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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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damit einen Nebenraum an. »Beer, Speck un Speegeleier heff ik«, rief sie hinein, »un wittes Broot un Botter, is dat topass för de italieenschen Herrn?«
    Rapp fasste einen Entschluss. Er wollte zunächst Anni fragen, ob sie wusste, wo der Doktor steckte. Sie schien gesprächiger zu sein als das andere Personal. Er legte den Löffel zur Seite und ging hinter der Kööksch her. Im Nebenraum lud sie gerade ihre Köstlichkeiten vom Tablett herunter, begleitet von den hungrigen Blicken dreier südländisch aussehender Burschen. Einer von ihnen sog genüsslich an seiner Tonpfeife. Rapp brauchte einen Augenblick, um die Agosta-Brüder zu erkennen, jene lebhaften, an Quappen aus der Familie der Bufonidae erinnernden Musiker. Doch der Pfeifenkopf, der in Form einer Wirbeltrommel gestaltet war, ließ keinen Zweifel zu. »Grazie, signora, grazie, Ihr seid eine gute Cuoca!«, rief Giovanni und legte sein Rauchinstrument beiseite. »Euer Essen ist fantastico, bellissimo! Ich zugenommen habe schon Pfunde!« »Sl, sl!«, nickten Luigi und Pietro und begannen, sich an den Speisen zu laben.
    Rapps Gedanken überstürzten sich. Was sollte er zuerst tun? Die Brüder ansprechen oder die Köchin? Er entschied sich für Letztere. »Anni, wie gesagt, ich habe hier ein Paket für Doktor Gottwald. Ich würde es ihm gern persönlich übergeben.«
    »Büst du all satt?«
    »Ja, Anni, danke. Doktor Gottwald ist hier doch gerade zu Besuch. Ich möchte ihn sprechen.« »Dat geiht nich.«
    »Nanu, warum denn nicht? Sieht er sich zu dieser frühen Stunde schon die Stadt an?«
    »Nee.« Die Kööksch wurde immer einsilbiger. »Dann ist er also doch hier?« »Nee, is er nich.«
    »Anni, bitte antworte mir: Wo ist Doktor Gottwald?« »Ik sull nix seggen, hett de Börgermeester seggt. Süll nich den Hund inner Pann mall moken.« Die Köchin fühlte sich erkennbar unwohl. Sie wandte sich zur Seite, so dass nur Rapp sie verstehen konnte, und flüsterte. »He keem nich wedder torück güstern, sien Fruu is schon ganz dörchenanner.« Rapp ahnte Schreckliches, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. »Vielleicht ist ja alles ganz harmlos, Anni«, flüsterte er zurück und stieß ihr vertraulich in die Seite. »Die Hübschlerinnen in Hamburg sind nicht die Hässlichsten.« »Och wat, Tüünkram!« Anni war keineswegs beruhigt. »Du weetst von nix, un ik heff nix seggt, verstohst?« »Sicher, sicher«, nickte Rapp, »es geht mich ja auch überhaupt nichts an.«
    »Ik heff nix seggt, un nu mutt ik wedder ...« Rapp nickte nochmals, steckte die Schachtel ein und sah Anni in die Küche entschwinden. Das gab ihm Gelegenheit, sich den italienischen Musikern zu widmen, die in der Zwischenzeit kräftig zugelangt hatten, allerdings nicht ohne ihn dabei mit neugierigen Blicken zu bedenken.
    »Ihr seid die Agosta-Brüder, nicht wahr?«, fragte er, um das Gespräch zu beginnen.
    »Si, si, Signore«, erwiderte Giovanni für seine Brüder, die mit vollem Mund weiterkauten.
    »Ihr braucht mich nicht mit >Herr< anzureden«, entgegnete Rapp. »Ich bin nur Molinus Hauser, der Gehilfe im Apothekenhaus Rapp.« Er sagte es in der Hoffnung, die Brüder würden weniger steif auf seine Fragen antworten. Außerdem wollte er wissen, ob Giovanni sich an den Namen Rapp oder die Beruhigungstropfen erinnerte.
    »D'accordo, amico. Wenn du willst. Ich bin Giovanni und das sind Luigi und Pietro.«
    Rapp fragte sich, ob sein Name dem Italiener tatsächlich entfallen war. Bei den vielen Bewunderern, derer sich die Musiker erfreuten, war es nicht ganz auszuschließen, andererseits stellte die Quappe sich vielleicht nur dumm. Auf jeden Fall stand eines fest: Der Scharlatan hatte die Pfeife nicht fortgeworfen. Das einmalige Stück war wieder in Giovannis Besitz gelangt. Doch wie?
    Rapp stöberte rasch in seinem Gedächtnis und rief sich seine früheren Schlussfolgerungen in Erinnerung. Wenn der Imitator das Rauchinstrument an Agosta zurückgegeben hatte, sagte er sich, musste er gewusst haben, dass es ihm gehörte, was wiederum voraussetzte, dass er ihn zumindest vom Sehen kannte. Aber wie war die Rückgabe erfolgt?
    Hatte der Scharlatan sein Inkognito gewahrt und sie als Rapp auftretend vorgenommen? Oder hatte er es unter seinem richtigen Namen getan, in seiner eigenen Kleidung? Nein, nein, die zweite Möglichkeit kam nicht in Betracht. Der Imitator hätte sich in diesem Fall fragen lassen müssen, wie er an das Rauchinstrument gekommen war, denn Giovanni hätte sich, wenn

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