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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Privatpatientin bei seiner nichts ahnenden Sekretärin einen Termin besorgt. Nun saß ich ihm in einer schicken modernen Praxis in der Baden-Badener Stadtklinik gegenüber, die eher an ein schön gelegenes Hotel als an ein Krankenhaus erinnerte. Im Eingangsbereich gab es neben dem üblichen Kiosk mit Zeitschriften und Süßigkeiten sogar einen Laden für Freizeitkleidung.
    Man kann sich kaum vorstellen, dass der Tod in diesen Hallen Zutritt fand. Und doch mussten auch hier wohl gelegentlich Leute sterben.
    Hellali saß mir gegenüber, den üblichen sphinxartigen Ausdruck im Gesicht. Seine braunen Hände mit Leberflecken hatte er zwar gefaltet, doch zuckten sie und verrieten Ungeduld oder Nervosität.
    »Herr Dr. Hellali, ich gebe es offen zu: Ich war auf der Suche nach Friederikes richtigem Vater. Aufgrund bestimmter Kombinationen hatte ich auch Sie im Verdacht, obwohl die arme Frau offen gestanden wenig Ähnlichkeit mit Ihnen aufwies. Aber manchmal geht die Natur seltsame Wege. Ich habe blondes Haar, und meine Mamma war fast schwarz.«
    Hellali sah auf seine Uhr. Breitling. Navitimer. Mindestens viertausend Euro. Weibliche Befindlichkeitsstörungen schienen sich zu lohnen in diesem Land.
    »Ich habe Sie inzwischen ausgeklammert. Sie haben offenbar ein Alibi.«
    Er zog verärgert die Augenbrauen hoch.
    »Aber ich glaube, Sie wissen mehr. War Marianne Grüber nach ihrer Entbindung bei Ihnen? Hat sie Ihnen den Namen des Vaters ihrer Tochter genannt, und schützen Sie diesen Mann heute noch?«
    Hellali, der Beherrschte, der Kultivierte, der Ruhige, hatte mir zugehört. Höflich. Äußerlich gelassen.
    Jetzt beugte er sich zu mir und zischte mehr, als dass er sprach: »Wissen Sie was, Frau Tobler: Sie sind eine schöne Frau. Zu schön für das Spatzenhirn, das Sie unter Ihrem gut geschnittenen Pony beherbergen. Lassen Sie mich in Ruhe und stehlen Sie mir nicht meine Zeit. Und wagen Sie es nicht, mir noch einmal die Polizei auf den Hals zu hetzen. Das tut meinem Ruf nicht gerade gut. Und den habe ich mir in diesem Land sehr hart erarbeitet.«
    Ich widerstand der Versuchung, zurückzuweichen. Das kam nicht in Frage. Ich wartete und sah ihm mindestens genauso wütend in die bösen Augen. Ich dachte an meine Großmutter. »Wenn du angegriffen wirst, richte dich auf und zische wie eine Schlange. Die meisten Hasen rennen weg.«
    »Ihr Ruf ist nicht mehr wert als ein Menschenleben! Seltsame Berufsauffassung, oder?«
    Hellali war ein Hase und gab auf. »Es widerspricht der Schweigepflicht, aber ich habe die Hoffnung, dass Sie aus Rücksicht auf Ihren bedauernswerten Gatten ebenfalls schweigen. Frau Marianne Grüber war tatsächlich eine Patientin von mir. Das heißt, sie war von ihrer Frauenärztin gewechselt, als sie versucht hatte, schwanger zu werden und es nach einer Weile nicht geklappt hatte. Wir haben über alles Mögliche gesprochen …«
    Er brach ab. Stand auf. Sah nach draußen. Ins Grüne.
    »Auch über den Vater ihres ersten Kindes?«
    Jetzt war ich nahe dran. Ich spürte es.
    Er drehte sich um. Es war etwas wie Überdruss in seinen Augen. Als wollte er es endlich loswerden.
    »Marianne Grüber hat niemals ein Kind geboren. Und jetzt gehen Sie bitte!«
    * * *
    Dieser Schock saß tief.
    Ich saß wie betäubt auf einer Bank vor dem Krankenhaus in Baden-Baden, sah die Krankenwagen Patienten abholen und einliefern und sah es doch nicht wirklich.
    Neben mir hustete ein alter Mann im Schlafanzug. Er zog gierig an einer Zigarette, die ihm drinnen natürlich verwehrt war.
    Am liebsten hätte ich ihn gefragt, ob er einen Schnaps dabeihatte. Mir kam es vor, als sähe ich die ganze Welt durch einen Zerrspiegel, der sich plötzlich um einige Grade verschoben hatte.
    Alles, was ich gedacht und geglaubt hatte, stimmte nicht mehr. Marianne Grüber hatte gar kein Kind geboren. Das heißt, Friederike war adoptiert gewesen. Sie hatte nicht nur einen anderen Vater, sie hatte ganz andere Eltern gehabt.
    Damit fielen alle Mordmotive weg. Aber die gestohlenen Unterlagen in dem ominösen Kästchen? Wie wahrscheinlich war es, dass ihre eigentlichen Eltern sich unter den Gästen an jenem Vormittag in dem Haus der Schmieds befunden hatten? Was hatte die kleine Friseurin damit zu tun?
    »Ganz ruhig, Swentja«, ermahnte ich mich selbst. Der Schlafanzugträger rückte ein Stück von mir ab. Vermutlich hielt er mich für verrückt.
    Lieselotte Stolze musste gewusst haben, wer die eigentlichen Eltern von Friederike waren. Hatte sie nicht

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