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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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weiteren an seinen Hüften verknotet war. Das hinzukriegen musste einige Zeit gedauert haben. Aber Selbstmörder verbringen manchmal Stunden damit, sich ordentlich vorzubereiten.
    »Hast du mal so einen hochgehoben?«, fragte Fusculus und zeigte auf die Ziegel.
    »Die sind ganz schön schwer«, stimmte ich zu. Wenn so ein Dachziegel aus entsprechender Höhe runterfiel, konnte er einen Menschen töten. Viele Wirbelsäulen sind durch das Anheben von Dachdeckertragmulden für immer beschädigt worden. »Was meinst du?«
    »Alles ziemlich merkwürdig, das stimmt schon. Wenn man nicht zu genau darüber nachdenkt, sieht es aus, als hätte er dafür sorgen wollen, richtig zu fallen, sicherzugehen, dass das Gewicht ihn beim Springen nach unten zog, damit ihm das Seil das Genick brach.«
    Petronius versuchte den Kopf des Historikers zu bewegen, um zu sehen, ob das Genick gebrochen war, aber die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt. »Holt Scythax, um das zu überprüfen, ja?« Scythax war der Arzt der Kohorte. Er untersuchte sowohl die Verwundeten als auch die Toten und verarztete alles, was möglich war. Er wirkte stets mürrisch und hatte meinem Gefühl nach mehr für die Toten übrig. »Manchmal klappt das Erhängen nicht. Vielleicht wollte Avenius ganz sichergehen und hat deswegen diese komplizierten Vorkehrungen getroffen.«
    »Aber«, sagte ich und beugte mich über die niedrige Mauer, um den Todesort zu sehen, »es kann ihm nicht leicht gefallen sein, mit all dem Gewicht über diese Brüstung zu klettern.«
    »Verzweifelte Menschen können einen in Erstaunen versetzen. Wäre es vollkommen unmöglich gewesen?«, fragte Petro.
    »Um dort hinzukommen, wo wir ihn gefunden haben«, erwiderte Fusculus, »muss er erst rübergeklettert sein, sich irgendwo angeklammert haben, ohne sich mit den Füßen richtig abstützen zu können, und trotzdem eine Hand zum Festbinden des Stricks frei gehabt haben.«
    »Willst du selbst rüberklettern und es vorführen?«
    »Nein, danke! Man kann den Befestigungspunkt nicht richtig erreichen, bevor man über die Brüstung gestiegen ist. Aber sobald er drüber war, mit so viel Gewicht belastet, wäre es völlig unmöglich gewesen, die Schlinge an dem Kragstein zu befestigen.«
    »Demnach hatte er Hilfe?«, meinte Petro.
    »Hilfe – ob er sie wollte oder nicht«, bestätigte ich düster.
    Also ermordet.
    Ich kniete mich neben die Leiche und entdeckte einen nur schwach erkennbaren Fleck auf seiner Stirn; vermutlich war Avenius niedergeschlagen worden. »Verbreitet, dass wir die Sache als Selbstmord einstufen.«
    Alle nickten.
    »Was ist mit der Korrespondenz?«
    Fusculus reichte mir ein Dokument. Es war ein Brief an Avenius von seiner Mutter, offenbar eine ältere und gebrechliche Witwe, die sich Sorgen darüber machte, was mit dem Haus geschehen würde, in dem sie lebte. Sie hatte Angst, es zu verlieren. Ich hatte Lucrio gefragt, welche Sicherheit Avenius ihm für den Bankkredit geboten hatte, aber Lucrio hatte mir das nicht mitgeteilt. Jetzt kannte ich die Antwort.
    Wir konnten hier nichts mehr tun. Petronius gab Anordnungen, die Leiche abzutransportieren. Jemand musste der alten Dame Bescheid geben, dass sie jetzt noch mehr Sorgen hatte.
    »Warum«, fragte ich, immer noch verwirrt, »haben sie ihn erhängt? Es wäre doch genauso überzeugend gewesen, wenn sie ihm die Gewichte umgehängt und ihn damit in den Fluss geworfen hätten. Auch das hätte wie ein sehr entschlossener Selbstmord aussehen können.«
    »Jemand wollte dafür sorgen, dass die Leiche gut sichtbar ist«, entschied Petro. »Sie sollte gefunden werden – und das schnell.«
    »Und noch etwas Schlimmeres.« Ich verfolgte den Gedanken bis zum Ende. »Über die Sache soll geredet werden. Es ist eine Warnung an andere.«
    »Eine Warnung von wem, Falco?«
    Ich sah nur eine Möglichkeit. Es kam mir so vor, als wären wir gerade auf einen weiteren merkwürdigen Brauch des Bankgewerbes gestoßen, wobei ich allerdings nicht wusste, ob dies die traditionelle Bestrafung für säumige Zahler oder eine ernsthaftere Drohung an Zahlungsunfähige war.
    Ich machte mich auf den Weg zu Lucrio.

XXXVI
     
     
    Der Janus Medius ist ein offener Durchgang am Ende des Portikus Aemilius. Anacrites hatte mir gesagt, dass er sich hier mit dem Freigelassenen traf, wenn er Geschäftliches mit ihm zu besprechen hatte. Und natürlich sorgten die Parzen in ihrer Freundlichkeit dafür, dass mir hier nicht als Erstes Lucrio, sondern Anacrites selbst über den

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