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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nach flaute der fürch-terliche Sandsturm ab. Er ist nicht zufällig über uns gekommen, dachte Tamino grimmig. Also hat mich mein Gefühl doch nicht getrogen…
    Der Wind legte sich. Im Land der Wandlungen war es ungewöhnlich still. Von dem Busch war nun nichts mehr zu sehen; nur ein paar kleine Eidechsen liefen eilig über die Steine, sie kämpften, stürzten sich auf Käfer, paarten sich, kämpften und stürzten sich auf Käfer, paarten sich und…
    Pamina ließ seinen Arm los. Tamino sah sie an. Ihre Augen waren vom Sand rot und geschwollen. Bestimmt sahen seine Augen nicht anders aus! Sie band den Gürtel wieder um ihr Gewand und blickte scheu lächelnd zu ihm auf.
    »Du hast dich gefragt, ob die Zeit reif war. Ich glaube, wir haben die Antwort erhalten… und gerade im richtigen Augenblick. Stell dir vor, der Sandsturm wäre etwas später auf-gekommen.«
    Paminas Fröhlichkeit war ansteckend, und Tamino mußte trotz der trockenen und schmerzenden Kehle lachen, als er sich vorstellte, wie der Wind ihre nackten Körper peitschte, die ihm völlig schutzlos ausgeliefert waren.
    »Die Wüste ist schlimm genug«, sagte er schließlich, »aber die Wüste nach einem Sandsturm? Jetzt fürchte ich mich, überhaupt noch etwas zu tun, aus Angst, unsere Lage zu verschlimmern.«
    Pamina warf einen zweifelnden Blick auf die trostlose Sandwüste, die sie umgab, und sagte: »Ich kann mir kaum vorstellen, daß eine Veränderung keine Verbesserung bedeuten würde. Wenn dies hier das Land der Wandlungen ist, würde ich gern wissen, wie ich es dazu bringen kann, sich wieder zu wandeln!«
    »Vielleicht erwartet man so etwas von uns?« überlegte Tamino, »vielleicht sollen wir es nicht wandeln, sondern dazu bringen, sich in seiner wahren Gestalt zu zeigen.«
    Pamina ließ sich zu Boden sinken. »Ich habe keine Lust mehr, mir über den Sinn dieser Prüfung Gedanken zu machen oder darüber, was man von uns erwartet«, sagte sie völlig erschöpft. Einen Augenblick lang hatte sie wirklich geglaubt, den Sinn der Feuerprobe erfaßt zu haben und gemeint, es gehe darum, den Mut aufzubringen, sich hier im Land der Wandlungen füreinander zu entscheiden. Konnte dieses Land die Liebe verwandeln? Sie fürchtete sich, es herauszufinden. »Vielleicht gelingt es der Zauberflöte, die Wüste zu verwandeln«, fragte sie zaghaft.
    »Aber die Flöte ist das Instrument der Luft…«, gab Tamino zu bedenken.
    »Aber mit Hilfe der Luft treten wir mit allen Elementen in Verbindung«, erwiderte sie und erinnerte sich daran, wie der Priester ihnen erklärt hatte: Das Element Luft hätte in ihr verborgene Kräfte zum Vorschein gebracht. Das Element Wasser hätte Tamino gezeigt, daß er nicht immer die Führung übernehmen konnte (mußte?). Sie hatten diese Prüfungen beide bestanden, und das hieß, sie, Pamina, besaß Kräfte über das Element Wasser, die sie noch nicht kannte.
    Tamino folgte ihrer auffordernden Geste, setzte die Flöte an die Lippen und begann, leise zu spielen. Zum Klang der sanften Melodie gelang es Pamina, über das Wasser nachzudenken: Feindselig und zornig füllte es ihren Mund mit salziger Gischt, überspülte und überflutete sie. Es heilte und wärmte; wie sehnte sie sich danach, darin zu liegen, den Staub aus dem Mund und den Sand vom Körper zu waschen!
    Verborgenes Wasser floß durch das Land. Es floß unsichtbar sogar durch diese Wüste, tief unter der sandigen Einöde, es sprudelte aus dem Felsen… und plötzlich wußte sie, der Augenblick war da: Schnell beugte sich Pamina vor und schlug gegen den Felsen.
    »Wasser!« befahl sie in einer ihr unbekannten Stimme, und sie spürte, wie ihr die Kehle bei diesem Wort der Macht schmerzte. Es sprudelte hervor, und der Wasserstrahl traf ihr Gesicht. Pamina beugte sich nieder, trank und trank, lachte und weinte und lachte vor Erleichterung. Sie badete ihre schmerzenden Augen und trat zurück, damit Tamino das gleiche tun konnte. Sie tauchte den Stoff, der ihr als Kopfschutz diente, in den Tümpel, der sich auf dem steinigen Boden bildete. Tamino trank, wusch seine staubigen Wangen und spülte sich den Sand aus den Zähnen. Strahlend und glücklich sahen sie sich in die Augen.
    Er stand vor ihr und wollte sich über sie beugen – Pamina spürte es –, um sie zu küssen, doch diesmal nicht aus Liebe, sondern aus Freude und Stolz über ihre Zauberkräfte, die ihn und sie zum zweiten Mal aus der Gefahr gerettet hatten. Da aber sah Pamina, wie sein Blick sich veränderte und plötzlich

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