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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Man könnte sie ja auch mit einem Fluch belegen, wenn man ihnen ein beschriebenes Papyrus übergibt. Sie glauben, daß ihre Druiden gegen bösen Zauber geschützt sind.«
    »Weißt du, welcher Druide den Passierschein an sich genommen hat?«
    »Der jüngste von ihnen hat ihn mir am Tor gezeigt, aber es hätte auch jeder andere sein können.« »Dürfen Zivilisten jedes der Lagertore benutzen?« fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nur die Porta praetoria.«
    »Und wer war in jener Nacht der diensthabende Offizier an der Porta praetoria?«
    Er wandte sich an seinen Sekretär. »Gib mir den Dienstplan.«
    Der Sekretär trug eine Rüstung, war also offenbar ein Soldat mit besonderem Auftrag. Er machte sich nicht die Mühe, nach dem Dienstplan zu suchen. »Das war die neunte Nacht nach Vollmond«, sagte er, »also war es der Tribun der Neunten Kohorte.«
    »Das ist Publius Aurelius Cotta«, ließ Paterculus mich wissen.
    »Hat er die ganze Nacht am Tor Dienst getan?«
    Paterculus sah mich an, als hätte ich ihn tödlich beleidigt.
    »Kein Wachoffizier verläßt seinen Posten, bis er ordentlich abgelöst wird. Wenn doch, würde ich persönlich dafür sorgen, daß er vor der gesamten Armee enthauptet wird, egal, was für einen alten und ruhmreichen Namen er tragen mag!« Offenbar war ich auf das empfindliche Hühnerauge seiner Autorität getreten.
    »Sehr gut, Präfekt. Weiter so.« Ich drehte mich zackig um und schritt aus dem Zelt. Dabei stellte ich mir vor, wie er hinter mir vor Wut kochte.
    Während ich mich auf die Suche nach Aurelius Cotta machte, sinnierte ich über die Merkwürdigkeiten des Militärs. Soldaten konnten problemlos über brutale Grausamkeiten und massive Verrohung hinweg sehen, sich jedoch gleichzeitig über minimale Verstöße gegen Disziplin und Ordnung maßlos ereifern. Für einen Centurio auf Inspektionsgang war ein Rostfleck auf einer Schwertklinge oder ein loser Stiefelriemen praktisch gleichbedeutend mit einer militärischen Niederlage: Beides durfte nicht geschehen und mußte deswegen bestraft werden. Über beides konnte er sich gleichermaßen aufregen. Und derselbe Centurio konnte zusehen, wie seine Soldaten ein feindliches Dorf einnahmen, alles niedermetzelten, vergewaltigten und zerstörten, und das Ganze mit einem Spruch wie »daß die Jungs nur ein bißchen über die Stränge schlugen«
    kommentieren. Der fundamentale Unterschied zwischen einer militärischen und einer zivilen Geisteshaltung liegt meines Erachtens in einem völlig voneinander abweichenden Sinn für Maß und Proportion.
    Ich fand ein paar Tribunen, die sich unter einem Unterstand bei den Ställen die Zeit mit Würfeln vertrieben. Als von der centurionischen Versammlung gewählte Offiziere hatten sie das Privileg, ihre eigenen Pferde mit ins Feld nehmen zu dürfen, so daß sie die Ställe als Teil ihres Territoriums begriffen. Ihre momentane Beschäftigung war typisch für Tribunen, denen es meistens an sinnvollen Pflichten mangelt. Im übrigen bin ich der Meinung, daß man das Leben aller Soldaten beträchtlich erleichtern würde, wenn man einfach sämtliche Würfel aus einem Legionärslager verbannen würde.
    Ich schlich mich von hinten an meinen Vetter Knubbel an und stieß ihn mit meinem Zeh an. »Wo sind die Hundert, die du mir schuldest?« Es war meine obligate Begrüßungsformel geworden.
    »Meinst du, ich würde versuchen, mir ein bißchen Trinkgeld zu erspielen, wenn ich reich wäre?« knurrte er. »Außerdem hat kein Mann, dem man dieses germanische Weibsstück geschenkt hat, irgendeinen Grund zur Klage.«
    »Ich sag' dir was«, schlug ich vor. »Du gibst mir diese Hundert und kannst dafür noch Molon haben.«
    »Ich würde mein Pferd und meinen persönlichen Sklaven gegen das germanische Mädchen eintauschen.«
    »Vielleicht wird dein geschäftlicher Scharfsinn der Familie eines Tages doch noch etwas nutzen. Ich suche Aurelius Cotta.
    Hat ihn jemand gesehen?« Einer der Tribunen blickte von den Würfeln auf. »Ich habe ihn vor einer Weile beim Waffenschmied gesehen.«
    »Danke.« Ich wandte mich zum Gehen. Knubbel erhob sich und schloß sich mir an.
    »Hör mal, Decius«, begann er zögernd, »ich weiß, daß Caesar dich zum Ermittler ernannt hat, aber das war doch nur reine Formsache, meinst du nicht auch? So wie ein Praetor in einem belanglosen Fall einen Judex ernennt, um der verfassungsgemäßen Form Rechnung zu tragen.«
    »Knubbel, ich weiß, daß du mir auf deine ermüdende Art etwas mitteilen willst.

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