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Tochter des Glücks - Roman

Tochter des Glücks - Roman

Titel: Tochter des Glücks - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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gesäumt ist. Die Sonne ist kaum aufgegangen, doch von den Hügeln um uns herum hören wir überall den Radau. Abgesehen von dem Lärm, der so störend ist, wie er sein soll, genieße ich diese frühmorgendlichen Spaziergänge am Bach entlang. Kumei ist eine nette junge Frau, und ihr Sohn ist ein liebes Kerlchen. Er ist erst fünf Jahre alt, aber sehr ernst. Er bückt sich, um einen kleinen Stein aufzuheben, den er in seine Steinschleuder steckt und in die Bäume schießt, in der Hoffnung, einen Spatz zu treffen.
    »Wieder vorbeigeschossen, Tante Pearl!«
    »Keine Sorge. Irgendwann triffst du einen. Du musst es einfach weiter versuchen.«
    Wir holen uns in der Kantine etwas zu essen und gehen dann rasch zurück zum Hofhaus, wo Kumei noch schnell das Frühstück für Yong und Brigadeführer Lai abliefert. Im Nu ist sie zurück, und wir warten darauf, dass Joy, Tao, seine Eltern und seine acht Geschwister den Hügel herunterkommen. Gemeinsam gehen wir vom Dorf zum Hauptplatz der Kommune, auf dem uns die Arbeit für diesen Tag zugeteilt wird.
    Mütter geben Babys und Kleinkinder im Kindergarten ab. Ältere Kinder nehmen jüngere Geschwister an die Hand und begleiten sie zur Schule. Ta-ming steckt seine Steinschleuder in die Tasche und gesellt sich zu seinen Schulkameraden. Alle anderen teilen sich auf, um ihren Gruppenführern mit der roten Fahne zu folgen, und marschieren mit Liedern, die den Großen Sprung nach vorn preisen, zu ihren Arbeitsstätten: manche in die Näherei, um Decken, Hosen und Blusen zu schneidern, andere in die Führungshalle, wo Briefe, Telefonanrufe und Telegramme bearbeitet werden, und die restlichen auf die Felder. Heute bekommen die Bauern eine Aufgabe, die ich kaum fassen kann: Sie sollen Glas, das aus Shanghai geschickt wird, zerkleinern und dann dem Boden als »Nährstoff« zufügen. Für mich klingt das absurd, aber die Bauern tun es, weil sich der Große Steuermann ja nicht irren kann.
    Alle Mütter und Großmütter müssen inzwischen ebenfalls arbeiten. Taos Mutter darf nicht mehr zu Hause bleiben, um für ihre viel zu große Familie zu waschen, zu nähen und zu putzen. Nicht einmal Yong darf sich weiterhin im Hofhaus verstecken. Die meisten Frauen – und dazu zähle auch ich – bekommen Aufgaben in ihren eigenen Dörfern. Ich gehe beim Hofhaus vorbei, um Yong abzuholen, und stütze sie am Ellbogen, während sie schwankend zu unserem Arbeitsplatz trippelt.
    Brigadeführer Lai hat die »Alten« – wie Yong, Taos Mutter und mich – dem Arbeitskommando Überholt Großbritannien zugeteilt. An manchen Tagen arbeiten wir von der Gruppe Graue Kraft an den Hochöfen – wir befeuern sie, stecken alles Metallene, was in der Kommune noch übrig ist, in den Schmelzofen oder tragen das abgekühlte Masseleisen zum Hauptplatz, wo Männer die Blöcke auf Schubkarren laden und die paar Meilen zur Hauptstraße schieben. An anderen Tagen enthülsen wir Mais, sortieren Reis oder legen Süßkartoffeln zum Trocknen aus. Ich bin nicht alt, und ich habe keine grauen Haare, aber ich setze ein Lächeln auf und tue, was mir aufgetragen wird. Viele der Aufgaben erinnern mich an Tätigkeiten, die ich mit meiner Schwiegermutter verrichtet habe, als ich vor Jahren nach Chinatown kam. Diese Arbeiten haben mich ihr damals näher gebracht, so wie mich diese hier Joys Schwiegermutter näher bringen. (Ich sage »Joys Schwiegermutter«, weil sie keinen richtigen Namen hat. Sie wurde in die Familie Fu hineingeboren. Namenlos verbrachte sie ihr Leben, bis sie mit vierzehn Jahren heiratete. Dann wurde shee an ihren Geburtsnamen angehängt, als Zeichen, dass sie nun eine verheiratete Frau aus dem Fu-Clan war – Fu-shee.) Wir sind eine kleine Gruppe – alles Frauen eines gewissen Alters, aber so alt nun auch wieder nicht. Heute sitzen wir zusammen, um Knoblauchzöpfe zu flechten, Geschichten zu erzählen und über Ehemänner, Hausarbeit und den Besuch der kleinen roten Schwester zu klagen, wie es Mütter, Schwestern und Freundinnen seit Jahrtausenden tun.
    »Wir haben Glück, dass wir hier leben, wo es Sand gibt, mit dem wir das Blut auffangen können«, sagt eine der Frauen. »Wisst ihr noch, als ich mich der Achten Marscharmee anschloss, nachdem sie durch unseren Bezirk gekommen war? Wir haben Erde in Stoff gewickelt und uns zwischen die Beine gesteckt. Manchmal haben wir auch weiche Blüten und andere Pflanzen verwendet. Ganz oben im Norden in der Tundra haben uns die Frauen von dort gezeigt, dass man auch getrocknetes

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