Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
dir.“
„Und wenn sie die Geldgeberin wäre?“
„Warum sollte sie?“
Was hatte Jana Tempel zu Vera gesagt? Ich weiß, dass Sie Geld haben, Kind. Doch was immer am Rand da an Kosten entsteht, zahle selbstverständlich ich.
„Sie hat ein Anliegen und genügend Kohle. Wahrscheinlich hat Gustav ihre Gagen für sie angelegt.“
Veras Vater war der seltene Fall von Künstler gewesen, der die Talente eines erfolgreichen Finanzmannes besaß.
Nick nahm den Stieltopf mit der heißen Milch vom Herd und goss sie in zwei gemütlich große Tassen. Geschenke von Vera, die ständig an seinem Haushalt bastelte. In die Tasse für Vera tat er vier Löffel Ovomaltine, in die andere zwei.
Dann war mit dieser Aufbaukost auch Schluss. In seinem Kühlschrank befanden sich noch eine halbvolle Flasche Wodka, zwei Grillsaucen und sechs Gläser Konfitüre.
Er brauchte dringend einen Auftrag.
Die Konfitüren auf karierter Decke im Frühlingslicht waren schon zu Ende fotografiert. Er hoffte nur, dass die Fotos bald abgesegnet wurden, damit er endlich Geld sah. Auch in der Werbung war Voraushonorar ein Fremdwort geworden.
„Könnte es nicht sein, dass die Dame einfach nur hysterisch ist?“, fragte Nick.
„Sie scheint sich sehr sicher zu sein, dass die Tote in den Weinbergen ein versehentliches Opfer war und eigentlich sie getötet werden sollte.“
„Der roten Haare wegen? Habe ich Angst, wenn ein Mann mit den Anfängen einer Stirnglatze umgebracht wird?“
„Sei nicht albern“, sagte Vera.
„Du sollst also die Leute auf ihrer Liste ausfindig machen und zu ihnen gehen?“
Vera hatte gerade einen großen Schluck genommen und versuchte gemeinsam mit der Tasse zu nicken.
Als sie hervorkam, hatte sie ein ähnliches Schnäuzchen wie Nicholas es gestern gehabt hatte.
„Ich nehme an, sie will kundtun, dass sie in der Stadt ist und den Feind sehr wohl kennt“, sagte sie.
„Ich komme mit“, sagte Nick, „auch ohne Geld.“
„Du bist verrückt“, sagte Vera, „versuch doch einfach mal merkantiler zu denken.“
„Warum?“, fragte Nick.
„Um den Kühlschrank vollzukriegen.“
„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“, sagte Nick.
„Wenn du herausfindest, dass sie eine Lustmörderin ist, dann stehen wir dazu“, sagte Vera.
„Magst du sie?“, fragte Nick.
Diese Frage überrumpelte Vera. Hatte sie nicht nach jener ersten Begegnung gedacht, dass ihr diese Frau sympathisch sei? Oder war es nur die Verknüpfung mit ihrem Vater, die Vera das Herz wärmte? Gustav for ever.
Sie musste gar nicht auf Spurensuche gehen. Trat sie nicht ständig auf von ihm ausgetrampelten Pfaden?
Vatertochter. Wer hätte das je so gelebt wie Vera.
„Ich werde sie dir vorstellen. Dann sagst du mir, was du von ihr hältst. Vielleicht sehe ich immer nur Gustav neben ihr, der uns allen den Segen gibt.“
„Kein Wunder, dass du nie einen Kerl für länger gefunden hast.“ Nick knurrte.
„Du vergisst Jef“, sagte Vera.
Jef hatte nicht lange genug gelebt, um den Alltag mit Vera ernsthaft zu testen, dachte Nick. Doch er sagte es nicht.
Er strich Vera über den Arm und ging dann zu dem alten Küchenschrank, um die beiden Glastüren aufzureißen, ob nicht doch noch irgendwo Kekse seien. Er fand eine Tüte Lakritz und legte sie auf den Tisch.
„Du bist ein guter Gastgeber“, sagte Vera.
„Ich nehme den Job“, sagte Nick.
„Hast du noch den Anzug, den wir damals für deinen Auftritt im Atlantic gekauft haben?“
„Natürlich. Beim Trödler kriegst du dafür nichts.“
„Dann machen wir uns fein und suchen Jana Tempel auf.“
„Legt sie so viel Wert auf Garderobe?“
„Sie ist der Typ Göttin“, sagte Vera.
Nick sah an sich hinunter. „Die Garbo ist auch in Hosen und ausgeleierten Pullovern herumgelaufen“, sagte er.
Warum war es sein Schicksal, an kapriziöse Frauen zu geraten. Leo hatte ihn schon überfordert. Dabei war sie keine Göttin, sondern Redakteurin eines Klatschblattes gewesen, bevor sie verschwand, um einen neuen Sinn zu suchen.
„Hast du sie auf das Foto angesprochen?“, fragte Nick.
„Das ernste Kind mit dem Kreuz?“
„Ich dachte an das Abbruchhaus mit Chevrolet.“
Neid, hatte Jana Tempel gesagt, Neid ist ein langsames Gift, doch es kann dich töten, Kind.
„Nein“, sagte Vera, „hab ich nicht angesprochen.“
Konnte es sein, dass die alte Dame sie eingelullt hatte?
Nicht mit Champagner, den sie getrunken hatten. Eher mit den Geschichten aus der Vergangenheit.
Sentimental Journey.
Wer
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