Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
hast du das erraten? Wer weiß, was da wirklich vorgeht. Mama hat Situationen immer genossen, in denen alle anderen durchdrehten, während sie sie einfach glauben ließ, was sie wollten.«
    »Aber nicht, wenn es um diesen Drecksack Anacrites geht!«
    »Je nun.« Ich versuchte es philosophisch zu betrachten. »Er hat sich schon eine ganze Weile zu gut benommen. Wurde Zeit, dass er mal wieder was für ihn Typisches macht.«
    »Wie deine Mutter zu bumsen?«, höhnte Papa derb. »Das ist abstoßend …« Plötzlich fiel ihm eine gute Ausrede für sein eigenes aufgeblasenes Getue ein. »Ich denke an meine Enkelkinder, besonders die kleine Julia. Sie hat Verbindung zum Senat, und es geht nicht, dass ihr guter kleiner Ruf durch einen Skandal beschmutzt wird.«
    »Lass meine Tochter da raus. Ich kann Julia Junilla allein beschützen, falls es je nötig sein sollte.«
    »Du kannst doch nicht mal einen Furz beschützen«, sagte Papa auf seine übliche liebevolle Weise. Er reckte den Hals, suchte mich nach blauen Flecken ab. »Wie ich höre, bist du gestern Nacht mal wieder verprügelt worden?«
    »Du meinst, ich habe Petronius Longus das Leben gerettet, bin selbst am Leben geblieben und habe Rom von einem brutalen Stück Dreck in der Größe eines kleinen Hauses befreit.«
    »Werd endlich erwachsen, mein Sohn.«
    »Du musst gerade reden! Nachdem du vor fünfundzwanzig Jahren abgehauen bist und nach all den Flittchen, die du davor und seitdem ins Bett gezerrt hast, ist es geradezu grotesk, dass du heute ankommst und Mama Vorhaltungen machen willst.«
    »Es ist mir egal, was du denkst.« Er leerte seinen Becher in einem Schluck. Ich war drauf und dran, es ihm nachzutun, machte dann aber langsam und setzte den Becher mit einer eleganten Bewegung ab, um nicht wie mein Vater zu wirken. Der Rücksichtsvolle, Gemäßigte in der Familie. (Der unerträgliche, aber gutmütige Nichtsnutz, würde mein Vater sagen.) Ich stand auf. »Na gut, jetzt habe ich mich mit meinen beiden Eltern gestritten. Das reicht mir für einen Tag. Ich gehe.« Papa war sogar noch schneller als ich aufgesprungen. Ich wurde nervös. »Was hast du vor?«
    »Ich werde die Sache jetzt regeln.«
    »Sei doch nicht so blöd!« Der Gedanken, dass er Mama gegenüber das Thema anschneiden würde, war so gruselig, dass mir fast der Wein wieder hochkam. »Hab ein bisschen Selbstachtung. Oder denk zumindest an Selbsterhaltung. Sie wird es dir nicht danken.«
    »Sie wird es gar nicht mitkriegen«, kam seine Erwiderung. »Ihr Freund hat ja wohl regelmäßige Bürostunden und wird sich garantiert nicht draußen rumtreiben, wo er Risiken eingehen müsste. Der doch nicht. Er wird ein hübsches kühles Plätzchen haben, in dem er sich verstecken kann. Und da wird’s gleich heißer werden, als ihm lieb ist. Auf Wiedersehen, mein Junge. Hab keine Zeit mehr, hier rumzutrödeln.«
    Als Geminus davonstürmte, blieb mir keine andere Wahl. Ich bezahlte für uns beide und hoppelte ihm dann in sicherem Abstand hinterher.
     
    Ich hatte mich eigentlich für einen Experten des Palastzeremoniells gehalten. Vespasian glaubte an seinem Hof ein neues Zugangssystem eingeführt zu haben. Der Kaiser erlaubte jedem, der eine Petition einreichen oder eine verrückte Idee vortragen wollte, ihn aufzusuchen, ja, er hatte sogar die alte Praxis abgeschafft, alle Bittsteller nach Waffen durchsuchen zu lassen. Natürlich war das Resultat dieser lässigen Einstellung, dass Kammerherren und Wachen hinter seinem Rücken schier hysterisch wurden. An den angeblich entspannten Ordnungskräften vorbeizukommen, die jetzt den Palatin führten, konnte Stunden dauern.
    Ich kannte ein paar Leute, die hier arbeiteten, und hatte auch diverse Passierscheine behalten, die mir während offizieller Missionen ausgestellt worden waren. Doch als ich das Büro erreichte, wo sich Anacrites verborgen hielt, hatte Papa es trotzdem geschafft, schon vor mir da zu sein. Das Büro des Oberspions lag in einem dämmrigen, nicht gerade viel versprechenden Korridor, an dem sonst nur abwesende Revisoren untergebracht waren. Offene Türen führten in staubige Räume mit unbesetzten Schreiberbänken und gelegentlich hier abgestellten alten Thronsesseln. Die Tür zu Anacrites’ Büro war normalerweise geschlossen, damit niemand sah, wenn er einnickte, während er darauf wartete, dass sich seine lustlosen Laufburschen zum Dienst meldeten.
    Er besaß einen gefährlichen Status. Offiziell war er von der Prätorianergarde abgestellt, obwohl die

Weitere Kostenlose Bücher