Tod auf Ormond Hall
als du meintest, mich aussperren zu müssen, aber ich hielt es der Mühe nicht wert."
"Was willst du?“, keuchte Michelle und blickte sich nach einer Waffe um.
"Was ich will?" Er lachte auf. "Dich, Lovely, ganz alleine dich." Blitzschnell packte er sie bei den Schultern. "Ich habe
mir noch niemals etwas wegnehmen lassen. Ich habe immer um mein Recht gekämpft."
"Indem du Danielle ermorden musstest?" Michelle versuchte, mit dem Knie nach ihm zu stoßen, aber er wich geschickt aus. Unerbittlich hielt er sie fest. Über seine Schulter hinweg sah sie Danielle. Ihre Schwester schwebte auf die Tür zu und war im nächsten Augenblick verschwunden.
"Dann bist du also hinter mein kleines Geheimnis gekommen?" Wieder lachte er. "Danielle taugte nicht mehr für mich, nachdem sie sich mit diesem Nevins eingelassen hatte. Sie stritt zwar ab, mit ihm ein Verhältnis zu haben, aber wer glaubt schon einer H ure." Er blickte ihr ins Gesicht. "Es war ganz leicht. Sie stand oben auf dem Söller. Ein winziger Stoß und ..."
"Du musst verrückt sein!“, stieß Michelle hervor.
"Verrückt? Nenn es ruhig verrückt, wenn jemand für sein Recht einsteht. Von Anfang an musste ich kämpfen. Schon als Kind wurde mir nichts in die Wiege gelegt. Stets hieß es Edward hier, Edward da. Der zukünftige Lord Ormond wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit bevorzugt."
Der junge Frau kam ein schrecklicher Verdacht. "Du hast de inen Bruder in die Schlucht hinuntergestürzt?“, fragte sie fassungslos. "Es war kein Unfall?"
"Sagen wir, ich sorgte dafür, dass sein Pferd scheute", erklärte Kevin selbstbewusst. Sein Blick versenkte sich in ihren Augen. "Du bist schön, wenn du Angst hast", stellte er fest. "Du ..."
Diesmal schaffte es Michelle, ihm einen harten Stoß zu versetzen. Kevin schrie auf und krümmte sich zusammen. Für einen Augenblick verlor er die Gewalt über seine Hände. Die junge Frau drängte ihn beiseite, hastete zur Tür, schloss sie auf und schob den Riegel zurück. Sie rannte zur Galerie.
Außer sich vor Wut folgte ihr Kevin. Aber er kam nicht weit. Er wurde von Edward aufgehalten, der sich mit all der Kraft, die er aufbringen konnte, seinem Bruder entgege nwarf.
Michelle hörte die beiden Männer miteinander kämpfen. Sie war überzeugt, dass Danielle Edward geholt hatte. Sie hoffte, dass es ihm gelingen würde, Kevin aufzuhalten. Statt in den zweiten Stock zu laufen und Kevins Eltern zu alarmieren, rannte sie in ihrer panischen Angst die Treppe hinunter. Nicht einen Gedanken verschwendete sie an das Unwetter, das sie dra ußen erwartete.
Michelle riss das Portal auf. Der Regen peitschte ihr ins G esicht. Innerhalb von Sekunden war die junge Frau bis auf die Haut durchnässt. Sie rutschte aus, stürzte hin und schlug sich die Knie auf, aber sie empfand keinen Schmerz. Eilig sprang sie auf und rannte auf das Tor zu.
Doch Michelle kam nicht weit. Schon Minuten später hatte Kevin sie eingeholt. Verzweifelt kämpfte sie gegen ihn an. Wieder stieß sie mit den Füßen nach ihm, doch schon im nächsten Auge nblick spürte sie einen dumpfen Schmerz, dann verlor sie das Bewusstsein. Mit einem triumphierenden Lachen trug der junge Mann sie zur Ruine.
18.
Michelle schlug die Augen auf. Sie nahm einen fürchterlichen Geruch nach Moder und Fäulnis wahr. Um sie herum herrschte undurchdringliche Finsternis und es war entsetzlich kalt. Ihr Herz hämmerte wie verrückt. Wo bin ich, dachte sie und versuchte, nicht vor Angst den Verstand zu verlieren. Ihre Hand tastete nach dem Kettchen mit den beiden Münzhälften. Sie hatte es verloren.
Plötzlich wurde es etwas heller. Danielle manifestierte sich n eben ihr. Die junge Frau sah, dass sie sich in einem kleinen Verlies befand. Es mochte etwa zwei mal zwei Meter groß sein. Wenn sie die Arme ausstreckte, konnte sie die Mauern berühren. Hoch über ihr gab es eine Falltür.
Sie stand auf und versuchte vergeblich. die Falltür zu erre ichen. Schluchzend ließ sie sich wieder auf das bisschen Stroh fallen, das den Boden des Verlieses bedeckte. Was hatte Kevin mit ihr vor? Er konnte sie nicht ewig hier gefangen halten. Oder doch? Wollte er sie hier unten verhungern lassen?
Danielle legte den Arm um sie. Michelle war froh, ihre Schw ester bei sich zu haben. "Ich wünschte, ich hätte dich schon früher kennen gelernt", meinte sie. "Ich ..." Sie dachte an Edward. Ob Edward Hilfe holen würde? Aber wie sollte er sich verständlich machen? Vielleicht würde man ihr Verschwinden ihm
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