Tod im Apotherkerhaus
Teodorus Rapp.« Der Imitator erhob sich zögernd. Rapp kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu erkennen, wie wenig angenehm ihm die Situation war.
Gottwald sprang auf den vermeintlichen Apotheker zu und schüttelte ihm lange und kräftig die Hand. »Das hättet Ihr nicht gedacht, was, dass der alte Cyprinus noch einmal leibhaftig vor Euch stehen würde? Ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue!«
Der Imitator versuchte, seine Hand fortzuziehen, aber der kleine Mann hielt sie eisern fest. »Wie lange korrespondieren wir schon? Zehn, elf Jahre? Ja, die Zeit vergeht! Tempipassati, was, Herr Kollege? Vor einer Woche wusste ich noch gar nicht, dass ich Hamburg einen Besuch abstatten würde, und nun bin ich hier! Bürgermeister Matfelds Gemahlin ist eine entfernte Verwandte meiner Frau, müsst Ihr wissen, und beide Damen wollten sich endlich einmal wiedersehen, da bin ich einfach mitgekommen, sozusagen als Appendix, haha! Ich habe auch etwas für Euch, stellt Euch vor. Nur eine Kleinigkeit, aber was es ist, das wird noch nicht verraten, sonst freut Ihr Euch am Ende nicht darüber. Wir Gelehrten sind ja alle abergläubisch, nicht wahr?« Endlich gab Gottwald die Hand des Imitators frei, der rasch einen Schritt zurücktrat und auf Rapp wies. »Das ist Molinus Hauser, mein Gehilfe.«
Die Prozedur des Händeschüttelns wiederholte sich, wenn auch nicht ganz so lange, wofür Rapp dankbar war. Danach zog Gottwald ein geheimnisvolles Gesicht und griff in die Tasche seines Rocks. Er holte eine kleine Schachtel hervor und forderte den Imitator auf, sie zu öffnen. »Nun, wenn Ihr meint.« Zögernd löste der Scharlatan den Faden vom Papier. Hervor kam eine Reihe bunter Schnecken. Rapp erkannte eine Kopfschildschnecke, eine Stachelschnecke und eine Spitzkreiselschnecke, auch eine der hochgiftigen Kegelschnecken aus dem Indopazifischen Ozean war dabei. Ein seltenes, wertvolles Exemplar, was Rapp beinahe dazu veranlasst hätte, einen Freudenruf auszustoßen. Ganz anders erging es dem Imitator, der sichtlich Mühe hatte, einen Dank hervorzuquetschen.
»Aber nicht doch, nicht doch.« Die Barteln des Cyprinus wippten. »Nehmt die Exponate als Zeichen der Wiedergutmachung dafür, dass Ihr mich auf den Pfad der Gastropoden gelenkt habt! Im Juli war es, glaube ich, dass Ihr mir einige Exemplare zum Aufbau eines Naturalienkabinetts sandtet, hier nun ist das Gegengeschenk. Manus manum lavat, wie es so schön heißt! Ich muss sagen, die Schneckensammelei ist bei mir zur wahren Gastropodomanie geworden! Welche Farben, welche Formen! Ganz anders als das ewige Gelb des Bernsteins.«
»Sehr schön, sehr hübsch«, murmelte der Imitator, der etwas hilflos wirkte.
»Ich freue mich, wenn Ihr Euch freut. Wie findet Ihr diesen Bolinus cornutus, ist das nicht ein herrlicher Schneck, ein wahres Prachtexemplar?« Gottwald wies flüchtig auf die Stachelschnecke.
Der Imitator fühlte sich bemüßigt, das Stück in die Hand zu nehmen, doch nahm er versehentlich die Spitzkreiselschnecke auf und tat so, als bewundere er sie. »Ihr sagt es, mein lieber Doktor, wirklich sehr schön.«
Gottwald war leicht verwirrt. »Äh, ich meinte eigentlich den Bolinus cornutus.«
»Den Boli... ach ja, natürlich.« Der Imitator wurde nervös, seine Ohren färbten sich rot. Er legte das Stück zurück und fuhr suchend mit dem Finger über die einzelnen Exemplare. Er hatte keine Ahnung, welches von ihnen der Bolinus cornutus war, denn er konnte kein Latein, und selbst wenn er es gekonnt hätte, wäre er an dieser Stelle damit am Ende gewesen, einfach, weil er auch die Fachausdrücke nicht beherrschte. Hätte Gottwald »Stachelschnecke« gesagt, wäre es leicht gewesen, weiter den Kenner zu spielen, so aber blieb ihm nichts anderes übrig, als das Geschenk wieder einzupacken und nochmals einen Dank zu murmeln.
Der Cyprinus war etwas ruhiger geworden. Wahrscheinlich fragte er sich, wie ein Kollekteur, der in der Gelehrtenrepublik als Koryphäe galt, den wissenschaftlichen Namen einer Schnecke vergessen konnte. »Nun, äh, ja. Herr Apotheker, wäre es sehr vermessen, wenn ich Euch bäte, einen Blick auf Euren Thesaurus werfen zu dürfen? Ihr habt mir so viel darüber geschrieben, dass ich es kaum erwarten kann, ihn in Augenschein zu nehmen.«
Der Imitator gab sich bedauernd. »Sehr gern, sehr gern, aber ich muss Euch leider sagen, dass ich beraubt worden bin. Ein großer Teil meiner Sammlung ist verschwunden.« »Waaas?«
Der Imitator wiederholte seinen
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