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Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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hatte, dachte Jana Tempel.
    Sechs Tage, die Tote zu identifizieren. War sie nicht längst vermisst gemeldet worden? In der Schweiz hatte man doch alles so gut unter Kontrolle. Therèse sollte ihr die Zeitungen schicken. Sie war sich nicht sicher, ob die treue Alte immer die richtigen Schlüsse zog.
    Um zwanzig nach vier trat Jana Tempel aus dem Aufzug hinaus ins Foyer. Keine neugierigen Blicke. Nicht einmal ihre feuerroten Haare fanden Aufmerksamkeit. Zehn Minuten Zeit noch bis zum Termin mit Gustavs Tochter.
    Schließlich hatte sie vor, die Gastgeberin zu sein. Da gehörte es sich, den anderen zu erwarten.
    O ja. Sie war erwartungsvoll, als sie sich an dem kleinen Tisch in der Wohnhalle niederließ. Dem Besten. Geschützt in der Ecke, doch mit Blick auf die Alster.
    Der Portier hatte ihr erzählt, dass die Polizei noch nicht wusste, wer der Tote vom Alsterufer gewesen war.
    Der Mord an der Rothaarigen aus dem Wallis konnte kein Zufall sein. Dessen war sie sich sicher.
    Sie hätte jetzt gerne Klaviermusik gehabt.
    Jana Tempel blickte zu dem Flügel, an den sich gerade der Pianist setzte, als habe er ihre Gedanken aufgefangen.
    Lara’s Theme. Wie oft fingen sie doch mit dem Titellied aus Dr. Schiwago an. Omar Sharif. Hatten sie und er nicht in Tunis zusammen einen kleinen französischen Film gedreht?
    Jana Tempel lächelte, doch sie war dankbar, als der Pianist die ersten Töne eines anderen Liedes anschlug.
    Das Kind erkannte sie sofort. Die Ähnlichkeit mit Gustav war unverkennbar, doch es war schön, das Kind.
    Hochgewachsen. Das messingblonde Haar lose gesteckt.
    Ein erstklassiges Kostüm. Nur diese Kreolen sahen aus als läse das Kind in einer Jahrmarktsbude aus der Hand.
    Jana Tempel stand auf und ging auf Vera zu.
    Nothing gonna harm you, spielte der Pianist.
    Gustavs skeptisch blickende Augen, dachte Jana Tempel und fühlte sich sicher. Sie würde dieser Vera vertrauen können. Ihr Instinkt hatte sie nicht verlassen.
    Keiner in der Szene hatte den Alten gekannt. Er schien von einem anderen Stern gefallen, in einem verdreckten Anzug von einem teuren Schneider.
    Pit kannte die Obdachlosen als kooperativ, wenn es um einen von ihnen ging. Sonst hatten sie jedoch eine verhängnisvolle Neigung, sich rauszuhalten. Als fürchteten sie, alles solle nur gegen sie verwendet werden. Er hatte selten Menschen erlebt, die so verletzbar waren.
    Die Flasche, mit der der Alte erschlagen worden war, hatten sie anhand letzter kleiner Scherben als Kirschwasser von Ziegler identisieren können. Teuer wie der Anzug.
    Nicht gerade das, was in der Szene konsumiert wurde.
    Pit Gernhardt las den Bericht und dachte, dass er den dritten Corretto besser nicht getrunken hätte. So allein ohne Nick an dessen Küchentisch. Der letzte war nicht einmal mehr ein Corretto gewesen. Eher ein Grappa in der Espressotasse.
    Der Suff des Einsamen.
    Hatte er eine Chance bei Vera? Er glaubte nicht länger ernsthaft daran. Noch immer verbrachte er zu viele Abende vor dem Fernseher, aß irgendeinen Fraß und sehnte sich und traute sich nicht, nach dem Telefon zu greifen.
    „Guck mal auf das Foto. Das geht gleich an die Presse.“
    Pit hatte Jan Kummer nicht einmal kommen gehört. Er war wirklich ein genialer Polizist. Statt mit geschärften Sinnen an seinem Schreibtisch zu sitzen, verlor er sich in trübsinnigen Gedanken. Er sollte aufpassen bei dem Neuen, der war noch ganz gierig und scharf.
    Sah friedlich aus auf dem Foto, der Alte. Gar nicht tot. Eher, als hielte er ein Nickerchen. Vielleicht würde ihn ja jemand erkennen, so lebensnah wie das Foto zu sein schien.
    „Völlig unbeschriebenes Blatt“, sagte Kummer. Er griff in seine Jeanstasche, und Pit wusste, dass er eine kleine Papiertüte hervorziehen würde. Genussstückchen für Gaumen, Geist und Körper. AirmenBeans.
    Viel Koffein drin, um den einsamen Flieger über dem lateinamerikanischen Dschungel nicht müde werden zu lassen. Jan Kummer flog. Wenn auch nur Segelflug über Lübeck und Umgebung.
    „Der hat nicht lange auf der Straße gelebt“, sagte Kummer.
    „Hast du eine Theorie?“
    Kummer hob die Schultern. „Vielleicht war er dement“, sagte er, „irgendwo ausgerissen und in einen Zug nach Hamburg geraten und nicht zurückgefunden.“
    „Dann würde ihn irgendwer vermissen. Ihr habt es doch an alle Stellen gegeben. Oder?“
    „Klar“, sagte Kummer.
    „Kann ich eine Kopie von dem Foto haben?“
    Kummer schob seine flachgekaute AirmenBean zwischen die Zähne, nickte und schluckte

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