Tod am Laacher See
Hinweis, der zum Titelfoto führte, Herrn
Kriminaloberrat Paul Wehner und Erstem Kriminalhauptkommissar Erich Pung für
wichtige Antworten, meiner Lektorin Marit Obsen, die meine Einweisung in ein
Heim für gestörte Krimiautoren wieder zerrissen und auch dieses Buch wieder
äußerst konstruktiv begleitet hat.
Rudolf Jagusch
EIFELHEILER
Eifel Krimi
ISBN 978-3-86358-105-3
»Im neuen Krimi ›Eifelheiler‹ von Rudolf
Jagusch dreht sich alles um Heiler, Hellseher und Hexen. Eine Steilvorlage für
das ungleiche Ermittlerduo Jan Welscher und Hotte Fischbach, Großstadtpflanze
neben Dorfcowboy. Beide haben irgendwie einen Knall und sind dennoch ein gutes
Team – so wie Laurel und Hardy oder Tom und Jerry.«
Trierischer Volksfreund
Leseprobe zu Rudolf Jagusch,
EIFELHEILER
:
Sommer 1970
Hatte sie jemals jemanden so sehr gehasst?
Am liebsten hätte Maria sich auf ihre Schwester Veronika gestürzt
und sie grün und blau geschlagen.
Oder besser noch: ihr ein langes Messer zwischen die Rippen gerammt.
Ohnmächtige Wut brannte in ihrem Hals und paarte sich mit einer fast
bodenlosen Verzweiflung. Tagelang hatte sie kaum gegessen. Der Appetit war ihr
vergangen.
Der Geruch nach Weihrauch, den sie sonst so sehr mochte, ließ sie
würgen.
Die Orgel verstummte, der Pfarrer predigte mit sonorer Stimme. Maria
hörte kaum zu. Sie konnte den Blick nicht von Veronika abwenden. Ihre Schwester
stand im wallenden weißen Kleid, einer stolzen Königin gleich, neben dem Mann,
den Maria abgöttisch liebte. Sie hatte ihn ihr gestohlen.
Miststück.
Nie hätte Maria gedacht, dass sie jemanden so sehr verabscheuen könnte.
Sie spürte einen salzigen Geschmack auf ihren Lippen und lächelte angestrengt.
Jeder würde annehmen, dass sie das Glück ihrer Schwester beweinte.
Dabei zerriss es sie innerlich.
Dort, wo ihr Herz pochte, saß seit Monaten ein schwerer Stein, der
die Arbeit des Muskels zu behindern schien.
Das Brautpaar wandte sich einander zu. Der Ministrant hob das Kissen
mit den Eheringen.
Das Miststück hatte sogar die Frechheit besessen und sie gefragt, ob
sie Trauzeugin werden wollte. Veronika hatte dabei mit ihren blonden Locken
gespielt, sie immer wieder um den Zeigefinger gedreht und unschuldig mit ihren
großen blauen Augen geklimpert, denen niemand widerstehen konnte. Doch ihr
spöttisch hochgezogener Mundwinkel hatte sie verraten.
Freude heuchelnd hatte Maria zugestimmt. Den erneuten Triumph im
ewigen Geschwisterkampf wollte sie Veronika nicht gönnen. Eine Weile war sie
von ihrer Schwester stumm fixiert und ihr Gesicht auf eine verräterische Regung
untersucht worden. Doch Maria hatte sich im Griff gehabt. Merklich enttäuscht
war Veronika schließlich gegangen. Das kleine Duell hatte Maria für sich
entscheiden können, doch die Schlacht hatte sie verloren. Gegen die strahlende
Schönheit konnte sie einfach nichts ins Feld führen. Sie, die graue,
schüchterne Maus, musste sich wieder einmal hinten anstellen.
Stets hatte Veronika das begehrt, was Maria gehörte. Und auch
bekommen. Zeit ihres Lebens war es so gewesen. Der Teddy zu Ostern kam Maria in
den Sinn. Sieben Jahre war sie alt gewesen. Veronika hatte einen Heulkrampf
inszeniert, bis es ihrem Vater zu viel geworden war. Der Teddy war in Veronikas
Arme gewandert, und sie hatte im Gegenzug einen abscheulich hässlichen
Stoff-Fisch geerbt. Eklig. Maria hasste Fische.
Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. Mit dieser Hochzeit
war es ebenso. Ihre Schwester wollte ihr eins auswischen. Niemals ging es ihr
um echte Zuneigung, ganz zu schweigen von tief empfundener Liebe, da war sich
Maria sicher.
»Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meinen Mann. Ich
verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit,
bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage
meines Lebens.« Veronikas Stimme klang hell und klar, keine Spur von
Lampenfieber oder Unsicherheit.
Panik erfasste Maria. Nur noch ein paar Worte, nur wenige Sekunden,
dann hatte sie ihn verloren. Ein wimmernder Laut verließ ihre Lippen.
Erschrocken hielt sie sich den Mund zu. Der Fotograf, der ganz in der Nähe
stand, sah sie an und runzelte die Stirn.
Maria hob die Hand und bedeutete ihm so, dass mit ihr alles in
Ordnung war. Es schien ihn zu beruhigen, denn er hob die Kamera und widmete
sich wieder seiner Aufgabe.
Verstohlen blickte sie sich um.
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