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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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gewesen. Die Farbe sollte einem schwedischen Kornfeld gleichen, wenn der Wind darüber streicht.
    »Entschuldigen Sie bitte.«
    Zwanzig Mal Kajalstift drehten sich zu mir um. »Ja?«
    »Ist Frau Stolze schon da? Ich wollte ihr nur etwas geben.«
    »Frau Stolze ist kurz nach draußen«, sagte eine Jüngere.
    Eine etwas ältere Coiffeurin mit eisengrauem Haar, das sich wie ein Helm um ihren Kopf schmiegte, sagte mit leisem Erstaunen: »Kinder, eigentlich ist sie schon ziemlich lange weg.«
    * * *
    Machen wir es kurz. Die kleine, wahrscheinlich harmlose Lieselotte Stolze lag in einem Gestrüpp nahe einem halb verfallenen Treppenaufgang, der, wäre er noch intakt gewesen, nur auf weiteres bröckeliges Mauerwerk geführt hätte.
    Sie lag da, und ihre allzu korrekte Frisur war unschön zerzaust. Aber die kleine Friseurmeisterin konnte sich nicht mehr ärgern, denn sie war tot.
     

5
    Friederikes Vater
    Hagen Hayden saß mir mit versteinertem Gesichtsausdruck gegenüber. Ich war hin- und hergerissen zwischen einem unschönen Triumphgefühl und echtem Kummer um die kleine Frau, an deren Tod ich mich schuldig fühlte.
    Meine streitlustige italienische Verwandtschaft hatte mir beigebracht, anzugreifen, bevor es der Gegner tut. »Wären Sie mitgekommen nach Frauenalb, wäre es nicht passiert!«
    »Und würden Sie sich raushalten aus Sachen, die Sie nichts angehen, wäre es auch nicht passiert.«
    Steilvorlage.
    »Seltsame Rechtsauffassung. Die arme Frau wurde von einem Mann umgebracht, der bereits mindestens einmal gemordet hatte. Das heißt, er ist und war ein Mörder. Dazu habe nicht   ich   ihn gemacht, Herr Hayden.«
    Wir sahen uns feindselig an.
    Und trotz allem war sie wieder da. Diese fast unerträgliche erotische Spannung zwischen uns. Sie ließ mich dem Blick seiner grauen Augen ausweichen. Er sollte nicht sehen, was ich empfand. Ich wäre gerne mit ihm ins Bett gegangen. Hier. Jetzt. Wie konnte so etwas passieren? Wäre es nicht so komisch, würde ich sagen, ich verspürte eine Erregung wie sonst nur beim Einkaufen.
    Hätte ich nach Jahren der Trockenheit wieder ein erfülltes Sexleben, würden einige Boutiquen in Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung enorme Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben.
    Hagen beugte sich vor und nahm meine Hände mit unerwarteter Sanftheit in seine. Sie waren warm und groß.
    »Es ist nicht schön für Sie, zum zweiten Mal eine Tote zu finden. Ich fürchte, Sie müssen sich bald etwas Neues suchen. Einen neuen Job, meine ich natürlich. Zeit, umzudenken, Swentja!«
    Ich schluckte. Daran hatte ich noch nicht gedacht. Plötzlich fiel mir ein, dass mein Kind in London vergeblich darauf wartete, dass ich es anrief, und ohne dass ich es verhindern konnte, rollte eine Träne an meiner Nase entlang und tropfte auf Hagens Hand. Er wischte sie sanft weg.
    »Bitte schildern Sie mir Ihren Kontakt mit Frau Stolze so detailliert wie möglich.«
    Ich richtete mich auf. Unterdrückte eine zweite Träne.
    »Ich habe sie aufgesucht, da Friederikes Mutter bei ihr einen sogenannten Stuhl hatte. Ich wusste, dass Marianne Grüber sich auf Partyfrisuren spezialisiert hatte. Ich wollte wissen, in welchen Haushalten sie zum Zeitpunkt von Friederikes, nun, sagen wir, Empfängnis verkehrt hat. Frau Stolze wollte mir ein altes Terminbuch heraussuchen. Als ich sie nun darauf ansprach, behauptete sie, das Buch nicht gefunden zu haben. Ich vermute, das war gelogen. Der Name des Mörders steht in diesem Buch. Er wird es ihr abgenommen haben.«
    »Kaum!«, sagte Hagen lässig. Das Telefon läutete. Er sagte nur »Ja« und »Nein«, was ich hasse, weil man sich so hilflos vorkommt, wenn man gegenübersitzt.
    »Und?«
    »Das hatte nichts mit diesem Fall zu tun. Also, Frau Stolze hatte vermutlich die Wahrheit gesprochen. Wir fanden in ihren Akten einen Bericht der Feuerwehr, in dem ein kleinerer Brandschaden dokumentiert war, ausgelöst durch eine defekte Trockenhaube in ihrem Hinterzimmer. Unter anderem wurde dabei ein Stapel alter Bücher und Unterlagen so beschädigt, dass sie weggeworfen werden mussten. Das ist Jahre her, aber die Leute heben solche Schreiben aus irrationalen Gründen gerne auf. Falls mal eine Rückfrage vom Finanzamt kommt.«
    »Aber sie wollte mir etwas sagen. Das war eindeutig.«
    »Möglicherweise hat ihr tragischer Tod gar nichts mit diesem Fall zu tun. Das ist zumindest meine Vermutung. Klosterruinen ziehen unserer Erfahrung nach merkwürdige Gestalten an, und sie hielt sich ganz allein dort auf.

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