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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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genauso wenig, daß Vinius von den Männern dieses Contuberniums ermordet wurde, wie ich diese Centurie in irgendeiner Weise für seinen Tod verantwortlich mache. Ich bin mir sicher, daß Vinius sein eigenes Ende herbei geführt und auch vollauf verdient hat. Doch das muß ich erst einmal beweisen. Caesar persönlich hat mich mit diesen Ermittlungen betraut, und ich habe das Recht, jeden innerhalb seines Imperiums zu befragen. Wenn ihr etwas dagegen habt, könnt ihr euch bei seiner Rückkehr bei ihm beschweren. Aber ich an eurer Stelle würde in ihm keinen verständnisvollen Zuhörer erwarten.«
    Das schien sie ein wenig zu ernüchtern, während ich mir gleichzeitig klarmachte, das sie verängstigte Männer waren. Die römischen Soldaten sind die besten der Welt und tapfer wie die Löwen, aber das hat sehr viel damit zu tun, daß sie sich mit ihren Legionen und Adlern identifizieren können. Ein Soldat, der von seiner Legion getrennt wird, ist ein Niemand. Ich war bloß das naheliegende Opfer ihrer Wut. Auf eine verdrehte, aber nachvollziehbare Art nahmen sie es Burrus und seinen Kameraden übel, daß die sich nicht zum Wohle der anderen einfach hinrichten ließen.
    Der barsche Optio brachte sogar ein kaum wahrnehmbares Lächeln zustande. »In Ordnung, Hauptmann, schon gut. Was willst du wissen?«
    »Meines Wissens wurde Vinius in jener Nacht zuletzt bei einer Verhandlung mit einigen Einheimischen in Caesars Zelt gesehen, die auf Urteile in diversen Bodenstreitigkeiten drängten. Das war direkt nach der Abendparade. Hat einer von euch ihn danach noch gesehen?«
    »Du weißt, daß wir in jener Nacht Wachdienst am Nordwall hatten«, sagte Vehilius. »Wir sind direkt nach der Parade losmarschiert, um unsere Posten zu beziehen.«
    »Die ganze Centurie?«
    »Ja. Die Verdoppelung der Wachen bedeutet, daß jedesmal zwei ganze Centurien abgelöst werden, und ich bin für die Erste verantwortlich.«
    »Und Vinius hat die Wachposten nie inspiziert?« fragte ich.
    »Nur äußerst selten«, antwortete der Optio und bestätigte damit, was ich bereits gehört hatte. »Wenn er überhaupt Kontrollgänge machte, dann zum Ende eines Dienstes, um die Wachen schlafend zu ertappen.«
    »Und daß das nicht passieren würde, wußte er«, bemerkte ein Decurio, »bei all dem Lärm, den die Barbaren gemacht haben.«
    Ich spürte, daß hier irgend etwas nicht zusammenpaßte, aber ich konnte nicht sagen, was. Vielleicht dachte ich einfach zu unmilitärisch, um den Widerspruch zu entdecken.
    »Dann war da noch sein merkwürdiger Aufzug«, bemerkte ich. »Hat irgend jemand von euch ihn jemals in einer groben, dunklen Tunika gesehen?«
    »Die Centurionen der Zehnten tragen weiße Tuniken, wie du bemerkt haben wirst«, sagte der Optio.
    »In Ausübung ihres regulären Dienstes gewiß«, bestätigte ich.
    »Aber möglicherweise war Vinius in der betreffenden Nacht in einer Spähmission unterwegs. Das habe ich in Spanien auch getan und aus naheliegenden Gründen dunkle Kleidung und keine Waffen getragen.«
    »Dann mußt du Offizier bei den Luxilia gewesen sein«, stellte Vehilius zutreffend fest. »Jede Legion, von der ich je gehört habe, setzt für solche Aufgaben die Kavallerie und Späher ein.
    Das ist nur vernünftig - ein Mann, der jahrelang in voller Legionärsmontur herumgetrampelt ist, wird sich schwer tun, geräuschlos durchs Dunkel zu huschen. So etwas hätte Titus Vinius nie gemacht.«
    Wieder eine Sackgasse. Ich wagte es nicht, diese Männer nach Vinius' überraschendem Reichtum zu fragen. Trotz ihrer Isolierung würde sich die Neuigkeit binnen weniger Stunden im ganzen Lager verbreitet haben.
    »Wenn du wissen willst, was er in jener Nacht gemacht hat«, sagte ein Decurio, »warum fragst du nicht seinen häßlichen Sklaven, diesen Molon? Er ist eine verlogene kleine Schlange wie alle Sklaven, aber wenn du ihn eine Weile auspeitschst oder seine Fußsohlen mit einem glühenden Eisen bearbeitest, erzählt er dir vielleicht, was du wissen mußt.«
    Dieser Rat war Ausdruck des allgemeinen römischen Glaubens, daß Sklaven hartnäckige Lügner seien. Selbst unsere Gerichte ließen nur Zeugenaussagen von Sklaven zu, die vorher gefoltert worden waren, weil man annahm, daß nur die Folter einen Sklaven dazu bewegen konnte, die Wahrheit zu sagen. Ich habe die Logik dieses weitverbreiteten Vorurteils nie begriffen, weil meiner Erfahrung nach niemand, weder Sklave noch Freier, die Wahrheit sagt, wenn er auch nur den geringsten Vorteil in einer

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