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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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meiner Macht steht.«
    »Du brauchst dich deswegen nicht anzustrengen. Und du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen«, verkündete Mama theatralisch. Das war typisch. Ja, ich hätte es ständig wieder um die Ohren gekriegt, wenn ich sie mit ihrer Besorgnis allein gelassen hätte. Höflich erwiderte ich, dass es mir überhaupt nichts ausmache. Ich war ein pflichtbewusster Junge, der seine Mutter liebte, und würde gerne meine Zeit damit verbringen, mich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Mama grunzte nur verächtlich.
    Das hätte der Moment sein können, die Gerüchte über Anacrites’ zu große Anhänglichkeit als Mieter zu erwähnen. Mein Mut ließ mich in Stich.
    Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Mutter und der Spion miteinander geschlafen hatten. Sie hatte ihn gepflegt, als er todkrank war. Dabei musste es zu intimem körperlichen Kontakt gekommen sein, aber das war doch wohl etwas anderes als eine Affäre zu haben. Mama und er im Bett? Niemals! Nicht nur, weil sie viel älter war als er. Vielleicht wollte ich mir meine Mutter nur nicht mit irgendjemand im Bett vorstellen …
    »Woran denkst du, mein Sohn?« Mama hatte meine Nachdenklichkeit bemerkt, etwas, das sie schon immer als gefährlich betrachtet hatte. Die traditionellen römischen Werte schließen Philosophie explizit aus. Brave Jungs träumen nicht. Gute Mütter lassen das nicht zu. Sie holte aus. Und aus langer Erfahrung duckte ich mich gerade noch rechtzeitig. Es gelang mir, nicht vom Hocker zu fallen. Ihre Hand fuhr durch meine Locken, knapp an meinem Kopf vorbei. »Raus mit der Sprache!«
    »Ich hab vor kurzem ein paar Gerüchte gehört …«
    Mama fuhr hoch. »Was für Gerüchte?«
    »Nur so einen Blödsinn.«
    »Was für Blödsinn?«
    »Nicht der Rede wert.«
    »Aber genug, um darüber nachzudenken, bis du dieses blöde Grinsen im Gesicht hast!«
    »Wer grinst?« Ich kam mir wie ein Dreijähriger vor. Das Gefühl wurde bestätigt, als meine Mutter mein Ohr packte, mit einem festen Griff, den ich nur zu gut kannte.
    »Wovon sprichst du eigentlich?«, herrschte sie mich an. Ich wünschte, ich würde wieder gegen Bos kämpfen.
    »Die Leute kommen auf falsche Gedanken.« Es gelang mir, mich loszumachen. »Hör zu, es geht mich nichts an …« Der Medusablick meiner Mutter sagte mir, dass das wahrscheinlich stimmte. »Ich hab nur zufällig gehört, dass jemand andeutete – offensichtlich ein lächerliches Missverständnis –, du hättest dich mit einer gewissen männlichen Person eingelassen, die manchmal hierher kommt …«
    Meine Mutter sprang von ihrem Stuhl auf.
    Ich wich ihr aus und eilte zur Tür, mehr als froh, in Ungnade zu verschwinden. Nachdem die Tür als sicherer Fluchtweg geöffnet war, drehte ich mich um und entschuldigte mich.
    Mama sagte steif: »Ich wäre dir dankbar – und auch diesen Wichtigtuern, die den Klatsch über mich verbreitet haben –, wenn ihr eure Nasen nicht in meine Angelegenheiten steckt.«
    »Tut mir Leid, Mama. Natürlich hab ich nie daran geglaubt …«
    Sie reckte das Kinn und sah mich an, als hätte es gerade jemand gewagt, mit den Stiefeln voll dampfender Kuhscheiße über ihren frisch geputzten Boden zu latschen. »Wenn ich in meinen letzten Jahren ein bisschen Trost finden möchte, steht mir das doch sicherlich zu.«
    »Aber ja, Mama.« Ich bemühte mich, nicht schockiert auszusehen.
    »Falls ich einen Freund haben sollte, der mir etwas bedeutet«, erklärte Mama nachdrücklich, »und vorausgesetzt, ich würde zu glauben wagen, dass mir erlaubt würde, damit durchzukommen – dann könnten sich du und deine hehren Schwestern darauf verlassen, dass ich diskret vorgehe.« Also hatte sie erraten, dass eine meiner Schwestern die Geschichte verbreitete. Ich sollte besser Junia warnen und ihr vorschlagen, Italien zu verlassen.
    »Tut mir Leid, Mama …«
    »Das wenigste, was ich im Gegenzug erwarten würde, ist ein gewisses Maß an Privatsphäre!«
    Große Götter. Als Widerlegung war das viel schwächer, als ich zu hören gehofft hatte. »Ja, Mama.«
    »Ich bin noch nicht völlig senil, Marcus! Ich hatte meine Chancen.«
    »Du bist eine feine Frau«, versicherte ich ihr, unabsichtlich Aristagoras nachahmend. »Du kannst tun und lassen, was du willst …«
    »Oh, das werde ich!«, stimmte meine Mutter mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen zu.
     
    Als ich langsam auf die Straße zurückkehrte, fühlte ich mich erschöpft, obwohl ich heute Morgen fast nichts getan hatte. Ja, ich fühlte mich, als

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