm und starrte ihn wie gebannt an. Dann schrie Monostatos: »Hinaus!« Der Vogel-Halbling

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