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Tochter des Glueck

Tochter des Glueck

Titel: Tochter des Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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schlüpft heraus wie ein glitschiger Fisch. Es ist ein Mädchen, daher gibt es keine Glückstränen oder Gratulationen. Die Hebamme reicht mir das Baby. Die Kleine macht ruckartige Bewegungen mit den Armen. Auf dem Kopf hat sie schwarze Harrbüschel. Ihre Nase ist vollkommen. Sie hat einen hübschen Mund. Sie ist winzig und dünn, aber daran, wie sie meinen kleinen Finger packt, merke ich, dass sie stark ist. Sie ist im Jahr des Schweins geboren, genau wie mein Onkel Vern. Ich erinnere mich an eine Bemerkung meiner Mutter über ihn: »Wie alle Schweine wurde er mit einem außerordentlich starken Körper geboren. Er kann viel Schmerz und Leiden ertragen, ohne sich zu beklagen.« An diesen Worte klammere ich mich nun fest. Ich hoffe, mein Baby wird wie mein Onkel – mutig im Angesicht großer Schwierigkeiten. Segen und Sorgen, Glück und Furcht – das gehört zur Mutterliebe.
    Als das Baby und ich gewaschen sind, werden wir in den Schlafsaal gebracht. Mir wird ein Bett neben Sung-ling zugeteilt, die mich mitfühlend ansieht. Sie hat auch eine Tochter geboren und bekam deshalb ebenfalls die Enttäuschung der Menschen um sie zu spüren. Meine Schwiegermutter geht nach Hause und kommt am nächsten Morgen mit einer besonderen Muttersuppe wieder, die mit Erdnüssen, Ingwer und Schnaps angereichert ist, damit mir die Milch einschießt, die Gebärmutter schrumpft und ich wieder zu Kräften komme. Ich weiß nicht, wo sie die Zutaten herhat, aber die Suppe hilft, und das Baby saugt gierig an der Brust. Zum ersten Mal empfinde ich Mitleid mit meiner Tante May. Was muss sie durchgemacht haben, als sie mich gleich nach der Geburt weggab. Ihre Brüste, ihre Gebärmutter, ihr ganzer Körper muss sich nach mir gesehnt haben.
    Es ist gut, dass Sung-ling neben mir liegt, denn sonst wäre mir jämmerlich zumute. Wie viele Filme und Fernsehsendungen habe ich gesehen, in denen eine Frau ein Kind bekommt und der Mann mit Blumen und Küssen zu ihr eilt? Unzählige. Aber Tao besucht mich nicht. Jetzt weiß ich, dass ich ihn mit nichts zufriedenstellen kann, und das bricht mir das Herz. Doch ich scheitere nicht nur hier, es gibt noch mehr Grund, sich zu grämen. Sung-ling, die anderen frischgebackenen Mütter und ich sollen Sonderzuteilungen erhalten, aber die Vorräte der Kommune sind knapp. Wir bekommen keinen braunen Zucker, keinen Ginseng zur Blutbildung, kein Huhn und kein Obst, um wieder zu Kräften zu kommen. Ich ahne, dass zum einmonatigen Geburtstag meines Babys auch keine roten Eier gemacht werden. Trotzdem schenken mir drei Nachbarinnen Eier: Ein Ei ist faul, das zweite ist so alt, dass man den Dotter nicht vom Eiweiß unterscheiden kann, und in dem dritten steckt ein totes Küken. Die Frauen sind ein Risiko eingegangen, als sie die Eier versteckten. Wenn jemand dabei erwischt wird, Lebensmittel zu horten oder zu verstecken, ordnet Brigadeführer Lai die Prügelstrafe an.
    Als ich nach Hause geschickt werde, bekomme ich nicht die versprochenen Lebensmittel und den Stoff. Mein Schwiegervater weigert sich, mich anzusehen. Meine Schwiegermutter ignoriert mich. Ich frage Tao, ob er unsere Tochter halten möchte, aber er will sie nicht mal anfassen, weil sie ein Mädchen ist. Jede Chance darauf, mit Tao besser zurechtzukommen, wurde durch ihre Geburt zunichte gemacht. Ich frage, welchen Namen wir ihr geben sollen.
    »Dummkopf«, schlägt mein Mann vor.
    »Schwein«, spuckt meine Schwiegermutter aus.
    »Hund«, feixt einer von Taos Brüdern.
    »Jie Jie«, meint Jie Jie, Taos älteste Schwester. Das ist eindeutig der netteste und großzügigste Vorschlag, denn wenn ich meinem Baby den Namen Älteste Schwester gebe, deutet das an, dass ich noch mehr Kinder bekommen werde. Es vermittelt mir auch das Gefühl, dass mir Jie Jie mit dem Baby helfen und darauf aufpassen wird.
    »Namenlos wäre am besten«, sagt mein Schwiegervater, der damit gleichzeitig die Mutter seiner Kinder, mein Baby und mich beleidigt.
    »Ich möchte, dass sie Samantha heißt, und werde sie Sam nennen.« Ich denke an meinen Vater Sam und dass dieses kleine Baby es verdient, nach jemandem benannt zu werden, der hochanständig und liebenswert war. Samantha Feng. Ich bin gerade erst Mutter geworden und lebe unter erschwerten Bedingungen, aber ich weiß schon jetzt, dass ich für sie kämpfen werde. Sam hat im lokalen Dialekt natürlich keine Bedeutung, und das ist gut so.
    »Du kannst sie nennen, wie du willst«, sagt mein Mann herablassend. »Wir nennen sie Ah Fu.«
    Das

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