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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
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Witwe.
    Doch Roger war auch damals schon kränklich gewesen – er hatte das Münster von York in der Hoffnung auf eine Wunderheilung besucht –, und weder Egdon noch Jacquetta konnten ihm einen Wunsch abschlagen. Roger und Margaret hatten ein halbes Jahr später geheiratet, als Margaret sechzehn geworden war, und innerhalb eines Monats hatte sie ihren sie abgöttisch liebenden Ehemann davon überzeugt, dass er eine Heilung seiner rasch voranschreitenden Schwindsucht nur auf einer Pilgerreise finden könne.
    Jahrelang hatten sie jedes Heiligengrab Englands besucht. Dann hatte Margaret Roger vor fünf Jahren dazu überredet, es mit den Grabstätten der Heiligen in Europa zu versuchen.
    Sir Egdon und Lady Jacquetta hatten ihn seit damals nicht mehr gesehen.
    Und nun würden sie ihn überhaupt nie mehr Wiedersehen.
    Sie saßen im Speisezimmer des Hauses, in dem ein helles Feuer brannte, Lord Thomas Neville auf der einen Seite und ihre Schwiegertochter auf der anderen. Die Mahlzeit – eine eher bescheidene Angelegenheit aus zähem Kaninchen und grobkörnigem Brot – hatten sie schon vor über einer Stunde beendet, und es war nun spät am Abend.
    Margaret war offensichtlich müde, doch die Rivers waren nicht bereit, sie schon ins Bett gehen zu lassen. Sie stellten ihr Fragen über Fragen über ihren Sohn und das Kind.
    Margaret antwortete auf alle Fragen scheinbar klar und aufrichtig, aber Thomas konnte sehen, dass Rivers’ Argwohn ihr gegenüber nicht nachgelassen hatte.
    »Mich wundert«, sagte Sir Egdon, die Schatten des Feuers flackerten über sein Gesicht, während er den Blick fest auf Margaret gerichtet hielt, »dass du so lange gebraucht hast, um nach England zurückzukehren.«
    »In Frankreich herrschte Krieg«, sagte Margaret und musste sichtlich gegen ihre Müdigkeit ankämpfen. »Es war schwierig, zu reisen.«
    »Aber warum bist du bei der Armee geblieben?«, fragte Jacquetta. Ihr Tonfall machte nur zu deutlich, was sie von Frauen hielt, die im Gefolge einer Armee reisten.
    Margaret zuckte mit den Achseln. »Baron Raby hat mir freundlicherweise seinen Schutz gewährt. Und wo wäre man sicherer als in der Begleitung einer bewaffneten Streitmacht der eigenen Landsleute?«
    Sir Egdons Blick blieb immer noch unverwandt auf sie gerichtet. »Mir fällt es schwer zu glauben, dass das Kind von meinem Sohn stammt. Er konnte kaum einen Suppenlöffel heben, geschweige denn, eine Frau besteigen.«
    Margarets Wangen röteten sich. »Es war ein Wunder«, sagte sie. »Wie sonst könnte ich es erklären?«
    Sir Egdon richtete den Blick auf Thomas. »Lord Neville… könnt Ihr Margarets Worte bestätigen?«
    »Werter Freund«, sagte Thomas. »Ich begleite Lady Margaret nur im Auftrag meines Onkels. Als ich im englischen Lager eintraf, war Lady Margaret bereits dort, und ich glaube, sie war damals schon einige Monate schwanger.«
    »Und in wessen Gemach war sie untergebracht?«, fragte Sir Egdon.
    »Sie diente Lady Gloucester.«
    »Hm.« Sir Egdon rutschte ein wenig auf seinem Stuhl hin und her und wandte sich dann wieder an Margaret. »Ich frage mich, Margaret, ob du uns nicht sagen kannst… «
    Und so ging es weiter, bis spät in die Nacht hinein, so spät, dass es beinahe Matutin war, als Sir Egdon seinem müden Gast, seiner Schwiegertochter und seiner Gemahlin endlich gestattete, zu Bett zu gehen.
     
     
    Thomas ritt am nächsten Morgen nach wenigen Stunden Schlaf weiter, voller Ungeduld, zum Bramhamer Moor zu gelangen.
    Als er auf sein Pferd stieg und den Blick auf das Hoftor richtete, erschien Margaret in einen Umhang gehüllt in der Haustür und kam zu ihm.
    Ihr Gesicht war bleich, und vom fehlenden Schlaf hatte sie tiefe Ringe unter den Augen.
    »Tom«, sagte sie leise, als sie neben seinem Pferd stehen blieb.
    »Gib Acht, was du sagst«, erwiderte er ruhig. »Sir Egdon und seine Gemahlin sind ganz nahe hinter dir.«
    Sie drehte leicht den Kopf. Ihre Schwiegereltern standen vor der Haustür und beobachteten sie.
    »Lass mich nicht hier zurück«, sagte sie, wieder an Thomas gewandt.
    »Wo soll ich dich denn hinbringen?«, fragte er. »Du hast kein Geld und keine Freunde.«
    »Sie verachten mich«, flüsterte sie.
    »Das überrascht mich nicht«, erwiderte Thomas in barschem Ton, »wenn man bedenkt, dass du es nicht einmal für nötig gehalten hast, sie über den Tod ihres Sohnes zu unterrichten.«
    »Dies ist dein Kind! «, zischte sie und trat einen Schritt vor.
    »Erwarte nicht, dass ich es anerkenne«, sagte

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