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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Gestalten hinzu. Gemeinsam beratschlagten sie, was zu tun war. Der Scharlatan wusste, dass sein Auftrag nicht die Lösung des Problems war und dass die Zeit immer knapper wurde. Aber was sollte er machen? Zahllose Speicher und Schuppen hatte er schon nach dem Thesaurus durchsuchen lassen, im ganzen Hafen, und immer war es vergebens gewesen. Außerdem musste er sich um andere Dinge kümmern, dringlich sogar, denn er hatte eine Profession, die an vielen Stunden des Tages seine Anwesenheit erforderte. Er war in einer schrecklichen Zwickmühle. Auch der beschlossene Tod des Doktor Christof Gottwald würde daran nichts ändern.
    Rapp hatte lange überlegt, ob er es tun sollte, doch dann hatte sein Entschluss festgestanden. Er musste das Anwesen von Bürgermeister Bernhard Matfeld aufsuchen und den Cyprinus warnen, das war er seinem Wissenschaftskollegen schuldig. Wie er Gottwald dazu überreden sollte, noch am selben Tag nach Danzig zurückzufahren, wusste er nicht. Aber eines war sicher: Solange Gottwald in Hamburg weilte, schwebte er in Lebensgefahr.
    Am Sonnabendmorgen, es war erst ein Viertel auf acht Uhr, eilte Rapp deshalb zu seinem Apothekenhaus, schloss auf und holte das Päckchen mit den Gastropoden heraus. Er wollte es dem Cyprinus zurückgeben und auf diese Weise ein Gespräch anknüpfen. Zu erkennen geben wollte er sich nicht, er hatte beschlossen, als Molinus Hauser aufzutreten. Am wichtigsten war, dass Gottwald ihn ernst nahm und schnellstens mit seiner Frau verschwand. Rapp wusste nicht, wie weit er gehen musste, um das zu erreichen; er hatte sich lediglich vorgenommen, so wenig wie möglich und so viel wie nötig über die Morde an Meinardus Schlich und den Halunken preiszugeben. Und noch etwas hatte er sich überlegt: Sollte der Imitator später nach dem Päckchen mit den Gastropoden fragen, wollte er antworten, dass der angebliche Doktor Gottwald noch einmal wiedergekommen sei und die Schnecken zurückverlangt habe. Während Rapp das alles überdachte, rückte das Haus des amtierenden Bürgermeisters allmählich in sein Blickfeld. Es war ein schönes Gebäude, dem man ansah, welch wichtige Persönlichkeit in seinen Mauern wohnte. Der hochherrschaftliche Eindruck bestätigte sich auch durch das Vorhandensein eines Nebeneingangs für Personal und Lieferanten. Auf eben diesen steuerte Rapp zu, betrat das Haus und landete wenig später in der großen Küche. An die zehn Gestalten saßen dort an einem langen, hell gescheuerten Tisch und nahmen ihr zweites Frühstück ein: Räucherheringe, mit Erbsen angereichertes Brot, Gänseschmalz und Grütze, wobei die Grütze aus einer großen Gemeinschaftsschüssel gelöffelt wurde. Rapp sah alte und junge Gesichter in bunter Reihe, manche voller Runen aus einem langen Arbeitsleben, andere, wahrscheinlich Kutscher und Gärtner, von rosiger Hautfarbe, dritte wiederum blass und käsig, weil sie vermutlich kaum an die frische Luft kamen. Nur wenige der Leute ließen sich beim Essen unterbrechen. Ein älterer Knecht blickte auf und brummte: »Wat wullt du?« »Moin«, gab Rapp zur Antwort, sprach dann aber auf Hochdeutsch weiter: »Ich bin Molinus, der Gehilfe im Apothekenhaus Rapp. Gestern war ein gewisser Doktor Christof Gottwald bei uns im Laden, er hat das hier vergessen.« Rapp hielt die Schachtel mit den Schnecken hoch.
    »Un wegen de poor Muscheln klabasterst du extra her?« Eine ungemein dicke, mütterlich aussehende Frau war hinter Rapp aufgetaucht und schüttelte den Kopf. »Tz, tz, de jungen Lüüt! Ik bün Anni, de Kööksch von'n Herrn Börgermeester, wullt du wat eeten, wo du nu schon mol hier büst?« Rapp wollte nichts essen. »Nein, ich bin nur gekommen, um zu fragen ...«
    »Mit leeren Mögen sullst nich frogen, so heet dat doch, nich? Nu sett di dorhen.«
    Rapp blieb nichts anderes übrig, als sich neben den Knecht zu setzen und einen Löffel von Anni in Empfang zu nehmen. »Wullt du noch'n Töller dorto un Metz un Gobel för'n Fisch?« »Nein, danke.« Anni watschelte hinaus.
    Rapp probierte ein paar Löffel von der Grütze und stellte fest, dass sie sehr gut schmeckte und mit Honig gesüßt war. »Doktor Gottwald ist doch hier zu Besuch?«, vergewisserte er sich. »Dat is woll so«, kam es von irgendwo her. Das Matfeldsche Gesinde schien maulfaul zu sein. Rapp nahm einen weiteren Löffel und überlegte, ob er jemandem am Tisch das Päckchen mit den Schnecken anvertrauen sollte.
    Da kam Anni zurück. Sie hatte ein großes Tablett in der Hand und steuerte

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