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Tochter des Glueck

Tochter des Glueck

Titel: Tochter des Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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Vorsitzenden Mao, der durch das Land schreitet und dabei größer wirkt als die Berge und gewaltiger als das Meer. Taos Bilder sind völlig anders. Mit sauberen, aber einfachen Strichen und in leuchtenden Farben hat er das Dorf gemalt.
    Die Leute applaudieren anerkennend. Dann zieht einer der Männer von der Künstlervereinigung wieder ein rotes Tuch von einer Staffelei. Joy schnappt nach Luft. Ich schaue zwischen den Köpfen hindurch nach dem Grund für ihre Aufregung und sehe auf der Bühne etwas, das so schön ist, dass ich es gar nicht sofort in voller Gänze erfassen kann. Es ist ein Aquarell, das meine Schwester, Joy, Samantha und mich in dem altmodischen Kalendermädchenstil zeigt. Mein erster Gedanke ist, dass Z. G. es gemalt hat.
    »Das ist von mir!«, sagt Joy so laut, dass einige Leute den Kopf nach ihr umwenden und sie anschauen. Z. G. legt ihr beruhigend die Hand auf den Arm. Sie blickt zu ihm auf, das Gesicht wutrot. »Er hat mein Bild gestohlen. Auch dafür will er den Ruhm einheimsen.«
    Die Besucher aus anderen Ländern, die um uns herumstehen, wirken nicht sonderlich beeindruckt von den bisherigen Geschehnissen, und man sieht ihnen an, dass sie resigniert haben – wir sind hier in China und müssen die Grußworte, die Proklamationen und die Vorführung erdulden, bevor wir in die Messehalle können. Die Chinesen wiederum lauschen dem Wortwechsel mit großem Interesse, rücken näher und lenken die Aufmerksamkeit auf uns.
    »Er hat es wahrscheinlich mit den anderen Bildern eingepackt, als ich gerade nicht hingeschaut habe«, sagt Z. G. ruhig. »Aber das darf dich jetzt nicht kümmern.«
    Womit er recht hat, denn wir müssen uns mit etwas viel Schlimmerem beschäftigen. Auf der Bühne hat sich eine hitzige Diskussion unter den Mitgliedern der Künstlervereinigung entfacht. Sie zeigen wütend auf den Organisator und auf Tao. Mir ist auch klar, warum: Joys Bild lässt die Schönheit der Vergangenheit und die tief empfundene Mutterliebe in einem Stil wiederaufleben, der als reaktionär und ultrarechts gilt – doch ich bin sehr stolz auf Joy. Und ich fühle mich geehrt und bin glücklich. Sie wird ihre Gefühle vielleicht nie in Worte fassen können, aber durch ihre Pinselstriche hat sie mir eindeutig bewiesen, dass sie meiner Schwester und mir verziehen hat.
    Der Organisator tritt wieder vor das Mikrofon. Er ist durcheinander und versucht nun, das Beste aus einer katastrophalen Situation zu machen. »Wir bedauern es, dass euch dieses Beispiel für schwarze Kunst vorgesetzt worden ist. In der Neuen Gesellschaft bekommen aber glücklicherweise selbst die schlimmsten Verbrecher Gelegenheit, zu gestehen.« Er winkt Tao zu sich. »Bitte, tritt vor und erkläre dich unseren Gästen. Zeige ihnen, wie unser großartiges Land daran arbeitet, den Sozialismus und den Kommunismus aufzubauen.«
    Als Tao zum Podium schlendert, ist mir klar, was er vorhat. Es wird anders laufen als bei dem Wandbild, wo er die Ehre für Joys Werk für sich beansprucht hat. Stattdessen wird er den Künstler benennen und Joy – und vielleicht auch Z. G. – beschuldigen, dass sie ihn auf einen schwarzen Pfad führen wollten. Indem er sie ins Visier nimmt, verbessert er bei der Regierung seinen Status als Vorbildkünstler, der rot und gleichzeitig Experte ist und der reinen Herzens und tapfer gegen Unruhestifter vorgeht, die bestraft werden müssen.
    »Wir müssen los«, sage ich. »Wir müssen auf der Stelle weg!«
    Als ich die anderen in Richtung Tür schiebe, höre ich Taos Stimme. »Ich habe diese widerwärtige Scheußlichkeit nicht gemalt, aber ich habe gesehen, wie sie entstanden ist. Meine Frau wurde in unserer Kommune als rechtsgerichtete Opportunistin kritisiert. Mein Schwiegervater hat eine dekadente Vergangenheit. Sie sind die Schuldigen …«
    »Schnell!«, rufe ich.
    »Wo bist du? Wer hat das Bild wirklich gemalt?«, ruft Tao. »Tritt vor! Stelle dich der Kritik!«
    Vom ersten Moment an war mir Tao unsympathisch. Ich habe ihn gehasst, seit mir Joy vom »Kind-Tauschen, Essen-Kochen« erzählt hat. Er ist ein Bauerntölpel, und obwohl ich Christin bin, wünsche ich mir von ganzem Herzen, er würde einfach tot umfallen.
    »Wo ist der Künstler?«, fragt Tao wieder.
    »Hier«, ruft Z. G. Wir sind schon ganz nahe an der Tür, aber wir bleiben entsetzt stehen. »Ihr erkennt das an meiner Technik von früher.«
    »Dad!« Dieses überraschende Wort kommt aus dem Mund meiner Tochter. »Du kannst doch nicht …«
    Aber Tao auf der

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