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Tod eines Holländers

Tod eines Holländers

Titel: Tod eines Holländers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Einsilbern, auf die sie n i cht reagierten, erklären m üssen, daß sie sich bei einem Tabakhä n dler eine carta bollata besorgen sollten, jenes Ste m pelpapier, das für den Behördenverkehr verwendet werden m uß. Als sie schließlich mit dem Papier zurückkamen, schwitzend und wütend, da sie sich mit drei Barbesitzern gestritten hatten, die keine Ste m pel- und Tabaklizenz besaßen, m ußte er es für sie ausfüllen, wobei er ihnen jede kleine Angabe per Zeichensprache m ühsam aus der Nase zog. Als m an eine Stunde spä t er bei der Beschreibung der gestohlenen Pocket- Ka m era angelangt war, verkündeten sie plötzlich, der Diebstahl sei tags zuvor in Pisa passiert. Der Wachtmeister warf den Stift m i t rot angelaufenem Gesicht hin und drehte sich u m , erfreut, daß Lorenzini ihn ansprach.
    »Worum ge ht ' s denn ? «
    » S ignora Giusti, Herr Wachtmeister.«
    » Schon wieder ? «
    So war es imme r : m a n ch m al hörte m an sechs oder sieben Wochen lang nichts von i hr, dann rief sie täglich an. Einmal hatte sie im Laufe eines Tages sechs m al angerufen, und stets m it einer plausiblen Geschichte. Falls sie aber nur ein einziges Mal der Sache nicht nachgingen und der Frau etwas zustieß, würde ein Aufschrei durch die Presse gehen: »Einundneunzigjährige stirbt vereinsamt. Polizei ignoriert ihren Hilferuf.«
    » Soll ich zu ihr gehen ? «
    » Ja, wär vielleicht besser…, nein, warten Sie. Sie können doch ein bißchen Englisch, stim m t 's ? «
    »Ein bißchen. Nicht sehr gut, aber m i t den beiden m üßte ich schon fertig werden…«
    » Dann erklären Sie ihnen, daß sie den Diebstahl in Pisa hätten m elden m üssen. Sie haben m ich den ganzen Vor m ittag hier festgehalten, und ich habe noch im m er nic h t meine Hotelrunde ge m acht. Ich werde auf dem Rückweg selbst bei Signora G i usti vorbeischauen…«
    Eilig zog er sich die Jacke an, nahm die Uniform m ütze vom Haken und t rat hinaus. Er schä m te sich ein wenig, daß er den Jungen m it den beiden A m erika n ern alleingelassen hatte – bestimmt waren sie jetzt e m pört darüber, m it einem Rangniederen vorlieb neh m en zu m ü ssen –, wenn er aber ein paar Worte Englisch sprach, würde sie das vielleicht m ilder stimmen. Als er im steinernen Gewölbegang unter der großen sch m iedeeisernen Laterne stehenblieb, um seine Sonnenbrille aufzusetzen, konnte er jedoch deutlich die Stimme des A m erikaners hören: »Weil wir einen Tagesausflug dorthin ge m ac h t hatten. Warum sollten wir das bißchen Zeit, das uns blieb, auf dem Polizeire v ier totschlagen? Wir wohnen hier gegenüber – also, ich begreife nicht, warum wir den ganzen Vor m itt a g hier vertrödeln m üssen.«
    Und die ganze Zeit über das Gejammer seiner Frau: » Vielleicht haben wir sie im Bus liegengelassen…«
    Der Wacht m eister s c hüttelte d e n Kopf über diesen hoffnungslosen Fall, auch wenn er kein einziges Wort verstand.
    Es war Juli, und der abschüssige Platz vor dem Palazzo Pitti war vollgestellt m i t bunten Reisebussen, über denen die Luft flimmerte. Wenn er zwischen ihnen hinunterging, würde das Blut in seinen Adern bald zu kochen beginnen. Statt dessen ging er direkt am Palazzo entlang, bei den Ansichtskartenverkäufern vorbei und an dem Karren des Mannes, der Eis verkaufte, das träge zu sch m elzen begann, noch ehe der Kunde bezahlt hatte. Er sah zwei Japanerinnen, die sich, an ihren Eistüten leckend und schnell sprechend, von dem Ei s m ann entfernten, und blieb stehen, um einem der Mädchen auf die Schulter zu tippen. Beide drehten sich um und schauten zu dem dicken Polizisten m i t Sonnenbrille hoch, der ihnen wortlos den Reiseführer aushänd i gte, den sie auf dem Eiswagen liegengelassen hatten.
    Sicher hätten sie beschlossen, ihn erst in Mailand als gestohlen zu m elden, d achte der Wachtm e ister grimmig.
    Am anderen Ende des Vorplatzes, dort, wo die hohe Mauer etwas Schat t en spendete, ging er zur Straße hinunter, drängte sich durch eine wartende Autoschlange auf die andere Seite. Einige Fahrer hupten und stöhn t en, doch bei der drückenden Hitze hat t e niemand Lust, auszusteigen und sich m i t jemandem anzulegen.
    Der Wachtmeister trottete ge m ächlich von Hotel zu Hotel, bewegte dabei die A r m e wie ein ü b ergewichtiger Westernheld und warf e i nen unauffälligen Blick in jedes geparkte Auto, an dem er vorbeikam, in Autos m it anderen als Florentiner Kennzeichen einen etwas längeren Blick. Täglich außer donnerstags, an diesem

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