Tod eines Holländers
«
»Einer m ei n er Jungs, jawohl . «
»Ich habe es nicht vergessen. Ich hatte bloß gedacht, daß Sie es gern erfahren würden… i ch m eine, daß Sie recht hatten . «
» Jawohl. Vielen Dank, Herr Leutnant . «
»Ich brauche Sie m orgen. Wir m achen mit der Überprüfung der Hotels dort weiter, wo wir aufgehört haben. Wir neh m en an, daß sie ihren alten Reisepaß i n einem Hotel benutzt hat, in dem keine Fragen ges t ellt werden – Sonntagnacht m uß sie ja irgendwo geblieben sein . «
» Hieß sie wirklich Simmons ? «
» Ja. Geborene Lewis, verheiratete Sim m ons – wieso?
Haben Sie irgendeine Ver m utung, die uns weiterbringen würde ? «
» Sie ist in der Pensione Giulia abgestiegen. Ihre Paßnu mm er stand im M elderegister, aber nicht das Ausstellungsdatu m . Ich wollte es heute nach m ittag überprüfen, aber dann…«
Nachdem d er Leutnant sich verabschiedet ha t te, stellte d er Wachtm e ister fest, daß er sich etwas besser fühl t e. Wahrscheinlich lag es einfach daran, daß er m i t jemandem gesprochen, für eine Weile das Schweigen gebrochen hatte. Nicht daß es ihm besser ging, weil er recht hatte. Er fühlte sich nicht m ehr im Recht als vorher, bloß einsa m er.
Dennoch brachte er sich dazu, unter die Dusche zu gehen. Sobald er im P y ja m a dastand, war er fest überzeugt, daß es ihm völlig nor m a l ging und daß er alles im Griff hatte.
Tatsächlich hatte er das Licht im Bü r o brennen lassen. Er hatte völlig vergessen, daß er nichts gegessen hatte. Und noch e t was anderes hatte er vergessen.
Das Telefon klingelte wieder.
»Wer m ag das denn dies m al sein ? «
Im P y jama ging er ins Büro hinüber und stellte erstaunt fest, daß das Licht noch an war.
» Ja, bitte ? «
» Salva! Was ist los? Ich warte schon fast eine Stunde ! «
Es war Donnerstag. Er hatte seine Frau nicht angerufen, die d i e ganze Zeit im Haus des Pfarrers gewartet haben m ußte.
»Teresa… Entschuldige…«
Wie sollte er es ihr erklären, wo anfangen. »Hast du die Nachrichten nicht gesehen ? «
» Nein, natürlich nicht. Ich war auf dem Weg hierher. Hast du einen Unfall gehabt, Salva ? «
» Nein, nein, alles in Ordnung. Einer m einer Jungs…«
Nachdem er ihr alles erz ä hlt hatte, sagte sie: »Es ist doch nicht deine Schuld ! «
» Natürlich nicht « , log er, dachte aber, wenn i ch doch nur hiergeblieben wäre!
Um ihn abzulenken, sagte sie: » Die Jungen sind schon so aufgeregt… sie wollen s i ch einen neuen Ball kaufen!«
»Ich bringe ihnen einen m i t… Hör m al, wegen Mam m a . «
Die Ferien hatten ihn an Signora Giusti erinnert. » Wenn du diese Idee m i t dem Krankenhaus gut findest… also, du bist schließlich diejenige, die die ganze Arbeit am Hals hat… und du m ußt dich mal erholen…«
» Ach, ich hab ' s ganz vergessen! Bei dieser entsetzlichen Geschichte, die du m ir gerade erzählt hast… Nunziata hat mit ihrem Chef gesprochen, nachdem ich ihr erzählt hatte, daß d u gegen die Idee m it dem Krankenhaus bist… natürlich konnte er nichts m ac h en, denn alle hatten ihre Urlaubster m ine sc h on festgelegt. Jedenfalls, sie war ziemlich erregt, und i ch glaube, s i e hat sogar geweint, naja, schließlich war es ja ein Versprechen. Jedenfalls, nach einer Weile kam eine Frau in das Büro, die sofort Urlaub haben wollte statt erst i m Au g ust. Stell dir vor! Eine Frau, deren Kind ins Krankenhaus m ußte… Alles hat seine guten Seiten… Also, da Nunz i ata alles m itgekriegt hat, konnte er gar nicht anders, als ihr im August Urlaub zu geben… Du siehst also, du hattest recht. Es war doch gut, zu warten, ganz wie du gesagt hast.«
Warum deprimierte ihn dieser neuerliche Hinweis darauf, daß er recht hatte, nur noch m ehr? Aus irgendeinem Grund dachte er an das Neugeborene, das irgendwo in einem A m sterda m er Krankenhaus in einem dieser Metallbettchen liegen m ußte. Würde es die Begabung seines Vaters erben? Welchen Unterschied konnte es denn für seinen tragischen Start ins Leben m ac h en, wenn irgendein na m enl o ser italienischer Polizeibeamter in der Frage, was m i t seinem Vater geschehen war, recht gehabt hatte? Der Wachtmeister spürte, daß er seine Niedergeschlagenheit an seine Frau weitergab. Um sie abzulenken, erzählte er ihr, so kurz es ging, von der Sache m i t dem Holländer, von dem Ring, von der bösen Schwester. Es k l ang nicht nur weit en t fernt, sondern geradezu exotisch. Aber es funktionierte, seine Frau hörte gebannt zu.
» Du
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