Tod auf Ormond Hall
genauso anlasten wie Danielles Tod.
Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, als Michelle hörte, wie sich jemand an der Falltür zu schaffen machte. Sie sprang auf. "Hilfe!“, schrie sie. "Hilfe!"
Ein diabolisches Lachen antwortete ihr. Gleich darauf hob sich die Falltür und der Strahl einer Taschenlampe traf sie. Kevin beugte sich zu ihr hinunter. "Schrei ruhig, Michelle. Hier hört dich keiner." Wieder lachte er. "Nur Edward und ich kennen diesen Ort. Als Kinder haben wir ihn zufällig entdeckt. Aber er erinnert sich sicher nicht mehr daran."
"Wo ist dein Bruder?“, fragte die junge Frau. "Was hast du mit ihm gemacht?"
"Einen feinen Ritter hast du dir ausgesucht", antwortete Kevin. "Weiß der Teufel, wieso er plötzlich auftauchte und glaubte, dich beschützen zu müssen. Ich habe ihn niedergeschlagen. Wie ein geprügelter Hund hat er sich dann davongeschlichen." Er spukte aus.
"Was hast du mit mir vor?"
"Nichts weiter", erwiderte er. "Ist es dort unten nicht gemütlich? Jetzt kannst du nicht mehr fortgehen, wirst für immer und ewig auf Ormond Hall bleiben. Sagte ich dir nicht, dass man mir so schnell nichts wegnimmt?" Er sprang auf und schlug die Falltür zu.
Michelle blieb allein in der Dunkelheit. "Danielle?“, fragte sie. "Danielle, wo bist du?" Erleichtert atmete sie auf, als sich ihre Schwester wieder zeigte. Erschöpft lehnte sie sich zurück und schloss die A ugen.
Stunden vergingen. Michelle suchte verzweifelt nach einem Weg, aus dem Verlies zu kommen, aber es gab nichts, worauf sie sich hätte stellen können, um die Falltür zu erreichen. Sie dachte über Kevin nach. Für sie stand fest, dass er an paranoider Eife rsucht litt. Nicht Edward, sein Bruder hätte ständiger Aufsicht bedurft.
Mit einem heftigen Ruck wurde die Falltür ein zweites Mal aufgerissen. Geblendet schloss die junge Frau die Augen. Sie hörte aufgeregte Stimmen. Der Strahl einer starken Lampe traf ihr G esicht.
"Michelle?"
Michelle wollte aufspringen, aber sie war zu schwach dazu. "Roger!“, stieß sie heiser hervor. "Gott sei Dank, Roger." Sie begann, am ganzen Körper zu zittern.
"Wir holen Sie gleich 'raus." Roger Nevins ließ eine Leiter nach unten. Zwei Minuten später stieg er auf ihr ins Verlies.
"Ist mit Miss Bryant alles in Ordnung?“, kam von oben eine Stimme.
"Sind Sie okay?“, fragte Roger besorgt.
Michelle nieste. "Ich glaube schon", erwiderte sie und richtete sich mit seiner Hilfe auf. "Mir ist nur entsetzlich kalt und ich habe Durst." Sie klammerte sich an ihn. "Ich dachte, ich müsste hier unten sterben. Wenn Danielle nicht gewesen wäre, ich wäre verrückt geworden. Danielle ..." Ihr wurde bewusst, dass ihre Schwester nicht mehr bei ihr war.
"Jetzt ist alles gut, Michelle", versicherte der Verleger und nahm sie fest in die Arme. "Außer Danielle hatten Sie noch j emanden, der über Sie wachte. Sie verdanken es Edward, dass wir Sie gefunden haben."
Michelle stieg die Leiter nach oben. Ihre Beine und Hände w aren so steif, dass sie Mühe hatte, die einzelnen Sprossen zu erklimmen, aber Roger Nevins sorgte dafür, dass sie nicht abrutschen konnte. Als sie ihren Kopf durch die Falltür steckte, bemerkte sie, dass sie sich im Turm befand. Der Eingang zum Verlies lag unterhalb der Treppe. Hilfreiche Arme streckten sich ihr entgegen. Jemand legte eine Decke um sie.
Roger kletterte aus dem Verlies. Er hob sie einfach hoch und trug sie zum Haus hinüber. Schweigend machte ihm der Butler Platz, als er durch das Portal trat.
Lady Patricia kam ihnen entgegen. Ihr Gesicht wirkte verweint. "Bringen Sie Miss Bryant in den Salon", sagte sie zu Roger. "Der Kamin ist bereits angeheizt worden. Außerdem habe ich Doktor Hayes verständigt."
"Danke, Lady Ormond", erwiderte Roger und bettete Michelle auf die Couch. Sorgfältig breitete er eine Decke über sie, dann nahm er Mrs. White den heißen Tee ab, den diese auf einem T ablett gebracht hatte, und flößte ihn der jungen Frau Schluck für Schluck ein.
Lady Patricia nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben die Couch. "Es tut mir so leid, Michelle", sagte sie bedrückt. "Wir hatten keine Ahnung, dass Kevin krank ist."
"Ich weiß", flüsterte Michelle und griff nach der Hand der älteren Frau. "Es muss sehr schlimm für Sie sein."
"Ja, das ist es", erwiderte Lady Patricia und ging hi naus.
19.
Es dauerte zwei Tage, bis sich Michelle von ihrem Schock soweit erholt hatte, dass sie eine klare Aussage machen konnte. Man hatte sie in das Krankenhaus der
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